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Corona in Australien: Melbourne im Lockdown – so läuft das Leben ab


Melbourne im Corona-Lockdown
"Es wird keine Hoffnung verbreitet. Das finde ich schwierig"


Aktualisiert am 17.08.2020Lesedauer: 4 Min.
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Straße in Melbourne: Es sind kaum Menschen oder Autos zu sehen.Vergrößern des Bildes
Straße in Melbourne: Es sind kaum Menschen oder Autos zu sehen. (Quelle: AAP Image/James Ross/reuters)

Vor zwei Wochen hat der australische Bundesstaat Victoria den Katastrophenfall ausgerufen. Über den Lockdown und die extreme Situation in Melbourne sprach t-online.de mit Natasha Pierce aus Melbourne, die direkt betroffen ist.

Für Natasha Pierce sind die vergangenen Wochen eine enorme Belastungsprobe gewesen. Und so schnell wird die noch nicht vorbei sein. Die 29-Jährige lebt in Narre Warren South, einem Vorort von Melbourne, der aber noch zur Metropolregion zählt. "Der Lockdown gefällt mir nicht, aber ich verstehe, warum er notwendig ist. So denken die meisten hier", sagt sie t-online.de. Vielen sei klar, wenn jetzt richtig gehandelt werde, sei alles im September hoffentlich vorbei und ein halbwegs normaler Alltag wieder möglich. "Australier lieben den Sommer, der bei uns ja bald kommt, und Weihnachten. Da will niemand einen Lockdown", sagt sie.

Die Menschen in Melbourne müssen zu Hause bleiben und dürfen nur zum Einkaufen, zur Bewegung, zur Arbeit oder für Pflege- und Arztbesuche ihr Haus verlassen. Besuche bei der Familie und Freunden sind dadurch kaum möglich. "Meine Großmutter lebt in einem anderen Bundesstaat", erzählt Natasha Pierce. Um sie zu besuchen, müsste Pierce mindestens zwei Wochen in Quarantäne und die Kosten für ein Hotel selbst tragen. "Sie ist schon 82 Jahre alt und wir wissen nicht, ob wir sie dieses Jahr überhaupt nochmal sehen. Das macht mir Angst."

Pflegeheime stark von Pandemie betroffen

Die Situation in Alten- und Pflegeheimen sei angespannt. "Das Virus verbreitet sich dort schnell und es tötet. Es ist wirklich traurig, eigentlich sollten die Menschen dort sicher sein." Von aktuell etwa 7.800 aktiven Fällen in Melbourne lassen sich circa 2.000 auf Altenheime zurückverfolgen – und fast 1.200 auf Mitarbeiter des Gesundheitswesens. "Hier in Australien kann man als Krankenpfleger auch für Agenturen arbeiten. Dann ist man einen Tag in diesem Krankenhaus, am nächsten Tag in einem anderen", sagt Natasha Pierce. "Ich möchte im Moment wirklich keine Krankenschwester sein, das ist gerade wirklich gruselig."

Auch ihre Eltern habe sie schon lange nicht mehr richtig gesehen, obwohl sie in der Nähe wohnen. Dort habe sie nur ihre Kinder einmal abgegeben, um allein einkaufen zu fahren. Die Auswirkungen der Corona-Krise sind bei Lebensmitteleinkäufen deutlich spürbar. "Man muss die Mahlzeiten besser planen, weil nur eine Person pro Haushalt am Tag einkaufen gehen darf. Viele Lebensmittel werden aus anderen Teilen Australiens importiert. Das ist teurer geworden, und das zahlen wir im Supermarkt natürlich mit“, sagt Pierce.

"Mein Sohn vermisst seine Freunde"

Doch am schwierigsten empfindet Natasha Pierce den Lockdown, wenn es um ihre Kinder geht. Ihr fünfjähriger Sohn und seine eineinhalbjährige Schwester dürfen in den Kindergarten gehen, weil Pierce weiterhin mit offizieller Erlaubnis im Büro arbeitet. Dort würden normalerweise bis zu 95 Kinder betreut, aktuell seien es nur noch etwa 20. "Das ist schon anders für die Kinder. Mein Sohn mag das nicht, er vermisst seine Freunde." Zudem habe er Asthma, was in Verbindung mit dem Coronavirus ein erhöhtes Risiko eines schweren Verlaufs darstelle. "Das macht mich nervös." Die Einschränkungen seien hart mit zwei kleinen Kindern, sagt Pierce. Denn auch die Spielplätze sind geschlossen. "Wir leben zum Glück neben einem Park, aber ich höre von vielen, dass sie wegen der Regel, sich nur in einem Umkreis von fünf Kilometern aufzuhalten, nur durch die eigenen Straßen laufen können."

Generell sei deutlich mehr Polizei unterwegs als normalerweise, beobachtet Natasha Pierce. Und ein Verstoß gegen die Lockdown-Regeln sei teuer. "Wenn mich zu Hause Leute besuchen würden, müsste jeder 4.500 Dollar zahlen. Es lohnt sich einfach nicht", sagt sie. Die meisten Menschen würden sich allerdings an die Einschränkungen halten. "Es gibt aber schon auch Leute, die meinen, das Virus sei nicht echt oder die sich nicht vorschreiben lassen wollen, eine Maske zu tragen."

Frage nach Ende der Pandemie frustriert

Selbst ihr fünfjähriger Sohn verstehe schon gut, worum es jetzt geht, erzählt Natasha Pierce. Der kleine Junge wisse, dass er seine Freunde wegen des Coronavirus nicht besuchen könne und dass andere Menschen krank werden könnten, wenn er infiziert sei. Er fragt seine Mutter oft, wann wohl alles wieder vorbei ist. "Aber was soll man da antworten?"

Das sei letztlich die Frage, die auch Pierce am meisten frustriert. "Ich verstehe, dass die Politiker nicht sagen können 'Dann und dann sind wir fertig' – sie wissen es ja selbst nicht. Aber es gibt keine Informationen darüber, worauf gewartet wird, welche Kriterien erfüllt werden müssen." Es werde keine Hoffnung verbreitet und es gehe derzeit immer nur darum, was jetzt getan werden müsse. "Es geht aber nie um die Zukunft, obwohl die Zahlen gesunken sind. Das finde ich schwierig für die Psyche", denkt Natasha Pierce.

Trotz allem versucht die 29-Jährige positiv zu denken: "In unserer Welt will man alles immer sofort. Jetzt müssen wir lernen zu warten und unser Leben besser zu planen. Vielleicht ändert das einige Dinge zum Besseren."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters
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