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Asylstreit: Horst Seehofer kann mit Angela Merkel wohl "nicht mehr arbeiten"


Bericht: Seehofer über Merkel
"Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten"

Von dpa, rtr, afp
Aktualisiert am 17.06.2018Lesedauer: 4 Min.
Horst Seehofer und Angela Merkel: Der Bundesinnenminister befindet sich in der Asylfrage im Streit mit der Bundeskanzlerin.Vergrößern des BildesHorst Seehofer und Angela Merkel: Der Bundesinnenminister befindet sich in der Asylfrage im Streit mit der Bundeskanzlerin. (Quelle: Rainer Unkel/imago-images-bilder)
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In der Flüchtlingsfrage liegen Horst Seehofer und Angela Merkel über Kreuz. Nun soll sich der CSU-Politiker laut einem Medienbericht kritisch über die Bundeskanzlerin geäußert haben.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat laut "Welt am Sonntag" (WamS) vor dem Hintergrund des Streits um die Flüchtlingspolitik intern die künftige Zusammenarbeit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Zweifel gezogen. "Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten", soll Seehofer in einer Runde der CSU-Regierungsmitglieder mit dem Landesgruppenvorsitzenden Alexander Dobrindt am vergangenen Donnerstagmorgen gesagt haben.

Teilnehmerangaben zufolge soll Seehofer den Satz in dieser Runde zufolge gleich zweimal gesagt haben. In der anschließenden Sitzung aller CSU-Abgeordneten wiederholte der CSU-Politiker ihn demnach aber nicht mehr.

Im Konflikt zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU über die Abweisung von Flüchtlingen an den Grenzen ist bislang keine Annäherung der Positionen in Sicht. Seehofer betonte zwar in einem Interview mit der "Bild am Sonntag" (BamS), dass seine Partei keine politische Krise auslösen wolle. In der Sache wich er aber nicht zurück.

Seehofer sagte der "BamS": "Niemand in der CSU hat Interesse, die Kanzlerin zu stürzen, die CDU/CSU-Fraktionsgemeinschaft aufzulösen oder die Koalition zu sprengen. Wir wollen endlich eine zukunftsfähige Lösung für die Zurückweisung von Flüchtlingen an unseren Grenzen." Von einer möglichen Kompromisslösung sagte er indes nichts.

Kramp-Karrenbauer mahnt zur Geduld

Zuversichtlich äußerte sich die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer über eine mögliche Einigung. Dafür müsse sich aber die CSU bewegen. "Ich bin überzeugt, dass sich die CSU funktionierenden Vereinbarungen nicht verschließen wird", sagte sie der "Bild am Sonntag". CDU und CSU hätten ein gemeinsames Ziel: "Dass weniger Menschen über die Grenze nach Deutschland kommen. Wir sind uns einig, dass diejenigen, die woanders Asyl beantragt haben, gar nicht erst ins Land gelangen sollen." Dies solle aber "auf der Grundlage von Vereinbarungen mit betroffenen Ländern erreicht werden, zum Beispiel Italien, Griechenland und Bulgarien".

Nach "Bild"-Informationen laufen dafür schon konkrete Planungen. Merkel bereitet demnach ein Spitzentreffen mehrerer EU-Staaten vor, die wie Deutschland besonders von der Flüchtlingskrise betroffen sind. Die CDU-Chefin wolle in den kommenden Tagen unter anderem mit Griechenland, Italien und Österreich über Lösungen für die Flüchtlingskrise beraten, berichtete das Blatt unter Berufung auf Regierungskreise mehrerer EU-Staaten. Unklar sei bislang, ob auch Spanien und Staaten aus dem Balkan-Raum teilnehmen.

"Für niemanden eine Zumutung"

Der hessische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Chef Volker Bouffier appellierte an die CSU, der Kanzlerin für die Suche nach einer Lösung auf europäischer Ebene etwas Zeit zu lassen. "Der Vorschlag von Angela Merkel ist vernünftig, und diese zwei Wochen zu nutzen, ist für niemanden eine Zumutung", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Während Merkel eine europäische Lösung anstrebt, will Seehofer im nationalen Alleingang Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen, die schon in einem anderen EU-Land registriert wurden. Die CSU hat der Kanzlerin quasi eine Frist bis Montag gesetzt, um auf ihre Linie einzuschwenken. Seehofer will sich am Montag die Zustimmung des CSU-Vorstandes für sein Vorhaben holen. Setzt er den Plan in die Tat um, würde der CSU-Chef Merkel damit politisch brüskieren. Ob Merkel das hinnimmt oder ihren Minister entlässt, ist offen. Wirft Merkel Seehofer aus dem Kabinett, dürfte die Koalition am Ende sein.

"Auch Zurückweisungen an der deutschen Grenze"

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, dringt weiter auf schnelle Zurückweisungen an der Grenze. "Dabei können wir nicht nur weiter auf eine europäische Lösung warten, sondern müssen wieder bestehendes europäisches und deutsches Recht anwenden. Dazu gehören auch Zurückweisungen an der deutschen Grenze", sagte er der "Bild am Sonntag".

Die Bürger erwarteten konkrete Handlungen in puncto Zuwanderung, verteidigte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Seehofers Vorgehen. Das sehe er in seiner bayerischen Heimat. Dem Land gehe es so gut wie nie zuvor. "Trotzdem sagen die Leute: Ihr müsst die Migrationsfragen klären - aus der Vergangenheit und für die Zukunft."

Flüchtlingsfrage nicht das größte Problem

Ein am Freitag veröffentlichtes RTL/n-tv-Trendbarometer des forsa-Instituts hatte ergeben, dass zwei von drei Bundesbürgern die Flüchtlingsfrage nicht für das größte Problem in Deutschland halten. Anderer Auffassung sind mehrheitlich nur die Anhänger der CSU (51 Prozent) und AfD (83 Prozent). Auch in Bayern betrachteten 62 Prozent andere Probleme als "genauso wichtig oder sogar noch wichtiger".

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) äußerte die Hoffnung, dass der Streit nicht zum Bruch der Koalition führt. "Am Ende geht es um Verantwortung und nicht um schrille Töne", sagte Heil dem Deutschlandfunk.

Debatte um Neuauflage der Jamaika-Verhandlungen

Der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte seine Partei unterdessen zu einem härteren Vorgehen in Asylfragen auf. "Wir haben 400.000 Fälle bei den Verwaltungsgerichten rumliegen. Weil wir uns nicht einfach mal trauen zu sagen: Wir schieben jetzt ab", sagte er "Bild am Sonntag". Um die Migrationsbewegungen zu kontrollieren, forderte Gabriel unter anderem Asyllager an der nordafrikanischen Mittelmeerküste.

Der unionsinterne Streit führte auch zu einer neuen Debatte über eine mögliche Wiederauflage von Jamaika-Verhandlungen. Grünen-Chef Robert Habeck und FDP-Vize Wolfgang Kubicki erteilten einer Neuauflage von Verhandlungen mit der Union über ein Dreierbündnis eine Absage.

Verwendete Quellen
  • dpa, AFP, Reuters
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