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Stechuhr-Urteil: Arbeitszeiterfassung muss in Deutschland Pflicht werden


Arbeitszeiterfassung
Urteil: Stechuhr für alle soll kommen

Von dpa-afx, fho

Aktualisiert am 13.09.2022Lesedauer: 2 Min.
1351437634Vergrößern des BildesEine Mitarbeiterin eines US-Unternehmens meldet sich beim Zeiterfassungssystem an: Stechuhren sollen bald auch in deutschen Firmen Pflicht werden. (Quelle: halbergman/getty-images-bilder)
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In Deutschland wird Arbeitszeiterfassung zur Pflicht, urteilt das höchste Arbeitsgericht. Das hat weitreichende Folgen für viele Unternehmen.

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) besteht in Deutschland eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Darüber wird in der Ampelregierung, in der Wirtschaft und unter Arbeitsrechtlern derzeit noch heftig diskutiert.

Die Präsidentin des höchsten deutschen Arbeitsgerichts, Inken Gallner, begründete die Pflicht von Arbeitgebern zur systematischen Erfassung der Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten am Dienstag in Erfurt mit der Auslegung des deutschen Arbeitsschutzgesetzes nach dem sogenannten Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs.

Fachleute rechnen damit, dass das BAG-Grundsatzurteil (1ABR 22/21) weitreichende Auswirkungen auf die bisher in Wirtschaft und Verwaltung tausendfach praktizierten Vertrauensarbeitszeitmodelle bis hin zu mobiler Arbeit und Homeoffice haben kann, weil damit mehr Kontrolle nötig ist. Nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz müssen bisher nur Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht die gesamte Arbeitszeit.

Ampel plant Gesetzänderung

Die Ampelkoalition prüft derzeit eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: "Im Dialog mit den Sozialpartnern prüfen wir, welchen Anpassungsbedarf wir angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Arbeitszeitrecht sehen. Dabei müssen flexible Arbeitszeitmodelle (z.B. Vertrauensarbeitszeit) weiterhin möglich sein."

Experten schätzen das Urteil als weitreichend ein. "Die Frage ist: Kann ein Betriebsrat verlangen, dass die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers elektronisch erfasst wird, auch wenn der Arbeitgeber und vielleicht auch der Arbeitnehmer das gar nicht wollen?", sagt der Bonner Arbeitsrechtsprofessor Gregor Thüsing. Das Mitbestimmungsrecht sei geschaffen worden, "um Überwachung einzuschränken, nicht um sie zu erweitern".

Kontrolle stehe Vertrauensarbeitszeitmodellen entgegen. Und es gebe ja andere, bewährte Wege, Überstunden zu dokumentieren, so Thüsing. Auch Fachanwalt Michael Kalbfus von der Kanzlei Noerr in München sieht "weitreichende Konsequenzen für die Arbeitszeitmodelle".

Soziale Einrichtung als Kläger

Hintergrund für die Entscheidung ist die Frage, ob Betriebsräte die Einführung eines elektronischen Systems zur Arbeitszeiterfassung verlangen können. Es geht damit um das sogenannte Initiativrecht der Arbeitnehmervertreter. Das besteht zwar in vielen Bereichen, allerdings nicht bei technischen Einrichtungen, die auch zur Überwachung von Arbeitnehmern genutzt werden könnten.

Hier haben sie nach dem Betriebsverfassungsgesetz ein Mitbestimmungs-, quasi ein Abwehrrecht im Interesse ihrer Kolleginnen und Kollegen. In der Regel ergreifen Arbeitgeber die Initiative, um elektronische Zeiterfassungssysteme in Unternehmen, Büros oder Verwaltungen zu etablieren.

Nicht so in dem Fall einer sozialen Einrichtung in Nordrhein-Westfalen. Deren Betriebsrat hat sich bis zur dritten und letzten Arbeitsgerichtsinstanz in Erfurt geklagt, weil er höchstrichterlich festgestellt haben wollte, "dass für ihn ein Mitbestimmungsrecht zur initiativen Einführung einer elektronischen Zeiterfassung besteht" – kurz, dass er eine digitale Stechuhr verlangen kann. Dem Betriebsrat geht es dabei nicht um Überwachung, sondern um die Dokumentation von Überstunden der Arbeitnehmer. Schließlich könnten auch sie ein Interesse an einer elektronischen Zeiterfassung haben, "gerade wenn es um die genaue Erfassung von Arbeitszeit und Überstunden" gehe.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa-AFX
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