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Infektionsschutzgesetzes: Das sagen die Länder zur geplanten Notbremse


Pläne der Regierung
Das sagen die Bundesländer zur Corona-Notbremse

Von t-online, sje

Aktualisiert am 13.04.2021Lesedauer: 7 Min.
Winfried Kretschmann: Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg findet die Corona-Notbremse des Bundes gut.Vergrößern des BildesWinfried Kretschmann: Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg findet die Corona-Notbremse des Bundes gut. (Quelle: Bernd Weißbrod/dpa)
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Die geplante Corona-Notbremse muss noch durchs Parlament. Im Bundesrat könnte sie dabei an den Bundesländern scheitern. Viele Ministerpräsidenten kritisieren die Neufassung des Gesetzes massiv.

Am Vormittag beschloss das Kabinett den Entwurf für eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 für drei Tage soll eine bundeseinheitliche Corona-Notbremse greifen, so das Vorhaben der Regierung. Welche Regeln genau geplant sind, lesen Sie hier. Kanzlerin Merkel erklärte, es handle sich um einen "wichtigen und dringenden Beschluss", die einheitlich Notbremse sei "überfällig".

Doch aus den Bundesländern kam schon im Vorfeld teils heftige Kritik. In Beratungen am Montag, die sich bis in die Nacht zogen, wurde der Gesetzesentwurf daher vom Kabinett entschärft. Nächste Woche soll die Notbremse Thema im Bundesrat sein. Hier wird keine explizite Zustimmung benötigt, dennoch könnten die Länder das Vorhaben per Einspruch noch stoppen.

Beim Infektionsschutzgesetz handelt es sich um ein sogenanntes Einspruchsgesetz. Nachdem der Bundestag die Änderung verabschiedet hat, muss der Bundesrat nicht ausdrücklich zustimmen. Die Länder haben hier lediglich die Möglichkeit, Einspruch einzulegen. Geschieht dies, wird das Gesetz an den Bundestag zurückverwiesen. Stimmt der Bundesrat mit einer absoluten Mehrheit, also mit mindestens der Hälfte der Mitglieder, für den Einspruch, kann der Bundestag die Länder mit einer absoluten Mehrheit überstimmen. Findet sich im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit für den Einspruch, muss auch der Bundestag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für das Gesetz stimmen, damit es trotzdem in Kraft tritt.

Das sagen die einzelnen Bundesländer zur bundesweiten Corona-Notbremse:

Baden-Württemberg: "Es ist richtig"

Der baden-württembergische Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) begrüßt die Notbremse. "Ich finde das gut, es ist richtig", sagte der Regierungschef in Stuttgart. "Wir sind in der Pandemie und jetzt wird's so gemacht." Die steigende Zahl der Neuinfektionen bereite ihm zunehmend schwere Sorgen, sagte Kretschmann. "Mir brennt der Kittel aufgrund der Zahlen, die wir da haben, aber wirklich volle Kanne."

Bayern: Keine Blockade geplant

Der Freistaat wird das Gesetzesvorhaben trotz eines Neins der Freien Wähler in der bayerischen Staatsregierung nicht blockieren. Die CSU hatte wiederholt betont, sie unterstütze die Pläne des Bundes. Damit Bayern im Bundesrat Einspruch einlegt, müssten sich beide Koalitionäre einig sein, "ansonsten bleibe die Hand eben unten", sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). Er betonte aber auch, dass erst in der kommenden Woche im bayerischen Kabinett abschließend beraten werde. Die Freien Wähler kritisieren, dass Bayern durch das Gesetz Kompetenzen an den Bund verlagere.

Berlin: Kritik an Ausgangssperren

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kritisierte am Montagabend in der RBB-"Abendschau" die geplanten Ausgangsbeschränkungen. "Abends alleine oder zu zweit spazieren zu gehen, ist keine große Gefahr", sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz. "Es gibt einige Ministerpräsidenten, die so wie ich sagen, 'Vorsicht, Vorsicht, nicht über das Ziel hinausschießen'", so Müller weiter. Bei einer Inzidenz von über 100 plädiere er für einen bundeseinheitlichen Rahmen, sagte Müller. "Aber dass es ein bisschen Bewegungsfreiheit gibt und man auch regional angepasst entscheiden kann, das würde ich auch für wichtig halten."

Brandenburg: Keine langwierigen Verfahren

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte in den vergangenen Tagen für ein zügiges Verfahren für einheitliche Regeln plädiert. "Brandenburg hat sich stets für bundeseinheitliche Regeln zur Eindämmung der Pandemie stark gemacht", sagte er. "Wenn die Änderung des Bundesinfektionsschutzgesetzes dazu beiträgt, ist das gut. Wir können uns aber keine langwierigen Gesetzesänderungsverfahren leisten, sondern brauchen schnelle Entscheidungen. Die dritte Welle der Pandemie macht keine Pause." Zum Beschluss des Bundeskabinetts hat er sich noch nicht geäußert.

Bremen: Zu tiefer Eingriff in die Privatsphäre

Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte sich am Wochenende kritisch zu Teilen der geplanten Gesetzesänderung geäußert. "Der vorliegende Entwurf greift tief, meines Erachtens in manchen Bereichen unverhältnismäßig tief in die Privatsphäre ein und nimmt gleichzeitig die Infektionsgefahren in den Betrieben nicht ernst genug", sagte Bovenschulte dem "Tagesspiegel" vom Sonntag.

Konkret kritisierte Bovenschulte, dass ab einer Inzidenz von 100 automatisch Sport für Kleingruppen im Freien verboten werde. "Dass Sport im Freien verboten wird, bei dem es eine geringe Infektionsgefahr gibt, der aber für die Gesundheit der Menschen so wichtig ist, erschließt sich mir nicht". Wenn dann gleichzeitig die Fußball-Bundesliga einfach weitermachen könne, "dann befürchte ich schon, dass das die Akzeptanz der Menschen nicht gerade fördert".

Hamburg: Bundesregelung wird umgesetzt

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) kündigte am Dienstag an, dass die derzeitige Hamburger Lockdown-Verordnung so angepasst werde, dass keine Lücke bis zum Inkrafttreten des geplanten Bundesgesetzes entstehe. In den Kernpunkten werde es keine Abweichungen geben. "Ich sehe keine großen Veränderungen für uns in Hamburg", sagte der Bürgermeister. Er kündigte an, dass der Senat das Bundesgesetz 1:1 umsetzen werde.

Hessen: Maßnahmen verschärft

In Hessen wurde am Montag bereits eine Testpflicht für Schüler beschlossen. Die Regelung soll nach den Osterferien ab nächster Woche (19. April) gelten. Die Testverpflichtung zweimal pro Woche für Lehrer und Schüler sei derzeit unerlässlich für einen sicheren Schulbetrieb, betonte Kultusminister Alexander Lorz. Zudem ermöglichte das Land schafft bereits ab einer Inzidenz von 100 Ausgangssperren zwischen 21.00 Uhr und 05.00 Uhr morgens. Das hessische Eskalationskonzept ermöglichte zuvor Ausgangssperren ab einer Inzidenz von 200. Beide Schritte sind nun auch in der Notbremse des Bundes vorgesehen.

Zum Entwurf der Bundesregierung hat Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sich jedoch noch nicht geäußert. Er hatte sich in der Vergangenheit aber gegen eine zentralisierte Bekämpfung der Corona-Pandemie ausgesprochen. "Ich rate davon ab, das Regelwerk zu zentralisieren und die Gesetze zu verschärfen", sagte er dem Handelsblatt Ende März.

Mecklenburg-Vorpommern: Nicht auf Bundesgesetz warten

Als Reaktion auf die steigenden Infektionszahlen will Mecklenburg-Vorpommern die Vorkehrungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie schon jetzt ausweiten. Auf dem nächsten MV-Gipfel am Freitag und Samstag werde darüber beraten, welche zusätzlichen Schutzmaßnahmen für das Land ergriffen werden müssen, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) nach der Kabinettssitzung in Schwerin. "Wir können nicht auf ein Bundesinfektionsschutzgesetz warten, wir haben jetzt Handlungsbedarf."

Konkrete Maßnahmen nannte sie nicht, verwies jedoch darauf, dass mit Ausnahme von Vorpommern-Rügen alle Kreise und kreisfreien Städte im Nordosten Inzidenzwerte von über 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen hätten. Jenseits dieses Schwellenwertes müssen auch gemäß der bereits geltenden Notbremse Lockerungen der Schutzvorschriften wieder zurückgenommen werden.

Niedersachsen: Modellversuche sollen erlaubt bleiben

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte in Hannover: "Niedersachsen steht zu dieser Notbremse", betonte Weil. Das Land habe bereits jetzt strenge Regeln. Er drängt jedoch darauf, dass das Niedersachsen den Modellversuch zur Öffnung von Innenstädten trotz der geplanten Bundes-Notbremse umsetzen kann. Er werde dem Bund sehr raten, solche Modelle zuzulassen, sagte Weil. Im vorliegenden Entwurf der Bundesregierung sei das aber bisher nicht klar geregelt. "Wir brauchen solche Modelle, wenn Zahlen runter gehe, aber wir noch sehr, sehr vorsichtig sein müssen", so Weil.

Nordrhein-Westfalen: "Ich wünsche mit, dass es schnell geht"

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte an Ostermontag einen bundesweiten "Brücken-Lockdown" vorgeschlagen und dafür viel Kritik geerntet. Bezüglich der bundesweiten Corona-Notbremse wünschte er sich daher am Sonntag in der ARD eine schnelle Entscheidung: "Ich wünsche mir, dass es schnell geht", sagt der CDU-Chef. Laschet schloss nicht aus, dass sich seine Landesregierung im Bundesrat wegen des Widerstands des Koalitionspartners FDP enthalten muss. Man arbeite aber an einer möglichst breiten Mehrheit für den Gesetzentwurf.

Rheinland-Pfalz: Zweifel an Ausgangsbeschränkungen

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat die vorgesehene Testpflicht für Schulen kritisiert. "Kinder, die keine Einwilligung ihrer Eltern für einen solchen Test haben, haben dann keinen Anspruch, in die Schule zu gehen", sagte Dreyer in Mainz. Auch sprach sie sich gegen eine weitere Beschränkung der Quadratmeter-Flächen in den Geschäften aus, die geöffnet haben dürfen, ebenso gegen die Schließung von Außenbereichen von Zoos und Tierparks. Fraglich sei zudem, ob die Ausgangsbeschränkung als Automatismus verfassungsrechtlich gedeckt sei, sagte Dreyer. Dies müsse aber der Bundesgesetzgeber prüfen. "Wir werden dann schauen wie das Gesetz am Ende ausschaut, wenn es in den Bundesrat kommt."

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Saarland: Brauchen Entscheidungsspielraum

Das Saarland geht mit seinem Modellprojekt und deutlich weitreichenderen Öffnungen als im Rest Deutschlands bisher einen eigenen Weg. Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) forderte daher nach einem Telefonat mit seinem Kollegen Michael Kretschmer aus Sachsen am Freitag Entscheidungsspielräume auch bei einer Verschärfung auf Bundesebene. "Man braucht Entscheidungsspielräume, um auch auf die jeweilige besondere Situation in den Ländern reagieren zu können," hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Man sei immer so konsequent vorgegangen, wie es nötig war.

Sachsen: "Erheblicher Gesprächsbedarf"

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sah am Sonntag noch "erheblichen Gesprächsbedarf" bei der geplanten Neufassung des Infektionsschutzgesetzes. So dürften sich Regelungen für Einschränkungen nicht allein an Inzidenzwerten orientieren, erklärte der CDU-Politiker in Dresden. Als zusätzlicher Faktor müsse zum Beispiel die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems in Betracht gezogen werden, indem ein Bettenindikator als Grundlage für härtere Einschränkungen berücksichtigt wird. "Das ist aus meiner Sicht eine zwingende Voraussetzung für Akzeptanz in der Bevölkerung."

Wie Kretschmer weiter forderte, soll eine Eingriffsschwelle für die Ausgangssperre erst ab einer Inzidenz von 200 gelten. Außerdem müssten weitere Ausnahmen für den Einzelhandel in das Gesetz aufgenommen werden, "damit die Angelegenheiten des täglichen Bedarfs auch im Falle eines Brücken-Lockdowns weiterhin ermöglicht werden". Der Bund soll zudem auf Regelungen im Schulbereich verzichten. Schließlich müsse das Gesetz zeitlich befristet werden und automatisch auslaufen.

Sachsen-Anhalt: Kritik an Einspruchs-Regelung

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) äußerte Kritik an den gebrachten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes. "Als Bundesratspräsident sehe ich es als höchst kritisch an, dass dieses Bundesgesetz nur ein Einspruchsgesetz sein soll und kein Zustimmungsgesetz", sagte Haseloff am Dienstag in Magdeburg. Dadurch seien viele Dinge "nicht ausreichend geklärt", und es werde "auch mit unscharfen juristischen Formulierungen gearbeitet".

Auch gebe es durch den Entwurf "neue Unschärfen", etwa durch die geplante Trennung zwischen Bau- und Gartenmärkten. Skeptisch sieht Haseloff auch die geplante Schließung von Schulen ab einem Inzidenzwert von 200 in den Landkreisen und Städten. Wenn damit die regelmäßige Testung der Schüler entfalle, gebe es keine Kontrolle mehr, wie sich die Infektionsketten in den betreffenden Haushalten entwickelten, warnte er. Ausgangssperren lehnt Haseloff ab. Eine flächendeckende undifferenzierte Maßnahme, die nichts bringe, "verschleudert Ressourcen" etwa bei der Akzeptanz von anderen Maßnahmen, kritisierte der Ministerpräsident.

Schleswig-Holstein: "Regelungen, die wir nicht mittragen können"

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) unterstützt im Grundsatz bundeseinheitliche Maßnahmen zwar. "Wenn nicht überall so hart durchgegriffen wird, kann ich absolut verstehen, dass der Bund dann auch sagt, dass wir ein solches Gesetz brauchen", hatte er RTL am Montagabend gesagt. Allerdings sah er am Montag noch Nachbesserungsbedarf am Entwurf. "Dort sind Regelungen drin, die wir nicht mittragen können."

Thüringen: Lockdown wird an Bundesgesetz angepasst

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt: "Die Landesregierung hat immer für bundeseinheitliche Regelungen plädiert." Die Lockdown-Verordnung des Landes werde daher verlängert. Sie gelte in der bisherigen Form so lange, bis das neue Infektionsschutzgesetz beschlossen und in Kraft ist, erklärte der Regierungschef. "Alles, was zur Zeit in Thüringen gilt, bleibt zunächst unangetastet." Änderungen an der Verordnung würden dann entsprechend der Regelungen im Bundesgesetz vorgenommen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa, AFP, Reuters
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