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Hamas- und Hisbollah-Angriff auf Israel: Iran als Drahtzieher hinter Terror


Hamas und Hisbollah attackieren Israel
Dieses Regime finanziert den Terror gegen Israel


Aktualisiert am 08.10.2023Lesedauer: 7 Min.
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Israelische Soldaten am Ort eines Anschlags in Sderot. (Quelle: Ohad Zwigenberg)

Israel sieht sich derzeit mit Angriffen von mehreren Fronten konfrontiert. Doch welche Länder mischen noch im Nahost-Konflikt mit? Ein Überblick.

Im Nahen Osten ist der "Kessel", der längere Zeit am Brodeln war, übergekocht: In der Nacht zum Samstag startete die radikalislamische Terrororganisation Hamas einen Großangriff auf Israel. Tausende Raketen wurden innerhalb weniger Stunden abgefeuert, die Terrororganisationen Hamas und Islamischer Dschihad drangen in das Land ein. Dort töteten sie Hunderte Zivilisten, verschleppten zahlreiche Menschen in Richtung Gazastreifen.

Während der Angriff in vielen Staaten Entsetzen auslöst, ist er für Regime und Regierungen anderer Länder ein Grund zum Feiern. t-online gibt einen Überblick über die Drahtzieher hinter dem Angriff, darüber, wie die Nachbarländer Israels reagieren – und warum die Eskalation in der Region genau jetzt erfolgt sein dürfte.

Regime im Iran als Drahtzieher des Terrors in der Region

Im Iran stieß der Angriff der terroristischen Hamas auf Israel bei der Führung des Landes auf Genugtuung. Ein Militärberater des geistlichen und politischen Oberhaupts Ayatollah Ali Khamenei sprach von einem "stolzen Einsatz" der Hamas. Zahlreiche seiner Anhänger versammelten sich am Sonntagabend am Palästina-Platz in Teheran und jubelten um die sogenannte "Israel-Restzeituhr". Digital und im Tagesrhythmus soll sie die verbleibende Zeit Israels herunterzählen. Spätestens im Jahr 2040 soll das Land, wenn es nach Worten Khameneis geht, von der Landkarte verschwunden sein.

Dessen Regime gilt – wenn auch bislang nur indirekt – als Drahtzieher hinter dem Angriff. In seinen Reden bedient sich der Diktator immer wieder antisemitischer Begriffe und schwört den "Niedergang" Israels herbei. Auch am Dienstag schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, über Israel: "Dieses Krebsgeschwür wird, so Gott will, durch das palästinensische Volk und die Widerstandskräfte in der gesamten Region endgültig ausgerottet werden." In einer am Samstag veröffentlichten Mitteilung Khameneis hieß es, die palästinensische Bewegung sei heute "energischer, lebendiger und besser vorbereitet denn je."

Dazu hat Khameneis Regime selbst einen großen Teil beigetragen. Mit Beginn seiner Herrschaft im Jahr 1979 hatte er Israel zum Erzfeind der Islamischen Republik im Iran erklärt. In den 1990er Jahren baute er dann seine politischen und militärischen Beziehungen in der Region aus, um mit der Unterstützung schiitischer Milizen eine "Achse des Widerstands" gegen Israel zu schaffen. Und diese unterstützt Khamenei: Die terroristischen Hamas werden durch das islamische Regime finanziert und militärisch ausgestattet. Ohne diesen Einfluss wäre der Angriff auf Israel in einem solchen Ausmaß wohl kaum möglich gewesen.

Video | Weiter Kämpfe im Süden Israels
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Quelle: reuters

Libanons Hisbollah als Speerspitze des iranischen Regimes

In der Nacht zum Sonntag kamen zu den Angriffen auf Israel durch die Hamas dann auch Raketenangriffe aus dem Libanon hinzu. Das Land steckt nach Jahren von Bürgerkriegen und der Corona-Pandemie in einer schweren Wirtschaftskrise, seit Monaten steht es ohne politische Führung da, weil jede Präsidentschaftswahl scheiterte. Die Schiitenmiliz Hisbollah aber hat das Land weitgehend unter Kontrolle. Sie übernahm die Verantwortung für die Angriffe auf Israel. Auch ihre Macht geht auf die Unterstützung des islamischen Regimes im Iran zurück.

In "Solidarität mit dem siegreichen palästinensischen Widerstand und dem Kampf des palästinensischen Volkes" habe eine Brigade der Hisbollah am Sonntagmorgen drei Flächen der "zionistischen Besatzung" im Gebiet der Schebaa-Farmen angegriffen, so die Terrorbewegung. Die sogenannten Schebaa-Farmen gehören nach Auffassung der UN zu den 1967 von Israel besetzten syrischen Gebieten. Syrien und einige Parteien im Libanon sehen das Gebiet jedoch als libanesisches Territorium an.

Die Hisbollah, entstanden vor mehr als 40 Jahren unter Einfluss des islamischen Regimes, gehört wie die Hamas zur Achse Teherans gegen Israel. Die paramilitärische Revolutionsgarde des Regimes in Teheran unterstützte die Kämpfer – etwa um sich erfolgreich gegen eine damalige israelische Invasion in den Libanon zu wehren. Aus einer anfangs kleinen Truppe wurde so eine Terrorbewegung, die vielen Armeen in der Region mittlerweile militärisch weit überlegen ist und als Speerspitze des Iran im Nahen Osten gilt. Im Irak, im Jemen, vor allem aber in Libanons Nachbarland Syrien sorgt sie für Terror. Dort stellt sie eine wichtige Bodentruppe des mit dem Regime im Iran Verbündeten Baschar al Assad.

China und Russland üben Einfluss in der Region

Das islamische Regime im Iran hat den Angriff durch die Finanzierung der Terrorgruppen im Libanon und in Gaza also erst möglich gemacht. Doch auch die Führung in Teheran selbst kommt nicht ohne Unterstützung aus. Mit Peking und Moskau hat es bislang treue Verbündete an seiner Seite. Gegenseitig haben sie sich in der Vergangenheit den Rücken gestärkt. Erst im Sommer wurde der Iran in die von Russland und China initiierte wirtschaftliche Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) aufgenommen. Neben Indien und Pakistan gehören dieser etwa auch Belarus an.

Während China für den Iran militärisch von Bedeutung ist, aber auch als größter und damit wichtigster Handelspartner gilt, haben Russland und Teheran ihre Verbindungen zuletzt hinsichtlich ihrer Propagandamedien vorangetrieben, aber ebenso wirtschaftlich und militärisch. Aus dem Iran erhält Russland etwa Shahed-Drohnen für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine, auch ballistische Raketen könnten folgen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Doch aus Moskau und Peking kamen auf den Angriff auf Israel Aufrufe der Mäßigung. Aus China zeigte man sich angesichts der Eskalation besorgt und rief "alle betroffenen Seiten" zu "Zurückhaltung" auf. Peking forderte die internationale Gemeinschaft zudem auf, sich für eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen den Israelis und den Palästinensern einzusetzen.

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Russland forderte die Konfliktparteien zu einer "sofortigen Waffenruhe" sowie zur "notwendigen Zurückhaltung" auf. Anschließend müsse mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft ein "Verhandlungsprozess" in Gang gebracht werden, um einen "umfassenden, dauerhaften und lang erwarteten Frieden" zu erreichen, sagte Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa.

Die gemäßigte Reaktion Russlands ist beachtlich, denn in der Vergangenheit stand Russlands Präsident Wladimir Putin für kompromisslose Härte gegenüber Islamisten. Seine jetzige Reaktion zeigt, wie sehr das Bündnis mit Iran gewachsen ist. Experten des Institute of the Study of War (ISW) sehen darin jedoch auch eine eigennützige Informationskampagne Moskaus. So hoffe man im Kreml darauf, die Aufmerksamkeit des Westens von der Unterstützung der Ukraine abzulenken.

Irak erklärt Palästinensern seine Unterstützung

Der Irak erklärte, die Angriffe der Hamas seien "eine natürliche Folge der systematischen Unterdrückung", der sich das palästinensische Volk ausgesetzt sehe, hieß es in einer Mitteilung des Büros des irakischen Premierministers. Iraks Regierung sprach den Palästinensern ihre Unterstützung zu. Ägypten versucht den militärischen Angriff auf Israel somit mit der völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik der israelischen Regierung und dem militärischen Vorgehen gegen die Bevölkerung im Gazastreifen zu rechtfertigen.

Das Land rief angesichts der Lage die Arabische Liga zu einer Sitzung auf. Dieser gehören etwa auch der Libanon und Ägypten an.

Saudi-Arabien fordert "Stopp der Eskalation zwischen beiden Seiten"

Das saudi-arabische Außenministerium erklärte, das Königreich fordere einen "sofortigen Stopp der Eskalation zwischen beiden Seiten, den Schutz der Bevölkerung und Selbstkontrolle". "Das Königreich erinnert an seine wiederholten Warnungen vor den Gefahren einer explosiven Situation infolge der anhaltenden Besatzung und des Entzugs der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes", fügte es hinzu. Saudi-Arabien schließt sich somit dem Tonus der irakischen Regierung an.

Ägypten warnt vor "weiterer Eskalation"

Ägypten gilt traditionell als Vermittler im Nahostkonflikt und kontrolliert den Zugang zum Gazastreifen. Die Regierung dort forderte die Palästinenser und Israel zu "äußerster Zurückhaltung" auf. Der ägyptische Außenminister Sameh Schukri rief die "internationalen Akteure" auf, "sofort einzugreifen" und warnte vor der "großen Gefahr einer weiteren Eskalation".

Das Land Katar galt bislang als zweitgrößter Vermittler im Nahostkonflikt. Doch auch da bezieht man nun Position: Doha machte Israel allein für die Eskalation des Konfliktes verantwortlich und verwies auf "ständige Verletzungen der Rechte des palästinensischen Volkes", wie die staatliche Nachrichtenagentur QNA am Samstag berichtet.

Warum eskaliert die Lage im Nahen Osten jetzt?

Doch warum, wenn doch Israel bereits seit Jahren als Erzfeind der durch das iranische Regime unterstützten Hamas und Hisbollah gilt, fand der Angriff genau jetzt statt? Genau lässt sich das nicht sagen, doch es gibt mehrere Anhaltspunkte. Zum einen ereignete sich der Angriff am Samstag genau am jüdischen Feiertag Simchat Tora (Freude der Tora). Vor 50 Jahren hatte da auch der Jom-Kippur-Krieg begonnen, als Syrien und Ägypten Israel angriffen. Auch gilt die israelische Regierung unter Benjamin Netanyahu derzeit als geschwächt.

Die Hamas begründet ihren Angriff damit, dass sie die "Al-Aksa-Moschee, die heiligen Städten und die Gefangenen verteidigen" wollen würde. Damit bezog sie sich darauf, dass radikale jüdische Gruppen zuletzt wieder vermehrt auf den Tempelberg gestiegen waren. Der Tempelberg ist für Juden wie Muslime heilig – letzteren wird jedoch das alleinige Recht zugestanden, dort zu beten. Radikale jüdische Gruppen hatten sich dem zuletzt immer wieder widersetzt.

Dem Angriff waren auch geopolitische Veränderungen vorausgegangen, denn der Iran und Saudi-Arabien hatten sich zuletzt wieder angenähert. Im März hatten die jahrelangen Erzfeinde der Region angekündigt, wieder diplomatische Beziehungen aufnehmen zu wollen. Internationale Beobachter sahen dabei vor allem einen Verlierer: Israel, dessen Regierung auf die Normalisierung der eigenen Beziehungen zu Saudi-Arabien gehofft hatte – auch um einem möglichen Angriff aus dem Iran militärisch entgegnen zu können.

Für die Führung des Iran galt die diplomatische Annäherung als Erfolg, den Teheran dringend braucht. Das Land gilt durch Sanktionen des Westens uns eine Misswirtschaft des islamischen Regimes als wirtschaftlich geschwächt. Das gewaltsame Vorgehen des Regimes gegen die jüngsten Proteste im Land hatten das Ansehen Teherans im Ausland zudem schwer beschädigt. Mehr zu den Protesten im Iran lesen Sie hier.

Israel hatte noch am selben Tag des Angriffs die palästinensischen Gebiete im Gazastreifen beschossen. Hunderte Menschen sollen bei den Raketenangriffen dort ums Leben gekommen sein. Netanyahu forderte die Menschen in dem Gebiet zudem auf, zu fliehen. Beobachtern zufolge gilt das allerdings als schwierig, denn die einzigen Wege aus Gaza heraus führen über das Mittelmeer, Ägypten oder Israel selbst. Die Lage in der Region dürfte sich somit noch weiter zuspitzen. Alle aktuellen Entwicklungen lesen Sie im Newsblog.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • tagesschau.de: "Der neue Nahe Osten?"
  • tagesschau.de: "Ein Dutzend Versuche - und kein Erfolg"
  • tagesschau.de: "Die Speerspitze des Iran"
  • spiegel.de: "Warum greift die Hamas genau jetzt Israel an?"
  • juedische-allgemeine.de: "Irans Staatsoberhaupt bekräftigt Drohungen gegen Israel"
  • bpb.de: "Arabische Liga"
  • deutschlandfunk.de: "Im Griff der Hisbollah"
  • understandingwar.org: "BEWERTUNG DER RUSSISCHEN OFFENSIVKAMPAGNE, 7. OKTOBER 2023"
  • iranjournal.de: "Hass auf Israel als Daseinsberechtigung"
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