Newsblog zum Ukraine-Krieg Darum will Merz zu Waffenlieferungen schweigen

Bundeskanzler Friedrich Merz prüft eine neue Linie bei den Waffenlieferungen für die Ukraine – auch medial. Alle Entwicklungen im Newsblog.
Inhaltsverzeichnis
- Selenskyj lädt zu Europa-Gipfel in die Ukraine
- Für Rüstungsindustrie: EU sagt Ukraine russische Vermögenswerte zu
- Trump bittet Erdoğan im Konflikt zu vermitteln
- Diplomat: USA entwickeln langsam Verständnis für Russland
- London kündigt Sanktionen gegen russische Schattenflotte an
- Außenminister Wadephul zu erstem Ukraine-Besuch eingetroffen
- Trump fordert 30-tägige Feuerpause – und droht mit Sanktionen
- Ukraine versucht offenbar Grenze zu durchbrechen
- Ukraine ratifiziert Rohstoffdeal mit den USA
Die neue Bundesregierung wird nach Angaben aus Regierungskreisen künftig die Information über die Lieferung von Waffensystemen an die Ukraine deutlich reduzieren. Man wolle eine "strategische Ambiguität" in der Kommunikation erreichen, um Russland keine strategische Vorteilen mehr zu verschaffen, hieß es am Freitag. Damit dürfte auch die Veröffentlichung der von Deutschland gelieferten Liste des Militärmaterials auf den Seiten der Regierung eingestellt werden.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte bereits beim Besuch von Kanzler Friedrich Merz am Mittwoch betont, man habe verabredet, dass man nicht mehr über einzelne Waffensysteme für die Ukraine öffentlich sprechen wolle. "Deshalb haben wir beschlossen, dass wir eben in gewissen Bereichen nicht eindeutige Informationen geben", sagte er. Merz wurde in Paris mehrfach zu möglichen Lieferungen des Marschflugkörpers "Taurus" aus deutschen Beständen an die Ukraine befragt. Macron hatte dazu erklärt, man werde nicht bei Pressekonferenzen über Waffenkategorien und Modelle reden, "denn es könnte durchaus sein, dass auch die russische Armee die Antwort auf die Fragen hört."
Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine Ende Februar 2022 hatte die frühere Bundesregierung zunächst nur sporadisch über die militärische Hilfe berichtet, bis sie dann auf Druck von Abgeordneten und der Medien ab dem 21. Juni 2022 eine ständig aktualisierte Liste der gelieferten Systeme und Güter ins Internet stellte. Nun folgt unter Merz die mediale Zeitenwende.
Selenskyj lädt zu Europa-Gipfel in die Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat für Samstag ein Gipfeltreffen mit führenden europäischen Politikern in der Ukraine angekündigt. "Wir bereiten uns darauf vor, in der Ukraine die Anführer der Koalition der Willigen zu treffen", hieß es in einem am Freitag von seinem Pressedienst veröffentlichten Redeauszug. "Wir werden morgen Zusammenkünfte haben", sagte Selenskyj demnach, ohne die Teilnehmer zu benennen.
Der sogenannten Koalition der Willigen gehören unter anderem Deutschland, Großbritannien und Frankreich an. Sie war im März nach dem Eklat zwischen Selensky und US-Präsident Donald Trump bei deren Treffen im Weißen Haus ins Leben gerufen worden. In der rund 30 Länder zählenden Gruppe werden zusammen mit Vertretern der Nato und der EU vor allem die möglichen Beiträge Europas zu einer Waffenruhe und zur Friedenssicherung in der Ukraine diskutiert.
Am Freitag waren bereits die EU-Außenminister im ukrainische Lwiw zusammengekommen. Mehr als eine symbolische Geste an die Ukraine aus Anlass des Europatags, am 9. Mai. Die EU-Staaten besiegelten die Einrichtung eines Sondertribunals zur Verfolgung russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine. Die EU hatte dem Land bereits den Status eines Beitrittskandidaten verliehen.
Für Rüstungsindustrie: EU sagt Ukraine russische Vermögenswerte zu
Die EU hat ukrainischen Rüstungsunternehmen eine Milliarde Euro aus den Erlösen eingefrorener russischer Vermögenswerte zugesagt, um das Land im Krieg gegen Moskau weiter zu unterstützen. "Wir haben soeben eine Milliarde Euro für die ukrainische Verteidigungsindustrie verfügbar gemacht, damit die Ukraine sich besser verteidigen kann", sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Freitag bei einem Treffen der EU-Außenminister in der westukrainischen Stadt Lwiw. Die Mittel sollen demnach die Verteilungsfirmen direkt unterstützen.
Frankreich wird seinerseits Einnahmen aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten nutzen, um die Wartung von rund 60 in Frankreich hergestellten und an die Ukraine gelieferten Caesar-Haubitzen zu finanzieren, wie der französische Außenminister Jean-Noël Barrot erklärte. "Durch die Mobilisierung von Einnahmen aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten wird Frankreich in der Lage sein, die weitere Wartung der Caesar-Kanonen sicherzustellen, die es der Ukraine zur Abwehr russischer Angriffe geliefert hat", erklärte Barrot.
"Wir wollen Frieden, und heute steht dem Frieden nur noch Moskau im Weg, das unter dem Namen Wladimir Putin auftritt", fügte Barrot mit Blick auf den russischen Präsidenten hinzu. Die EU-Außenminister hatten bei dem Treffen zuvor bereits grünes Licht für die Einrichtung eines Sondertribunals zum russischen Angriffskrieg gegeben. Der Westen hat wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 rund 300 Milliarden Euro an Vermögenswerten der russischen Zentralbank eingefroren, die größtenteils in Europa liegen. Die EU hat beschlossen, die Zinserlöse daraus zur Finanzierung der Unterstützung der Ukraine zu verwenden. Moskau verurteilte dies als Diebstahl.
Ukrainische Militär versucht angeblich, nach Russland einzudringen
Die Ukraine hat russischen Angaben zufolge mehrere Versuche unternommen, die Grenze zu Russland in den Regionen Kursk und Belgorod zu durchbrechen. Das berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Interfax und zitiert das russische Verteidigungsministerium.
Die Angriffe haben demnach während der dreitägigen, von Russland einseitig ausgerufenen Waffenruhe stattgefunden. Umgekehrt wirft die Ukraine Russland wiederholte Verletzungen der Waffenruhe vor, was Moskau dementiert.
Ukraine nimmt mutmaßliche Spione fest
In der Ukraine hat der Inlandsgeheimdienst SBU zwei mutmaßliche ungarische Spione festgenommen, die unter anderem Informationen über Standorte von Luftabwehrsystemen gesammelt haben sollen. Die Spione seien in der an Ungarn grenzenden westukrainischen Region Transkarpatien tätig gewesen, teilte der Geheimdienst am Freitag mit.
"Zum ersten Mal in der Geschichte der Ukraine hat der Inlandsgeheimdienst ein ungarisches Militärgeheimdienstnetzwerk aufgedeckt, das Spionageaktivitäten zum Nachteil unseres Staates unternommen hat", schrieb der SBU im Onlinedienst Telegram.
Bei den Festgenommenen handelt es sich den Angaben zufolge um einen 40-jährigen Mann und eine Frau, die einem ungarischen Geheimdienstoffizier unterstanden. Beide waren früher Soldaten. Ihnen drohen nun lebenslange Haftstrafen. Laut SBU hatte der Mann von dem ungarischen Offizier Geld erhalten und versucht, mindestens zwei Menschen als Informanten zu rekrutieren. Nach der letzten offiziellen Zählung im Jahr 2001 lebten in der ukrainischen Region Transkarpatien etwa 150.000 ethnische Ungarn.
Trump bittet Erdoğan im Konflikt zu vermitteln
US-Präsident Donald Trump soll den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in einem Telefonat um Unterstützung im Umgang mit der Ukraine gebeten haben. Das berichtet das türkische Medium "Hurriyet News". Demnach wolle Trump die Türkei als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine einsetzen. Trump und sein Team hatten im Vorfeld ihre Frustration darüber geäußert, dass es keine Fortschritte in den Bestrebungen zur Beendigung des Krieges gibt.
Die Türkei als strategischer Nato-Partner teilt sich im Schwarzen Meer eine Seegrenze mit der Ukraine und Russland. Darüber hinaus unterhält Präsident Erdoğan als einer der wenigen Staatschefs Beziehungen sowohl mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als auch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters