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Presseschau zum Fall Maaßen: "Das mutet nun wie ein Witz an"


Presseschau zur Causa Maaßen
"Merkel, Seehofer, Nahles steuern ein Schiff vor dem Untergang"

Von dpa, afp
Aktualisiert am 24.09.2018Lesedauer: 4 Min.
Angela Merkel, Horst Seehofer und Andrea Nahles: "Die Koalitionsspitzen wollen es noch einmal miteinander versuchen"Vergrößern des BildesAngela Merkel, Horst Seehofer und Andrea Nahles: "Die Koalitionsspitzen wollen es noch einmal miteinander versuchen" (Quelle: Michael Sohn/ap-bilder)
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Die Presse schaut gebannt nach Berlin: Verfassungsschutzchef Maaßen wird nun Sonderberater in Seehofers Innenministerium. Was ist davon zu halten?

Die "Frankfurter Rundschau" kommentiert den neuen Kompromiss im Fall Maaßen so: Das mutet nun wie ein Witz an. Denn natürlich kann es immer Streit um einen Mann wie Maaßen geben, und auch verschiedene Bewertungen von Kabinettsmitgliedern. Doch wer konstruktiv miteinander regieren will, beißt dann halt auch einmal in den sauren Apfel und sagt: Gut, wenn ein Koalitionspartner ihm nicht vertraut, kann er schlecht Verfassungsschützer bleiben. Oder wenn er die Kanzlerin meiner Regierung öffentlich madig macht. Oder beides. Wenn nun die große Koalition stattdessen einen solchen Eiertanz aufführt, sollten sich auch jene, die sie als notwendiges Übel dann doch gewollt haben, fragen: War das nicht schon der Fehler? Und auch diejenigen, die eine Jamaika-Koalition nicht hinbekommen haben, müssen sich fragen: Haben wir ernst genug versucht, es besser zu machen als das, was von dieser Dreierrunde noch zu erwarten ist? Egal, wie man den Ausgang der Maaßen-Affäre nun bewertet: Allen Parteien muss klar sein, dass das die letzte Chance für die Koalition war, sich zusammenzuraufen.

Die "Badische Zeitung" aus Freiburg schreibt: Es ist ungewöhnlich, dass eine Bundesregierung innerhalb weniger Tage eine Entscheidung revidieren muss, weil die Reaktionen darauf so vernichtend ausfielen. Positiv bleibt anzumerken, dass SPD-Chefin Andrea Nahles - wenn auch unter gewaltigem Druck - die Größe hatte, diesen Fehler einzugestehen und die beiden Unionsparteichefs Angela Merkel und Horst Seehofer davon zu überzeugen. Die Einigung zeigt: Die Koalition will es noch einmal miteinander versuchen. Ob das reicht bei den anstehenden Herausforderungen, steht auf einem anderen Blatt.

In der "Märkischen Oderzeitung" heißt es: Dass Maaßen dafür zunächst auch noch belohnt werden sollte, verstand dann kaum einer mehr. Deshalb musste ja auch nachverhandelt werden. Versteht aber irgendjemand, was die Koalitionsspitzen nun ausgehandelt haben? Maaßen muss zwar auf seine Gehaltserhöhung verzichten. Doch wie seine Kompetenzen als Sonderbeauftragter gestaltet werden, blieb zunächst unklar. Diese Unklarheit ist aber gefährlich. Schnell könnte der Eindruck entstehen, die Verhandler hätten sich ihre Haltung abkaufen lassen. Setzt sich diese Lesart durch, dann wäre auch mit dem zweiten Maaßen-Kompromiss rein gar nichts gewonnen.

In den "Westfälischen Nachrichten" ist zu lesen: Längst ist nicht mehr das Amt des Verfassungsschutzpräsidenten, sondern die grundsätzliche Bündnisfrage in dieser Regierungskrise des Pudels Kern. Die Genossen hadern mit dieser Koalition, man hält sich einander gerade so aus. Die Basis ist brüchig, das Vertrauen schwindet. Und Nahles hat den Rücken nicht frei, weil maßgebliche Kräfte die Koalition lieber heute als morgen platzen lassen möchten. Die Krise wird deshalb Dauerbegleiter dieser kraftlosen Regierung sein.

Die "Stuttgarter Nachrichten" schreiben zu dem Kompromiss: Dem von Horst Seehofer und Nahles auf die Spitze getriebenen Konflikt - von dem einen unnötig brutal, von der anderen überraschend naiv - folgt ja kein reinigendes Gewitter. Dazu fehlen der Bundeskanzlerin längst Blitz und Donner. Dass Maaßen kein Staatssekretär wird, ist eine so banale Lösung, dass sie nur eines zeigt: Schwarz-Rot will nicht mehr. Es muss. Zusammengehalten von erschreckenden Umfrageergebnissen, zu uneins für gemeinsame Erfolge, zu ausgelaugt zum starken Auftritt: Selten hat ein tiefer Konflikt und dessen oberflächliche Beilegung so hoffnungslos in die verwundete Seele dieser lieblosen wie ungeliebten Koalition blicken lassen.

Das "Westfalen-Blatt" kommentiert den Fall Maaßen so: Dass eine solch ungeheure politische Instinktlosigkeit wie die abenteuerliche Idee der Rausschmiss-Beförderung überhaupt in Erwägung gezogen werden konnte, zeigt, wie es um die Bundeskanzlerin steht. Offenkundig ist sie nicht mehr in der Lage oder nicht willens, ihre Richtlinienkompetenz einzusetzen. Schlimm wäre beides. Noch ist es die von Angela Merkel geführte Regierung, die sich hier gerade vor aller Welt bis auf die Knochen blamiert hat. So ist und bleibt der Fall Maaßen vor allem Angela Merkels Menetekel und sichtbares Zeichen ihres Machtverfalls. Und gut möglich ist, dass wir am Dienstag bei der Wahl des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden bereits das nächste erleben.

Die "Rhein-Zeitung" aus Koblenz schreibt: Merkel, Horst Seehofer und Andrea Nahles steuern ein Schiff vor dem Untergang. Die CDU-Chefin ist nach mehr als 13 Jahren im höchsten Regierungsamt erschöpft, der CSU-Chef kämpft seinen letzten Kampf, und die SPD-Chefin - gerade fünf Monate im Amt - steht selbst im eigenen Lager bereits mit dem Rücken zur Wand. Diese Regierung steht nicht mehr für Zukunft. Ausgerechnet die FDP, die vor einer Jamaika-Koalition geflohen war, spricht jetzt von Neuwahlen. Dabei müssen CDU, CSU und SPD, die mit ihren Chaostagen ein Konjunkturprogramm für die AfD aufgelegt haben, ein neues Wählervotum mehr denn je fürchten. So bleiben sie aus Angst vor dem Tod zusammen.

"Nürnberger Nachrichten" meinen: Maaßen soll nun zwar doch nicht für seine Fehlleistungen nach den Vorfällen in Chemnitz belohnt und zum Staatssekretär befördert werden. Doch das unerträgliche Hickhack um diese Personalie hat einmal mehr gezeigt, dass diese Koalition keine gemeinsamen Werte hat, an denen sie ihr Regierungshandeln ausrichten könnte. Stattdessen scheuert sich diese Regierung an jeder noch so kleinen Herausforderung immer wieder wund. Man darf gespannt sein, bei welcher Lappalie die Koalitionäre das nächste Mal aufeinanderprallen, und wann die Wunden so schmerzen, dass einer der Beteiligten das Handtuch wirft.

Verwendete Quellen
  • dpa, afp
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