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Milliarden-Finanzierungsloch: Die Ruhe vor dem Sturm bei der Rente


Milliarden-Finanzierungsloch
Die Ruhe vor dem großen Rentensturm

dpa, Basil Wegener

Aktualisiert am 01.05.2018Lesedauer: 3 Min.
Tosender Sturm: Noch ist es um die Rente ruhig – doch es drohen harte Belastungsproben.Vergrößern des BildesTosender Sturm: Noch ist es um die Rente ruhig – doch es drohen harte Belastungsproben. (Quelle: Owen Humphreys/dpa)
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Rentner können sich auf eine spürbare Erhöhung ihrer Bezüge zum 1. Juli freuen. Doch die Alterssicherung in Deutschland gerät zunehmend unter Druck.

Auf Rentner kommt Anfang Juli eine deutliche Erhöhung ihrer Leistungen um drei Prozent zu. Das ist die gute Nachricht, die schlechte hingegen: Die deutsche Alterssicherung steht schon in wenigen Jahren vor einer harten Belastungsprobe. Die Babyboomer kommen.

Immer mehr Rentenempfänger, weniger Beitragszahler

Noch sind die geburtenstarken Jahrgänge überwiegend im Arbeitsleben. Doch schon bis Ende dieser Wahlperiode 2021 beginnen sie, in Rente zu gehen. "Das Verhältnis von Rentenempfängern zu Beitragszahlern steigt bis 2025 um 15 Prozent und bis 2035 um 35 Prozent", sagt der Münchener Rentenforscher Axel Börsch-Supan. Es droht ein milliardenschweres Finanzierungsloch.

Die Zauberformel der großen Koalition gegen den Druck auf die Rente lautet "doppelte Haltelinie". Nach einer Idee der heutigen SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles wollen Union und SPD das Rentenniveau, also das Verhältnis von Rente zu Durchschnittseinkommen, bis 2025 auf heutigem Niveau von 48 Prozent halten. Der Beitragssatz soll von derzeit 18,6 Prozent nicht über 20 Prozent steigen. Langfristig soll die Haltelinie Beiträge und Niveau absichern.

Versprechen an die Wahlentscheider

Börsch-Supan sieht durch das Versprechen eines stabilen Rentenniveaus vor allem die Interessen der wahlentscheidenden Mittelschicht "vorübergehend bedient". Altersarmut werde so nicht bekämpft – sie entstehe durch Erwerbsminderung, prekäre Jobs, lange Arbeitslosigkeit. Zur Abmilderung des Risikos für diese Betroffenen plant die Koalition eine Grundrente, die langes Arbeiten zu geringem Lohn, Pflege von Angehörigen und Kindererziehung honoriert – und eine bessere Absicherung bei Berufsunfähigkeit.

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Offen ist: Wieviele Milliarden kostet die Umsetzung der Koalitionspläne zur Rente? Sind die Kompromisse erfolgversprechend? Wird sogar noch einmal an der Schraube längeren Arbeitens gedreht?

Etliche Steuermilliarden gefordert

"Derzeit ist die Rentenversicherung gut aufgestellt", stellt die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung, Gundula Roßbach, fest. "Für diese Legislaturperiode gehen wir nach den bisherigen Prognosen davon aus, dass wir die 48 Prozent Rentenniveau und die 20 Prozent Beitragssatz halten werden."

Wenn es längerfristig bei Haltelinien bleiben soll, müssten aber etliche Steuermilliarden fließen – der Beitragssatz dürfte dann ja nicht mehr steigen. Börsch-Supan warnt vor Steuerbedarf von 80 Milliarden Euro mehr pro Jahr ab 2035. Der würde dann weiter steigen. Schon nach geltendem Recht soll der Rentenzuschuss des Bundes bis 2022 laut Finanzministerium auf 109 Milliarden wachsen.

Roßbach hält von Spekulationen über Milliardenkosten wenig. "Welche Mittel in der Zukunft für die Haltelinie beim Rentenniveau und beim Beitragssatz nötig sind, ist noch unklar", sagt sie. Nach geltendem Recht wären es 2025 erstmals 3 Milliarden Euro. Die Kosten für die weiteren geplanten Reformen seien unterm Strich noch unklar.

Die Finanzierung ist noch offen

Sicher ist: Die geplante erweiterte Mütterrente dürfte rund 3,7 Milliarden Euro kosten. Die Finanzierung ist offen – Roßbach pocht auf Steuermittel für diese "gesamtgesellschaftliche Aufgabe". Für die geplanten Verbesserungen der Rente bei Erwerbsminderung taxiert sie die Kosten auf rund 1,5 Milliarden. Dazu kommt die ab 2019 geplante paritätische Finanzierung der Zusatzbeiträge bei der Krankenversicherung auch bei Rentnern – Kostenpunkt für die Rentenkasse: rund 1,4 Milliarden Euro.

Eine Rentenkommission auch mit den Sozialpartnern soll bis 2020 Empfehlungen geben. Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann sagt mit Blick auf die absehbaren Kosten: "Die Rentenkommission darf sich nicht nur mit Rentenniveau und Beitragssatz der gesetzlichen Rente beschäftigen, sondern muss ein schlüssiges Gesamtkonzept der deutschen Alterssicherung über 2025 hinaus vorlegen." Der CSU-Sozialexperte Stephan Stracke will "einen politischen und gesellschaftlichen Rentenkonsens" durch die Kommission. "Wir wollen Klarheit schaffen, in welche Richtung es ab 2025 geht."

Für Rentenpräsidentin Roßbach ist zentral, auch private Vorsorge und Betriebsrente in den Blick zu nehmen: "Ich gehe davon aus, dass in der Rentenkommission die Gesamtlage betrachtet wird."

Mit dem Renten-Eintrittsalter gibt es noch eine weitere, unpopuläre Stellschraube. Bis zur Rente mit 67 wird die Grenze – heute 65 Jahre, 7 Monate – angehoben. Der damalige CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble löste schon Protest aus mit dem Ruf nach noch längerem Arbeiten. Roßbach sagt: "Im Hinblick auf eine mögliche weitere Anhebung der Altersgrenzen sollten wir uns ersteinmal die weitere Entwicklung anschauen: Was passiert auf dem Arbeitsmarkt und wie geht es beispielsweise mit der Zuwanderung weiter?"

Verwendete Quellen
  • dpa
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