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Zum Tod von Ferdinand Piëch: Am Ende blieb ihm nur das Geld


Am Ende blieb ihm nur das Geld

Ein Nachruf von Ursula Weidenfeld

27.08.2019Lesedauer: 4 Min.
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Ferdinand Piëch: Der langjährige VW-Vorstands- und Aufsichtsratschef ist tot.Vergrößern des Bildes
Ferdinand Piëch: Der langjährige VW-Vorstands- und Aufsichtsratschef ist tot. (Quelle: Julian Stratenschulte/dpa-bilder)

Unter ihm feierte Volkswagen seine größten Erfolge – und erlebte seine gewaltigsten Skandale. Jetzt ist der geniale Stratege Ferdinand Piëch gestorben. Seine letzten Jahre waren still.

Ferdinand Piëch ist tot. Der frühere Großaktionär, Vorstands- und Aufsichtsratschef des Volkswagen-Porsche-Konzerns starb am vergangenen Sonntagabend 82-jährig in Rosenheim. Piëch war ein genialer Ingenieur, ein großartiger Stratege, ein gefürchteter Gegner, ein nachtragender Feind und in den letzten Jahren vor allem: eine tragische Figur. Er war der schillerndste Unternehmenslenker, den ein deutsches Unternehmen in den vergangenen fünfzig Jahren hatte.

Wie kein anderer hat Piëch Volkswagen seit den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts geprägt – im Guten wie im Schlechten. Piëch entwickelte die Firma zum größten Autokonzern der Welt. Er machte den beschaulichen Wolfsburger Mittelklasse-Autobauer zu einem Unternehmen, das Klein- und Luxus-Autos bauen konnte, solide Benzin-Sparer und imposante SUVs. Er führte die Firma aus tiefroten Zahlen in die Gewinnzone. Er erfand die Plattformstrategie, wonach der Konzern bis heute verschiedene Modelle unterschiedlicher Marken mit denselben Grundkomponenten baut.

Der Chefposten bei Porsche wurde ihm zunächst verwehrt

Ferdinand Piëch war der Enkel des legendären Unternehmensgründers und Autokonstrukteurs Ferdinand Porsche. Der Großvater war das Vorbild und das Maß, an dem er sich ausrichtete. Studienkollegen an der Universität ETH Zürich erzählen, dass der Kommilitone schon in seinem Ingenieurstudium von morgens bis abends nur eines tat: Motoren zeichnen. Darin war er so gut, dass Mercedes einen seiner Antriebe in Serie übernahm.

Er träumte von dem Chefposten bei Porsche, der ihm jedoch verwehrt wurde: Piëch hatte als Sohn der Porsche-Tochter Louise den falschen Nachnamen. Zudem gab es reichlich Enkel mit dem richtigen Namen, die auch gerne Karriere in Stuttgart gemacht hätten. So mussten am Ende alle gehen.

Sein größter Triumph erwuchs aus einem Skandal

Über eine Station bei Audi gelangte Piëch schließlich 1993 zu Volkswagen. Er wurde der Chef, unter dem Volkswagen seine größten Erfolge feierte, und seine gewaltigsten Skandale erlebte. Mit millionenschweren Strafzahlungen musste er sich von dem Vorwurf freikaufen, in den Neunzigerjahren bei Opel nicht nur Manager abgeworben, sondern auch Produktionstechnologien entwendet zu haben. Der Loyalität seines ehemaligen Personalvorstandes Peter Hartz hatte er es zu verdanken, dass die Verantwortung für den Volkswagen-Korruptionsskandal nicht bei ihm landete. Volkswagen hatte seit 1993 über Jahre hinweg Betriebsräte bestochen, sie mit Sonderzahlungen, Bordellbesuchen und aufwendigen Reisen verwöhnt, um die Zustimmung zu schwierigen Personalentscheidungen zu bekommen. Piëch, der intern wegen seiner Detailversessenheit schon mal "Fugen-Ferdi" genannt wurde, habe davon nichts gewusst, beteuerte Hartz.

Auch sein größter Triumph erwuchs aus einem Skandal. Piëch setzte sich 2009 gegen den Versuch des damaligen Porsche-Chefs Wendelin Wiedeking zur Wehr, von der Tochterfirma Porsche aus die Kontrolle über den gesamten Volkswagen-Konzern zu erlangen. Die Eigentümer-Familien Porsche und Piëch machten die Übernahmepläne zunichte, Wiedeking musste gehen. Volkswagen und Piëch übernahmen die Kontrolle bei Porsche. Erstmals seit fast vierzig Jahren hatte ein Familienmitglied wieder die Macht bei Porsche. Ein Piëch, kein Porsche. Es war ein später Sieg.

Piëch ist nun mächtiger denn je – sechs Jahre lang zieht er die Fäden bei Volkswagen, Porsche, Skoda und Seat, bei Bentley, Lamborghini, Bugatti und bei den Nutzfahrzeugherstellern MAN und Scania.


Nach seinem Belieben werden Manager angeworben und gefeuert. Um Volkswagen herum ändern sich die Zeiten, ein anderer, kooperativer Manager-Typ ersetzt die Alpha-Tiere an der Spitze. Aufsichtsräte beginnen, ihr Mandat ernst zu nehmen und tatsächlich zu kontrollieren – nur der Wolfsburger Konzern wird immer noch geführt wie ein Familienunternehmen in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts. Selbst die Ministerpräsidenten von Niedersachsen, als Miteigentümer des Volkswagen-Konzerns Aufsichtsräte in Wolfsburg, ducken sich weg, wenn der Patriarch seine einsamen Entscheidungen trifft. Das Unbehagen wächst, doch noch wagt es niemand, Piëch infrage zu stellen.

2015 folgt der Bruch mit Volkswagen

Bis er sich 2015 mit den Worten "ich bin auf Distanz" von seinem Ziehsohn und Konzernchef Martin Winterkorn absetzt. Er wirft Winterkorn Selbstüberschätzung und Versagen vor. Zu diesem Zeitpunkt aber halten die anderen Mitglieder des Aufsichtsrats zu Winterkorn. Die Abgasaffäre ist noch nicht ausgebrochen, der Vorstandschef ist im Aufsichtsrat unangefochten.

Piëch kämpft um die Macht, er verliert auf ganzer Linie. 2015 trennt er sich endgültig von Volkswagen. Er tritt als Aufsichtsratsvorsitzender zurück und verkauft seine Anteile. Verbittert verfolgt er in seinem österreichischen Haus den Niedergang Winterkorns. Er erzählt den Staatsanwälten, Winterkorn und einige Aufsichtsratsmitglieder hätten frühzeitig von der Abgasaffäre gewusst, er habe von dem Verdacht erfahren und sie informiert. Die anderen Aufsichtsratsmitglieder bestreiten das.


Es wird einsam um Piëch. Und ruhig. Nur über den Sohn Anton, der einen Elektrosportwagen mit dem Namen "Piëch Mark Zero" konstruiert, lässt er in diesem Frühjahr wissen, er habe nichts mit der Sache zu tun und finde die Namenswahl unglücklich.

Drei Dinge seien ihm wichtig, so hat Piëch einmal gesagt: Volkswagen, Familie, Geld. Am Ende blieb ihm nur das Geld.

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