Reaktionen auf Machtwechsel in Syrien "Ein fundamentaler Akt der Gerechtigkeit"
Ein Diktator, der sein eigenes Volk folterte und angriff, ist gestürzt. Nun sind in Syrien Islamisten an der Macht. Die Reaktionen sind optimistisch.
Nach 13 Jahren Herrschaft wurde der syrische Herrscher in der Nacht auf Sonntag gestürzt. Viele internationale Politiker zeigen sich nach dem Machtwechsel erfreut. Doch es gibt auch Sorge vor der Herrschaft der islamistischen Rebellen, die die Hauptstadt Damaskus erobert haben.
Reaktionen aus Deutschland
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Sturz von Syriens langjährigem Machthaber Baschar al-Assad als "eine gute Nachricht" begrüßt. In einer Erklärung begründete Scholz diese Einschätzung am Sonntag damit, dass Assad "sein eigenes Volk auf brutale Weise unterdrückt, unzählige Leben auf dem Gewissen und zahlreiche Menschen zur Flucht aus Syrien getrieben" habe. Nun komme es "darauf an, dass in Syrien schnell Recht und Ordnung wieder hergestellt" würden.
Außenministerin Annalena Baerbock hat die Konfliktparteien in Syrien nach dem Ende der Herrschaft zum Schutz der religiösen und ethnischen Minderheiten aufgerufen. Die Grünen-Politikerin sagte: "Das Land darf jetzt nicht in die Hände anderer Radikaler fallen – egal in welchem Gewand."
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Klar sei auch: "Das Ende Assads bedeutet für Millionen von Menschen in Syrien ein erstes großes Aufatmen nach einer Ewigkeit der Gräuel des Assad-Regimes." Mehrere Hunderttausende Syrer seien seit 2011 getötet, Millionen Menschen seien vertrieben worden. Assad habe gemordet, gefoltert und Giftgas gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt.
Trump wendet sich an Putin
Der designierte US-Präsident Donald Trump postete auf seinem Netzwerk Truth Social: "Assad ist weg. Er ist aus seinem Land geflohen. Sein Beschützer Russland, angeführt von Wladimir Putin, war nicht länger daran interessiert, ihn zu beschützen." Trump rief zugleich den russischen Präsidenten Putin auf, den Krieg in der Ukraine zu beenden. "Ich kenne Wladimir gut. Jetzt ist seine Zeit zum Handeln gekommen. China kann helfen. Die Welt wartet!"
US-Präsident Joe Biden hat den Sturz Assads und die damit verbundene "historische Gelegenheit" für die Menschen in Syrien begrüßt. "Der Sturz des Regimes ist ein fundamentaler Akt der Gerechtigkeit", sagte Biden am Sonntag in Washington. Nun habe "das leidgeprüfte syrische Volk" die Chance auf eine bessere Zukunft. Zuvor hatte der designierte US-Präsident Donald Trump klargemacht, er wolle nicht, dass sich die USA in irgendeiner Form in die Krise in Syrien einmischen.
Die USA wollen ihre militärische Präsenz in Ostsyrien aufrechterhalten und verhindern, dass die radikalislamische Miliz "Islamischer Staat" (IS) wieder an Einfluss gewinnt. Das kündigte der Beauftragte des US-Verteidigungsministeriums für den Nahen Osten, Daniel Shapiro, an. Er rief alle Gruppierungen auf, die Zivilbevölkerung zu schützen und internationale Normen zu respektieren. Dies gelte vor allem für Minderheiten. Es sei möglich, dass der IS die Gelegenheit nutzen wolle, um wieder aktiv zu werden und Operationen zu starten, sagte Shapiro. "Wir sind entschlossen, den IS dauerhaft zu besiegen, Kämpfer zu verhaften und Vertriebene in ihre Heimatländer zurückzubringen."
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagt zum Ende des Regimes, der barbarische Staat sei endlich gefallen. Frankreich werde sich weiter für die Sicherheit aller im Nahen Osten einsetzen. "Ich zolle dem syrischen Volk meinen Respekt, zu seinem Mut und seiner Geduld. In diesem Moment der Unsicherheit wünsche ich ihm Frieden, Freiheit und Einheit", schreibt Macron in einem Beitrag auf der Onlineplattform X.
Türkei fordert Unterstützung
Die Türkei hat die internationale Gemeinschaft nach dem Ende der Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad dazu aufgerufen, einen geordneten Übergang in Syrien zu unterstützen. "Heute gibt es Hoffnung. Syrien kann das nicht allein schaffen. Die internationale Gemeinschaft muss das syrische Volk unterstützen", sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan am Rande eines politischen Forums in Doha. Die Türkei werde gemeinsam mit den Nachbarländern beim Wiederaufbau helfen und mit der neuen Regierung zusammenarbeiten. Sein Land stehe in Kontakt mit allen Gruppierungen.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den Sturz des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad als "historischen Tag" bezeichnet. Dieser sei Folge der Militärschläge Israels gegen Assads Unterstützer, den Iran und die Hisbollah-Miliz im Libanon. Bei einem Besuch in dem Gebiet nahe der Grenze zu Syrien sagte er, er habe den israelischen Streitkräften befohlen, Gebiete in der dortigen Pufferzone einzunehmen, um die Sicherheit Israels zu gewährleisten. "Wir werden nicht zulassen, dass sich eine feindliche Kraft an unserer Grenze niederlässt".
Die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hat den Sturz von Assad begrüßt. "Das Ende von Assads Diktatur" sei eine positive Entwicklung, schrieb sie auf X. Es zeige auch die Schwäche von Russland und dem Iran, Assads Unterstützern. Es habe nun Priorität, Sicherheit in der Region zu gewährleisten. "Ich werde mit allen konstruktiven Partnern zusammenarbeiten", so Kallas.
Extremismus und Terrorismus befürchtet
Der UN-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen, schaut nach dem Ende der Assad-Herrschaft optimistisch in die Zukunft. "Heute blicken wir mit vorsichtiger Hoffnung auf den Beginn eines neuen Zeitalters – eines Zeitalters des Friedens, der Versöhnung, der Würde und der Integration für alle Syrer", teilte er mit. Pedersen war zu Gesprächen in Doha.
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sehen die Verantwortung nun bei den Syrern, um die Zukunft des Landes zu bestimmen. Die größte Gefahr für Syrien seien Extremismus und Terrorismus, sagte Anwar Gargasch, Berater des Präsidenten der VAE, am Rande der Manama-Sicherheitskonferenz in Bahrain. Alle hofften darauf, dass die Spirale von Chaos und Gewalt in Syrien nun ein Ende habe, sagte er. Jetzt müsse auch mit dem Iran über die Region gesprochen werden. Auf die Frage, ob der gestürzte syrische Präsident Baschar al-Assad in den Vereinigten Arabischen Emiraten sei, sagte Gargasch: "Ich weiß es nicht."
Saudi-Arabien hat eigenen Aussagen zufolge keine Kenntnis über den Verbleib des früheren syrischen Herrschers Baschar al-Assad. Das Königreich sei zum Thema Syrien in Kontakt mit allen Akteuren in der Region, sagt ein Vertreter des Landes der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir stehen in ständiger Kommunikation mit der Türkei und allen Beteiligten." Saudi-Arabien wolle alles tun, um ein Chaos in Syrien zu verhindern.
Der jordanische König Abdullah hat dazu aufgerufen, jeden Konflikt zu vermeiden, der in Syrien zu Chaos führen könnte. Er betonte in einer Mitteilung des Königshofs die Notwendigkeit, Syriens Sicherheit zu schützen. Jordanien grenzt im Norden an Syrien.
"Große Befreiung für Land und Menschen"
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach auf der Plattform X von einem "vorsichtigen Tag der Hoffnung auf einen friedlichen Übergang, der allen Religionen und Ethnien gleiche Rechte sichert und frei von Rachegedanken ist."
Die Grünen-Vorsitzende, Franziska Brantner, sagte der dpa, die Lage in Syrien sei sehr komplex. Neben der Erleichterung über den Sturz des Diktators bestehe die Sorge, "dass andere Extremisten weiteres Leid über das Land bringen könnten". Deswegen müsse es jetzt darum gehen, dass die Konfliktparteien in Syrien "einen Weg zum Frieden ebnen". Zentral sei hierbei der Schutz der Minderheiten. Die Europäische Union müsse jetzt ihren Beitrag leisten, um diesen Prozess zu unterstützen.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat das Ende der Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad in Syrien als "eine große Befreiung für das Land und die Menschen" bezeichnet. "Die Hölle von Assad ist nach 13 Jahren beendet", sagte Röttgen dem "Spiegel" mit Blick auf den Bürgerkrieg in Syrien, der 2011 begonnen hatte.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters