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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kanzlerwahl im Liveticker "Merz hat stehenden Applaus in der Fraktion bekommen"
Ein halbes Jahr nach dem Ampel-Aus wollte die schwarz-rote Koalition am Dienstag die Arbeit aufnehmen. Doch Friedrich Merz scheitert im ersten Durchgang der Kanzlerwahl. Verfolgen Sie alle Entwicklungen im Livestream und -ticker.
Es sollte der wichtigste Tag von Friedrich Merz' bisheriger politischer Karriere werden: Der CDU-Chef wollte sich vom Bundestag zum zehnten Bundeskanzler wählen lassen. Im ersten Wahlgang ist er am Dienstag jedoch gescheitert.
Erst wenn er in einem weiteren Wahlgang gewählt wird, kann seine schwarz-rote Bundesregierung die Arbeit aufnehmen. Am Dienstag wird aber ersten Berichten zufolge kein zweiter Wahlgang mehr stattfinden. Der Regierungswechsel soll eine sechs Monate lange Phase des weitgehenden politischen Stillstands nach dem Bruch der Ampelkoalition unter Olaf Scholz (SPD) beenden. Nun gibt es Verzögerungen. Die Kanzlerwahl und alle Entwicklungen können Sie hier im Livestream und -ticker verfolgen.
- Erster Wahlgang gescheitert: Merz verfehlt Mehrheit – was passiert jetzt?
- Merz scheitert im ersten Wahlgang: Das gab es noch nie
- Reaktionen auf Merz' Scheitern: "Da wollen einige wohl die Republik brennen sehen"
- Kommentar zur Merz-Schlappe: Schon jetzt eine Katastrophe
13.05 Uhr: Die Grünen im Bundestag wollen Friedrich Merz nicht zur erforderlichen Mehrheit in einem weiteren Wahlgang verhelfen. Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil würden "selber eine Mehrheit organisieren müssen", sagte Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge bei einem Pressestatement im Bundestag. "Selbstverständlich" könnten die Grünen einem Kanzler nicht ihr Vertrauen aussprechen, der Deutschland auf einen falschen politischen Pfad führen wolle, ergänzte Dröge. Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann sprach von einer "sehr ernstzunehmenden Situation (...) nicht nur für das Parlament, sondern auch für unser Land". Dass die geplante schwarz-rote Bundesregierung keine Mehrheit habe, bedeute für die Koalition "nichts Gutes". Die künftige Regierung müsse nun ihre Stabilität unter Beweis stellen.
12.53 Uhr: Der geschäftsführende Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), ist angesichts der überraschenden Entwicklungen rund um die Kanzlerwahl nach eigenen Angaben froh, dass er bislang nicht offiziell aus dem Amt entlassen wurde. "Gut, dass ich meine Entlassungsurkunde noch nicht bekommen habe", sagte er der dpa scherzhaft am Rande der Beratungen der Grünen-Fraktion im Bundestag. "Wer weiß, was noch kommt", schob Lehmann hinterher. Lehmann erklärte, er sei vom Ergebnis der ersten Abstimmung überrascht gewesen. Auch andere Grünen-Politiker berichteten davon, mit dem Verlauf der Kanzlerwahl nicht gerechnet zu haben.
12.51 Uhr: Obwohl eine Fortsetzung der Bundestagssitzung für 12 Uhr angekündigt worden war, sieht es im Reichstagsgebäude noch immer nicht danach aus. Wenige Menschen befinden sich im Plenarsaal. Die Fortsetzung verzögert sich deutlich.
12.47 Uhr: Der ehemalige Bundesaußenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel sieht die Schuld für fehlende Stimmen zur Wahl von Friedrich Merz aufseiten der Union. "Friedrich Merz fehlt (Fehler im Original, Anm. d. Red.) im 1. Wahlgang Stimmen vom eigenen Lager", schreibt der SPD-Politiker auf X. "Da haben ein paar Enttäuschte mit dem Feuer einer schweren politischen Krise gespielt!" Gabriel ist sich sicher: "Zu Ende gedacht haben sie ihr wirres Handeln nicht. Denn sie spielen das Spiel der Verfassungsgegner, nur sie profitieren!"
12.46 Uhr: Wird heute noch einmal gewählt? Aus Fraktionskreisen heißt es, die Fraktionen von Union, SPD, Grüne und Linke berieten den weiteren Prozess. Ein weiterer Wahlgang heute werde juristisch geklärt. Dieser sei nach aktueller Einschätzung von Bundespräsidialamt, Bundestagsverwaltung und Bundesjustizministerium verfassungsrechtlich möglich.
12.43 Uhr: Nach Einschätzung des Staatsrechtlers Alexander Thiele könnte noch heute ein weiterer Wahlgang stattfinden. "Der BT (Bundestag, Anm. d. Red.) könnte aus meiner Sicht schon heute direkt noch mal wählen", schreibt er auf X. Artikel 20 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Bundestags greife nicht, "weil es sich stets um die 'Wahl des Bundeskanzlers', also den gleichen Gegenstand handelt", schreibt Thiele weiter. "Politisch scheint das aber nicht gewollt ..." Der entsprechende Artikel regelt die Tagesordnung des Bundestags.
12.36 Uhr: Der designierte Außenminister Johann Wadephul sieht Merz nicht politisch beschädigt: "Also es hat doch schon zahlreiche Wahlgänge von Ministerpräsidenten in ganz Deutschland gegeben, wo es im ersten Wahlgang nicht gereicht hat. Auch in anderen Staaten ist das schon passiert. Und wer redet heute noch darüber, ob es im ersten oder zweiten Wahlgang geklappt hat", sagte der CDU-Politiker in Berlin auf die Frage, ob Merz nun beschädigt sei. Wadephul betonte zugleich sein Bedauern, dass Merz im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit nicht erreicht hat. Am Ende sei die Wahl eine Gewissensentscheidung, die sei "bedauerlicherweise so ausgefallen, wie sie ausgefallen ist". Nun würden die Abgeordneten "noch einmal in sich gehen", und er sei "zuversichtlich", dass es danach klappen werde.
12.29 Uhr: Der CSU-Vorsitzende Markus Söder hat zu Besonnenheit gemahnt. "Es ist jetzt der falsche Zeitpunkt zu streiten und gar eine Schuldzuweisung zu machen", sagte Söder nach einer Sitzung seines bayerischen Kabinetts in München. "Es geht jetzt nicht um den Einzelnen, es geht um uns alle." Wichtig sei, vernünftig und ruhig zu bleiben. Sein dringender Appell an die Abgeordneten sei nun, gemeinsam eine stabile Regierung für Deutschland auf den Weg zu bringen. "Noch ist alles lösbar, noch ist alles heilbar." Söder warnte zugleich nachdrücklich vor einem Scheitern von Merz. Dies könne "am Ende ein Vorbote von Weimar sein". Er spielte damit auf die gescheiterte Weimarer Republik an, auf die in Deutschland 1933 der Nationalsozialismus folgte – "der heutige Vormittag zeigt, dass wir in einer ernsten Lage sind", betonte der CSU-Politiker.

12.16 Uhr: CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hofft auf einen zweiten Wahlgang noch am Dienstag. Er setze darauf, "dass wir heute noch in den zweiten Wahlgang gehen und erfolgreich sind", sagte Linnemann im Sender Phoenix. Auch er schloss aus, dass die Union ihren Kanzlerkandidaten ausgewechselt. Merz sei "der richtige Kandidat zur richtigen Zeit", so Linnemann. Nach einem halben Jahr mit einer Minderheitsregierung nach dem Bruch der Ampelkoalition brauche Deutschland jetzt "schnell wieder Stabilität".
12.10 Uhr: Die Union zeigt sich nach Merz' Wahlschlappe geschlossen. "Wir wussten, dass diese Situation eintreten kann, entsprechend sind wir auch vorbereitet", erklärt Fraktionschef Jens Spahn nach einer Sitzung der Unionsabgeordneten. "Wir werden als Koalition Union und SPD Friedrich Merz erneut für den zweiten Wahlgang vorschlagen." Spahn fuhr fort: "Er hat gerade stehenden langanhaltenden Applaus in der Unionsfraktion bekommen." Noch liefen Abstimmungen darüber, wann ein zweiter Wahlgang stattfinden könne: "Darüber finden Gespräche statt, und ich muss sie jetzt einfach bitten zu warten, bis wir Ergebnisse dieser Gespräche haben."
12.07 Uhr: Der Plenarsaal des Bundestags ist noch immer weitgehend leer. Einzig einige AfD-Abgeordnete sind auf ihren Sitzen zu sehen. Noch wird die Sitzung also nicht fortgesetzt.
12.05 Uhr: Die Oppositionsfraktionen von Grünen und Linken haben sich nach dem Scheitern von CDU-Chef Friedrich Merz bei der Kanzlerwahl bereit erklärt, einer Fristverkürzung für die rasche Anberaumung eines weiteren Wahlgangs zuzustimmen. Linken-Chefin Ines Schwerdtner sagte am Dienstagmittag der ARD, es fänden aktuell Gespräche der Fraktionen darüber statt, noch für den Dienstag einen zweiten Wahlgang zur Kanzlerwahl im Bundestag anzusetzen. Ihre Fraktion wäre bereit, der dafür nötigen Fristverkürzung im Bundestag zuzustimmen – unter der "Bedingung, dass keine Deals mit der AfD gemacht werden", sagte Schwerdtner.
Für die Fristverkürzung wäre im Plenum eine Zweidrittelmehrheit nötig, wofür neben den Stimmen von Union und SPD auch die Zustimmung von Linken und Grünen nötig wäre. Die Grünen wären dazu bereit, sagte Parteichef Felix Banaszak. "Wir werden nicht mit Verfahrenstricks die Bildung einer neuen Regierung verhindern", sagte er.
12.02 Uhr: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig setzt trotz des vorläufigen Scheiterns der Kanzlerwahl auf eine zügige Bildung einer neuen Bundesregierung. "Ich finde das, was heute passiert, ist unverantwortlich", sagte die SPD-Politikerin. Als Ministerpräsidentin eines ostdeutschen Bundeslands wisse sie, wie schwer es gerade vor Ort sei. In den letzten Tagen sei intensiv dafür gearbeitet worden, eine gute, stabile Regierung bilden zu können und den Menschen Antworten geben zu können. Sie wünsche sich jetzt, dass dies so zügig wie möglich auch möglich sei.
- Eigene Beobachtungen aus dem Bundestag
- Liveübertragung des Senders Phoenix
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters