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Geldanlage: Darum schützt Sie Gold nicht automatisch vor der Inflation


Sichere Anlage?
So entzaubert die Inflation den Mythos Gold

MeinungVon Gerd Kommer

07.11.2021Lesedauer: 4 Min.
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Goldbarren (Symbolbild): Gold gilt als sicheres Investment, doch es bietet dennoch keinen perfekten Schutz bei steigender Inflation, schreibt Kolumnist Gerd Kommer.Vergrößern des Bildes
Goldbarren (Symbolbild): Gold gilt als sicheres Investment, doch es bietet dennoch keinen perfekten Schutz bei steigender Inflation, schreibt Kolumnist Gerd Kommer. (Quelle: imago-images-bilder)

Wer sein Geld vor der Inflation in Sicherheit bringen will, denkt schnell an Gold. Doch ist das Edelmetall wirklich der sichere Hafen?

Die Inflationsrate in Deutschland ist in in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Viele Menschen fragen sich daher, wie Sie ihr Vermögen am besten vor der Geldentwertung schützen – vor allem, wenn man der Meinung ist, dass die aktuelle Inflationsrate von gut vier Prozent langfristig so hoch bleibt oder sogar noch weiter hoch geht.

Vor zwei Wochen habe ich versucht an dieser Stelle darzulegen, wie Aktien und Bankguthaben vor Inflation schützen. Eine zentrale Feststellung dabei: Den Inflationsschutz gibt es leider nicht. Wie sehr einzelne Formen der Geldanlage vor der Entwertung schützen, lässt sich nur dann erklären, wenn man – vielleicht etwas pedantisch – klar macht, was man erstens mit "Inflationsschutz" überhaupt meint und zweitens, welche Annahmen man über die künftige Inflation trifft.

Oft genug unterbleiben solche Klarstellungen jedoch. Darum enden viele Diskussionen über den Inflationsschutz von Investment A, B oder C damit, dass wir aneinander vorbeireden oder wir uns gegenseitig vorwerfen, keine Ahnung zu haben.

Ein breit gestreutes Aktienportfolio bietet guten Schutz

Was ich mit "klar machen" meine, ist folgende Frage: Geht es mir um kurzfristigen Schutz vor Inflation, also etwa in den nächsten ein, zwei Jahren – oder geht es mir um sehr langfristigen Inflationsschutz jenseits von zehn Jahren.

Für den ersten Fall können wir Aktien vergessen. Dafür sind sie viel zu schwankungsintensiv, zu volatil. Für den zweiten Fall bieten Aktien – genauer gesagt ein weltweit gestreutes Aktienportfolio in ETF-Form – den vermutlich besten Inflationsschutz aller Vermögensanlagen. Und zwar ganz einfach deswegen, weil Aktien unter allen seriösen Vermögensanlagen die langfristig höchste Rendite produzieren.

Der "ETF-Papst"
Dr. Gerd Kommer ist seit mehr als 20 Jahren Bestsellerautor für Investmentratgeberbücher. Zugleich ist er Geschäftsführer der GmbHGerd Kommer Capital, einer digitalen Vermögensverwaltung, bei der Kunden bereits mit kleinen Beträgen starten können, sowie der Gerd Kommer Invest GmbH, einem Honorarberatungsunternehmen. In seiner t-online-Kolumne schreibt er gemeinsam mit seinen Kollegen Felix Großmann und Daniel Kanzler alle zwei Wochen über sein Spezialgebiet: den langfristigen Vermögensaufbau mit ETFs.

Höhe der Inflation ist entscheidend

Die zweite wichtige Frage lautet: Reden wir lediglich von einer "hohen normalen Inflation", oder von einer "galoppierenden" Teuerung. Ersteres bezeichnet eine dauerhafte Inflationsrate zwischen 3 und 15 Prozent, Letzteres eine Teuerung, die sich jahrelang oberhalb von 15 Prozent bis 20 Prozent bewegt. Wenn galoppierende Inflation vorherrscht, gelten völlig andere Regeln und Erkenntnisse dafür, was gut gegen Inflation schützt, als in einer Welt, in der die Inflationsrate längerfristig "nur", sagen wir, acht Prozent beträgt.

Auf die Inflationsschutzregeln in einer fatalen Hochinflationswelt werde ich in dieser Kolumne in den nächsten Wochen gesondert eingehen.

Lassen Sie uns jedoch zunächst auf das Szenario einer hohen Inflation schauen – und damit auf einen Mythos, der eine lange Tradition hat: Stimmt es, dass Gold in Zeiten von steigender oder hoher Inflation ein gutes Investment ist?

Auch hier lohnt es sich, eine differenzierte Sichtweise beizubehalten – die uns zu drei Feststellungen bringt.

Gold ist ungeeignet für kurze Zeiträume

Erstens: Kurzfristig, für Zeiträume von unter fünf Jahren, bietet Gold keinen guten Inflationsschutz. Dafür springt der Goldpreis – genauso wie ein Jo-Jo und wie die Renditen von Aktien – von Jahr zu Jahr viel zu heftig rauf und runter. Runter heißt negative Renditen, sprich schmerzhafte (Buch-) Verluste oder sogar echte Verluste für den Fall, dass Sie Ihr Gold entnervt verkaufen.

Zweitens: Sehr langfristig – für Zeiträume ab zehn Jahren – bietet Gold passablen, wenngleich keinen perfekten Inflationsschutz. Warum das so ist, zeigt in Blick in die Vergangenheit: Wer Anfang 1980 Gold kaufte – damals war es relativ teuer –, musste 32 lange Jahre warten, bis er die gesamte Inflation in diesem Zeitraum wieder vollständig hereinverdient hatte. Der Grund: Von Februar 1980 bis 2004, also binnen 24 Jahren, war die Goldrendite ein ziemliches Desaster, eine Art Zeitlupen-Crash. Erst nach 2004 ging es wieder aufwärts und selbst dann dauert es noch acht Jahre mit guter Goldrendite, bis das Edelmetall seinen vorher aufgelaufenen inflationsbereinigten Verlust wieder ganz und gar ausgeglichen hatte.

Natürlich habe ich für diese Kalkulation gezielt den für Gold ungünstigsten Zeitraum in den vergangenen 50 Jahren herausgepickt. Aber weil er so unglaublich lang war, kann man ihn meines Erachtens nicht einfach ignorieren.

Die Erkenntnis bleibt: Gold schützt auch über Zeiträume von zehn oder 15 Jahren nicht immer vor Inflation. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass die langfristige Durchschnittsrendite des Edelmetalls einfach zu niedrig ist. Inflationsbereinigt betrug sie von 1975 bis Ende 2020, also über einen Zeitraum von 46 Jahren, karge 1,9 Prozent pro Jahr. Dem gegenüber steht eine jährliche Real-Rendite von 7,6 Prozent für Aktien, die im weltweit gestreuten Index MSCI World gelistet sind.

In Zeiten hoher Inflation gab es früher Goldverbote

Drittens: Positiv an Gold ist, dass es zumindest in Zeiten hoher und sehr hoher Inflation vermutlich gut vor Inflation schützt. So war es jedenfalls in der weltweiten Hochinflationszeit von 1970 bis 1982.

Bei all dem nicht vergessen sollten Sie jedoch, dass es historisch in Zeiten starker Währungsturbulenzen häufig zu so genannten Goldverboten kam. In Deutschland etwa war der private Besitz von Gold von 1923 bis 1955 verboten. Im Dritten Reich konnte und wurde privater Goldbesitz, sofern vom Staat entdeckt, mit dem Tod bestraft werden. Auch in den meisten der anderen westlichen Länder, einschließlich der USA, Kanada und Australien, existierten in dieser Zeit Goldverbote; in den sozialistischen Ländern sowieso. In China wurde privater Goldbesitz erst 2003 wieder legalisiert.

So bleibt folgende Erkenntnis: Der heilige Gral des Inflationsschutzes existiert nicht. Das gilt auch in Bezug auf Gold. Ob und wenn ja, inwiefern Immobilien, einschließlich Eigenheime, hier eine Ausnahme sind, damit beschäftigen wir uns im Rahmen dieser Kolumne in zwei Wochen.

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