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Shinkansen & Co.: Warum Asiens Superzüge den ICE abhängen


Gastkolumne
Asiens Superzüge hängen den ICE ab

Von Ekkehard Wiek für t-online.de

Aktualisiert am 06.05.2016Lesedauer: 3 Min.
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Japanische Shinkansen-Superzüge auf ihren Parkpositionen im Tokioter Hauptquartier.Vergrößern des Bildes
Japanische Shinkansen-Superzüge auf ihren Parkpositionen im Tokioter Hauptquartier. (Quelle: dpa-bilder)

Als er 1991 zu seiner ersten Fahrt aufbrach, war er der ganze Stolz der Deutschen Bahn: der ICE. Doch Unglücke und Wetter-bedingte Ausfälle lasten auf dem Image des ICE. Die asiatischen Superzüge haben unsere Hochgeschwindigkeitszüge abgehängt.

Der Hochgeschwindigkeitszug von Siemens sollte eigentlich auch zum Exportschlager werden. Das Zugunglück bei Eschede versetzte den Hoffnungen 1998 jedoch einen empfindlichen Dämpfer. Seither hat sich zwar viel getan. Die Züge sind komfortabler geworden und sie sind auch recht zuverlässig.

Deutsche Bahn mit Zuverlässigkeitsdefiziten

Doch die zunehmende Komplexität der Systeme hat auch ihre Schattenseiten. Trifft die hochmoderne Technik auf extreme Wetterlagen, kommt es immer wieder zu erheblichen Zuverlässigkeitsdefiziten. Anders die asiatischen Superzüge: Auf den Weltmärkten fahren sie dem ICE schon längst davon.

Das älteste und sicherste Hochgeschwindigkeitssystem betreiben die Japaner mit den Shinkansen-Zügen. Während der über 40-Jährigen Betriebsphase ist noch nie ein Mensch in einem "Shinkansen bullet train" ums Leben gekommen.

Shinkansen werden auf Zuverlässigkeit getrimmt

Die Shinkansen-Züge sind herausragend pünktlich. Die durchschnittliche Verspätungszeit beträgt 24 Sekunden, Betriebsunterbrechungen bei Taifunen oder Erdbeben bereits mit einberechnet. Mensch und Maschine werden unermüdlich auf Zuverlässigkeit getrimmt.

Fährt ein Shinkansen-Führer auf einer Teilstrecke eine Verspätung von mehr als 15 Sekunden ein, hat er sich dafür schriftlich zu verantworten. Die Null-Fehler-Politik setzt sich bei der Technik fort. Durch fristbestimmte Wartung und den vorbeugenden Austausch von Verschleißteilen fallen Shinkhansen-Züge so gut wie nie aus.

Die Lebensdauer der Superzüge ist von vornherein auf zwölf bis 16 Jahre begrenzt - sofern keine Runderneuerung erfolgt, die dann aber so gründlich ist, dass praktisch ein neuer Zug auf den Schienen steht. Eine zustandsabhängige Wartung kommt für die Japaner nicht infrage.

Kein Mischbetrieb mit 'normalen' Zügen

Eine Besonderheit stellt auch das Shinkansen-Streckennetz dar. Die im Durchschnitt 248 Stundenkilometer schnellen Züge fahren ausschließlich auf Hochgeschwindigkeitsstrecken. Einen Mischbetrieb mit langsamen Zügen wie in Europa gibt es nicht. In dicht besiedelten Gebieten sind die Strecken hochgelegt, sodass auch hier mit maximaler Geschwindigkeit gefahren wird.

Wartungsarbeiten erfolgen ausschließlich in der betriebsfreien Nachtzeit von 24 Uhr bis 6 Uhr und werden in dieser Zeit auch abgeschlossen. Für den Winter gibt es Weichenheizungen, Heißluft-Schmelzanlagen und Warmwasser-Sprenkleranlagen. "Alle reden vom Wetter. Wir nicht" – bei den Shinkansen-Zügen ist der deutsche Werbespruch Realität.

Schon beinahe in der Zukunft angekommen sind die Chinesen mit ihren "Bullet"-Zügen, die mit einer Geschwindigkeit von bis zu 350 Stundenkilometern durch die Ebenen schießen. Die längste Hochgeschwindigkeitsstrecke der Welt verläuft zwischen Peking und Kanton. Die 2298 Kilometer Strecke legen die Passagiere in knapp acht Stunden zurück. Bis zum Jahr 2020 soll das Hochgeschwindigkeitsnetz in China auf 50.000 Streckenkilometer anwachsen.

Milliarden-Geschäfte locken

Wer das für Fantasterei hält, der sollte bedenken, dass China erst 2007 mit dem Bau der Hightech-Trassen begann. Als die Strecke Peking-Kanton 2012 eingeweiht wurde, waren bereits 8358 Kilometer Strecke fertiggestellt.

Der Markt für Superschnellzüge beträgt mehr als 100 Milliarden Dollar pro Jahr und Chinas große Bahngesellschaften CSR und CNR wollen von diesem Kuchen ein möglichst großes Stück abhaben. Ihre Erfolge im eigenen Land geben ihnen gute Argumente an die Hand.

Mit Argentinien wurde ein zehn Milliarden Dollar-Deal zur Lieferung chinesischer Bahntechnik abgeschlossen. In Brasilien ist man unter den Bewerbern für das Hochgeschwindigkeitsprojekt Sao Paulo - Rio de Janeiro und auch auf Australiens 800 Kilometer-Neubaustrecke Melbourne - Sydney sind CSR und CNR dabei. Bereits weit gediehen ist die 3000-km-Strecke zwischen Kunming über Bangkok bis nach Singapur.

Seit Langem gehört Afrika zu den chinesischen Einflusssphären. Vor Kurzem kündigte der chinesische Premier Li Keqiang an, dass China sämtliche afrikanischen Hauptstädte mit Hochgeschwindigkeitsstrecken verbinden wolle. Sein Land werde den afrikanischen Staaten dafür mehr als 30 Milliarden Dollar zu günstigen Konditionen zur Verfügung stellen.

Auch nach Europa sollen die chinesischen Bullet-Trains rollen. Geplant sind zwei Hochgeschwindigkeitsstrecken: Eine davon - von Urumqi über Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Iran und die Türkei bis nach Berlin - ist schon im Stadium der konkreten Projektierung.

Der Autor, Dr. Ekkehard J. Wiek, ist Vermögensverwalter und Asien-Fondsmanager bei Straits Invest Pte Ltd in Singapur.

Hinweis: Die Meinung von Gastautoren ist unabhängig von der Meinung der Redaktion von t-online.de.

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