Studie entlarvt Risikofaktoren Alzheimer zeigt sich bei Frauen anders als bei Männern
Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz. Männer und Frauen haben unterschiedliche Risikofaktoren, die dem Ausbruch der Erkrankung vorausgehen, fanden Forscher heraus.
In Deutschland leben Schätzungen zufolge rund 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenz, die häufigste Form ist Alzheimer. Die Forschung widmet sich dieser Erkrankung ausführlich. So ergab etwa eine Studie jüngst, dass es im Schnitt über dreieinhalb Jahre dauert, bis die Krankheit diagnostiziert wird.
Nun kommt eine große US-Studie zu dem Ergebnis: Männer und Frauen entwickeln die Krankheit nicht nur unterschiedlich häufig, auch ihre Begleiterkrankungen, Symptome und Risikofaktoren unterscheiden sich deutlich.
Frauen mit höherem Risiko
Rund zwei Drittel aller Alzheimer-Erkrankten sind Frauen. Als Erklärung wird gern angeführt, dass Frauen älter werden und damit das Erkrankungsrisiko steigt. Zudem gibt es Unterschiede bei den Hormonen im Erbgut. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine über 65-jährige Frau an Alzheimer erkrankt, liegt bei 21 Prozent, bei Männern bei 11 Prozent. Und es gibt noch andere große Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Was ist Alzheimer?
Alzheimer ist eine Erkrankung des Gehirns. Vereinfacht gesagt: Bei den Betroffenen stören bestimmte Eiweißansammlungen (Plaques) die Kommunikation der Nervenzellen. In der Folge kommt es zu Gedächtnis- und Sprachstörungen sowie zu einer Beeinträchtigung der Wahrnehmung und der örtlichen und zeitlichen Orientierung.
So war die Studie aufgebaut
Für ihre Studie analysierten kalifornische Forscher die Daten von 6.212 Patientinnen und Patienten mit Alzheimer, die zwischen 2016 und 2020 in den USA diagnostiziert wurden. Unterschieden wurde zwischen zwei Formen: die früh einsetzende Erkrankung (EOAD) vor dem 65. Lebensjahr und der später einsetzenden Variante (LOAD).
Neben Alter und Geschlecht wurden weitere Faktoren ausgewertet:
- Vorerkrankungen wie Osteoporose, COPD oder Schlaganfall
- Eingesetzte Medikamente
- Laborwerte wie Vitamin D oder Magnesium
- Lebensstilfaktoren wie Alkohol- und Tabakkonsum
Ziel war es herauszufinden, bei welchen Krankheiten und Gewohnheiten sich Männer und Frauen mit Alzheimer unterscheiden.
Das fanden die Forscher heraus
Die Mehrheit der Teilnehmer war von der Spätform betroffen (Durchschnittsalter: 86 Jahre). Dabei zeigten sich folgende Muster.
Männer zeigten dabei häufiger:
- gestörte Blutfettwerte,
- Durchblutungsstörungen,
- Schlafapnoe,
- Lungenentzündungen,
- Alkoholkonsum.
Frauen litten unter:
- Osteoporose,
- Harnwegsinfektionen,
- rheumatoider Arthritis,
- Herzschwäche,
- COPD (eine Lungenerkrankung).
Deutlich wird: Bei Männern spielen vor allem Gefäß- und Atemwegserkrankungen eine zentrale Rolle für die Entstehung und den Verlauf der Demenz. Krankheiten wie Schlafapnoe oder chronische Durchblutungsstörungen können das Gehirn über längere Zeit unterversorgen und kognitive Fähigkeiten abbauen. Alkohol wirkt zusätzlich als Risikofaktor, da er die Schädigung von Nerven- und Gefäßzellen verstärken kann.
Bei Frauen hingegen stehen hormonelle Veränderungen nach der Menopause im Fokus. Der Rückgang von Östrogen kann die Belastbarkeit des Gehirns verringern. Gleichzeitig treten bei älteren Frauen häufiger entzündliche Erkrankungen wie Arthritis oder Infektionen wie Harnwegsentzündungen auf. Diese können bestehende kognitive Beeinträchtigungen verschärfen – zum Beispiel durch akute Verwirrtheitszustände, Erschöpfung oder einen geschwächten Allgemeinzustand.
Die Zusammenfassung der Wissenschaftler
Bei der seltenen Frühform zeigten Männer vor allem Gang- und Durchblutungsstörungen, COPD und erhöhten Alkoholkonsum. Bei Frauen ließen sich Osteoporose, Angststörungen und die Einnahme von Antipsychotika beobachten. Männer zeigten damit früh motorische Störungen, noch bevor das Gedächtnis nachließ. Frauen dagegen zeigten öfter emotionale Symptome wie Angst oder Anspannung.
Zusammenfassend für beide Alzheimer-Formen fanden die Forscher heraus:
Diese Vorerkrankungen sind häufig:
- Schlafapnoe (vor allem bei Männern mit LOAD)
- Osteoporose (besonders bei Frauen)
- Gefäßleiden (häufig bei Männern)
- COPD und Lungeninfektionen
Diese Medikamente wurden eingesetzt:
- Männer erhielten häufiger Alzheimer-Medikamente wie Memantin und Cholinesterase-Hemmer.
- Frauen bekamen häufiger Valproat zur Beruhigung und Antipsychotika.
Diese Laborwerte waren auffällig:
- Vitamin-D-Mangel war bei vielen Patientinnen nachweisbar.
- Magnesiummangel trat seltener auf, könnte aber bei Frauen mit Osteoporose und Erschöpfung bedeutsam sein.
Lebensstil als Risikofaktor
- Alkoholkonsum war bei Männern mit beiden Alzheimer-Formen deutlich erhöht.
- Rauchen wurde seltener dokumentiert, trat aber häufiger bei COPD auf.
Bessere Früherkennung
Die Ergebnisse machen deutlich: Männer und Frauen erkranken nicht nur unterschiedlich häufig an Alzheimer, sie bringen auch unterschiedliche Begleiterkrankungen und Risikofaktoren mit. Die Studienautoren erklären, dass das Verständnis geschlechtsspezifischer Risikofaktoren dabei helfen kann, die Diagnostik zu verbessern, gezielte Behandlungen zu entwickeln und die Versorgung von Männern und Frauen mit Alzheimer zu verbessern.
- frontiersin.org: "Addressing Gender Bias in Alzheimer's Disease Research: The Need for a Women-Centered Approach" (Englisch)
- news-medical.net: "Alzheimer’s risk factors look different for men and women" (Englisch)
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.