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Kolumne: "Die EU muss hart bleiben – nur dann hat sie gegen China Chancen"


EU-China-Gipfel
Die EU muss hart bleiben – nur dann hat sie gegen China Chancen


Aktualisiert am 15.09.2020Lesedauer: 3 Min.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei Videokonferenz zum EU-China-Treffen: China ist ein wichtiger Partner Deutschlands. Ein Ausfall dieser Beziehungen wäre fatal.Vergrößern des Bildes
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei Videokonferenz zum EU-China-Treffen: China ist ein wichtiger Partner Deutschlands. Ein Ausfall dieser Beziehungen wäre fatal. (Quelle: Sandra Steins/BPA/dpa)

Chinas Wirtschaft läuft Europa den Rang ab. Gegen die übermächtige Konkurrenz aus Fernost haben wir nur Chancen, wenn wir konsequent verhandeln und hart bleiben.

Wie viel China braucht das Land? Die Antwort für Deutschland fällt kurz und knapp aus: ziemlich viel. China ist einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands, einer der größten Kunden der Autoindustrie, eine der wichtigsten deutschen Fertigungsstätten im Ausland.

Seit dem politischen EU-China-Gipfel von Montag aber wissen wir, dass es künftig zur Not auch mit weniger China gehen muss. Fortschritte in den wichtigen Gesprächen zum Investitionsschutzabkommen sind kaum messbar, die politischen Differenzen wachsen. Die netten Jahre sind erst einmal vorbei.

Deshalb ist China für Deutschland wichtig

In den vergangenen Jahren war die Rolle Chinas für die deutsche Konjunktur immer wichtiger geworden. Vor allem aus drei Gründen sind für Deutschland gute Wirtschaftsbeziehungen wichtig:

  1. Der Austausch mit der chinesischen Wirtschaft trägt mit mehr als vier Prozent zur deutschen Wirtschaftsleistung bei. Wenn man sich klarmacht, was ein Rückgang von fünf bis sechs Prozent bedeutet, wie er für das Jahr 2020 vorhergesagt wird, kann man sich vorstellen, was ein Ausfall des Handelspartners China bedeuten würde.
  2. China produziert und liefert wichtige Komponenten für die Digitalisierung und Dekarbonisierung der Wirtschaft. Bei Batterien für E-Autos ist das Land inzwischen ebenso Technologieführer wie bei Teilen der 5G-Kommunikationstechnik.
  3. Seit der Finanzkrise wurde die Nachfrage aus China zu einem der wichtigsten Stabilisatoren für die deutsche Konjunktur und für ihre Schlüsselbranchen. Rund ein Drittel der Autos von Volkswagen, BMW und Daimler wurden in China verkauft, für die Volkswirtschaft spielt China inzwischen eine ähnlich wichtige Rolle wie die USA.

China ist längst kein Schwellenland mehr, das teure Produkte im Ausland einkauft, und selbst nur billig hergestellte Einfachware exportiert. China ist ein Wettbewerber, ein Systemkonkurrent, wie es der Bundesverband der Deutschen Industrie formuliert. Allerdings einer, der sich nur dann an die internationalen Spielregeln hält, wenn es gerade passt.

Für Europa gibt es eine Chance

Das Investitionsschutzabkommen, das eigentlich während der deutschen Ratspräsidentschaft ausverhandelt und unterzeichnet werden sollte, wird möglicherweise doch nicht mehr in diesem Jahr fertig. Damit aber wären ausländische Unternehmen in China weiterhin im Nachteil: Sie hätten keine Rechtssicherheit über ihr Investment, müssen einem verlangten Technologietransfer zustimmen, und sehen sich außerdem noch Wettbewerbern gegenüber, die mit enormen staatlichen Finanzmitteln ausgestattet sind.

Das chinesische Vorgehen in Hongkong, seine Kraftmeierei im chinesischen Meer, und der Umgang mit Minderheiten im eigenen Land haben im Westen zudem die letzten Hoffnungen zerstört, dass China sich politisch bewegen könnte.

Die USA haben ihr Verhältnis zu China längst neu bestimmt. Decoupling heißt das Schlagwort: die Leinen kappen. US-Präsident Donald Trump setzt auf Konfrontation. Zur Not wird China aus dem amerikanischen Markt ausgesperrt, dann könnten auch die Partner der USA – Europa um Beispiel – gezwungen werden, ihren Handel mit China zurückzufahren. In dieser Drohung – und der möglichen Wiederwahl Trumps im November – liegt die Chance für Europa.

China muss sich bewegen

Wenn es dem alten Kontinent jetzt gelingt, sich klug zwischen den beiden Kontrahenten zu positionieren, kann er sowohl für die USA als auch für China den Weg zu einer vernünftigen Politik nach der Ära Trump bahnen. Dass die Chinesen unter Druck stehen, ist ebenfalls offensichtlich. Sie müssen sich bewegen.

  1. China kann es sich nicht leisten, von den wichtigsten Wirtschaftsräumen der Welt abgeschnitten zu werden. Auch die chinesische Wirtschaft muss wachsen, um das Wohlstandsversprechen gegenüber ihren Bürgern einlösen zu können und das politische System stabil zu halten. Dazu braucht sie den Außenhandel, der einer der wesentlichen Treiber des Wachstums ist. Fallen die USA als Wachstumsmarkt dauerhaft aus, wird Europa langfristig der wichtigste Partner Chinas.
  2. Je stärker chinesische Firmen Unternehmen oder Beteiligungen im Ausland erwerben wollen, desto größer wird die Bedeutung offener Märkte auch für die asiatischen Konzerne. Europa hat in den vergangenen Monaten sehr deutlich gemacht, dass es eine liberale Haltung zu chinesischen Investitionen nur dann geben kann, wenn umgekehrt europäischen Unternehmen in China mehr Rechtssicherheit gewährt wird. Es spricht viel dafür, dass China einlenken könnte – wenn Europa konsequent verhandelt.
  3. Eine Rückkehr zum chinesischen Isolationismus ist kaum vorstellbar. Zu sehr hat sich China in den vergangenen Jahren in die Weltwirtschaft integriert, zu deutlich sind seine außenpolitischen Interessen, zu reiselustig sind seine Bürger. Für eine solche Strategie kann man langfristig nicht nur Gegner vertragen – man braucht Partner.

Die europäische Verhandlungsposition ist besser, als sie nach außen erscheint. Europa muss sich dazu allerdings auf ein gemeinsames politisches Vorgehen einigen. Das scheint im Augenblick das größte Risiko zu sein.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Gemeinsam mit t-online.de und der Leibniz-Gemeinschaft produziert sie den Podcast .

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