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Überblick zum Nahost-Krieg: Iran droht Israel bei Bodenoffensive in Gaza


Überblick zum Nahost-Krieg
"Alle Hamas-Mitglieder sind todgeweiht"

Von dpa, mam

26.10.2023Lesedauer: 7 Min.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (Archivbild): "Alle Hamas-Mitglieder sind todgeweiht."Vergrößern des BildesIsraels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (Archivbild): "Alle Hamas-Mitglieder sind todgeweiht." (Quelle: POOL/reuters)
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Benjamin Netanjahu hat den Willen der israelischen Regierung zu einer Bodenoffensive in Gaza bekräftigt. Das Regime im Iran sendet Drohungen an Tel Aviv.

Israel hält trotz internationaler Forderungen nach einem humanitären Waffenstillstand unbeirrt an seiner Planung für eine Bodenoffensive im Gazastreifen gegen die Terrororganisation Hamas fest. "Wir bereiten uns auf einen Bodenangriff vor. Ich werde nicht sagen, wann, wie und wie viele", sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Abend in einer Fernsehansprache. "Alle Hamas-Mitglieder sind todgeweiht – über der Erde, unter der Erde, in Gaza und außerhalb von Gaza."

Israel befinde sich mitten in einem "Kampf um seine Existenz", sagte Netanjahu. Tausende Terroristen seien seit dem Massaker der islamistischen Hamas an israelischen Zivilisten am 7. Oktober bereits getötet worden und dies sei "nur der Anfang".

Frankreichs Staatsführung stellte unterdessen den unter Durst und Hunger leidenden Menschen in dem dicht besiedelten Küstenstreifen medizinische Hilfe in Aussicht. t-online gibt einen Überblick zu den Geschehnissen des Tages um den Krieg im Nahen Osten.

Frankreich und China kündigen Hilfe für Gaza an

Frankreich will den Zivilisten in Gaza humanitäre Hilfe leisten. Ab heute sollen französische Flugzeuge mit medizinischem Material in Ägypten landen, wie Präsident Emmanuel Macron nach einem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi in Kairo ankündigte.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte zuvor mit, Krankenhäuser in Gaza müssten bereits wegen Treibstoffmangels schließen, weil sie so keinen Strom mehr haben. Israel blockiert die Lieferung von Treibstoff in das Gebiet, weil die Regierung befürchtet, dass die Hamas diesen für Terrorzwecke zu missbrauchen könnte. Diese habe selbst große Treibstoffvorräte, enthalte sie dem eigenen Volk aber vor.

Die Wasserknappheit im südlichen Teil des Gazastreifens entspannt sich indes leicht, da die UN-Organisationen UNRWA und Unicef Treibstoff aus Depots holen und zur Verfügung stellen konnten, wie das UN-Nothilfebüro Ocha mitteilte. Mit dem Treibstoff können Wasserpumpen betrieben werden.

Im Gazastreifen herrscht seit Jahrzehnten Wassernot. Normalerweise wird Trinkwasser jeden Tag mit Lastwagen angeliefert. Seit dem Überfall von Hamas-Anhängern auf Israel am 7. Oktober hat Israel die Lieferungen jedoch eingestellt. Auch die EU kündigte darum an, mit ihren Partnern in der Region zusammenarbeiten zu wollen, um Gaza Zugang zu Treibstoff zu sichern. Die EU appellierte zudem an die israelische Regierung, sich bei ihrem Vorgehen in Gaza an das Völkerrecht zu halten.

Auch aus Ägypten gibt es nun Hilfe für Gaza: Das Land lässt zur Behandlung palästinensischer Verletzter aus dem Gazastreifen nahe der gemeinsamen Grenze ein Feldlazarett errichten. Dieses werde hinter einem staatlichen Krankenhaus im Ort Scheich Suwaid gebaut, sagte ein ägyptischer Regierungsvertreter der Deutschen Presse-Agentur.

Die chinesische Regierung kündigte ebenfalls weitere humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen an. China werde dem Gazastreifen weitere 15 Millionen Yuan (rund 1,9 Millionen Euro) in Form von Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Gütern zur Verfügung stellen, zitierten chinesische Staatsmedien einen Sprecher der chinesischen Behörde für internationale Entwicklungszusammenarbeit. China hatte bereits zuvor Hilfe für die Menschen in Gaza auf den Weg gebracht. Die Volksrepublik ist enger Verbündeter des islamischen Regimes im Iran und dessen größter Handelspartner. Der Iran wiederum finanziert maßgeblich die Terrororganisation Hamas.

Israel stößt mit Panzern in Gazastreifen vor

Unterdessen geht der Krieg zwischen der Hamas und Israel unerbittlich weiter. Die israelische Luftwaffe bombardierte nach eigenen Angaben erneut zahlreiche Ziele im Gazastreifen. Wie das israelische Militär auf Telegram bekannt gab, hätten Kampfflugzeuge im Verlaufe des vergangenen Tages mehr als 250 "Terrorziele" angegriffen.

Dazu gehörten Kommandozentralen, Tunnelschächte und Raketenabschussrampen inmitten von Wohngebieten, von wo aus seit Kriegsbeginn auf israelisches Gebiet geschossen worden sei. Zudem hätten Soldaten eine Abschussbasis für Boden-Luft-Raketen der Hamas in der Gegend von Khan Younis im Süden des Gazastreifens getroffen, hieß es weiter.

Auch unternahm das israelische Militär erneut einen begrenzten Panzervorstoß im Norden des von der islamistischen Hamas beherrschten Gazastreifens. Es seien dabei in der Nacht "zahlreiche Terroristen, terroristische Infrastruktur und Abschussrampen für Panzerabwehrraketen" aufgespürt und angegriffen worden, teilte die Armee mit. Nach Beendigung des Vorstoßes hätten die Soldaten das Gebiet wieder verlassen. Es sei Teil der Vorbereitungen "für die nächsten Kampfphasen" gewesen, hieß es.

Militärsprecher Daniel Hagari sagte am Abend, die israelische Luftwaffe greife zur Vorbereitung auf eine Bodenoffensive weiter Ziele im Gazastreifen an. Dabei sei auch "Terrorinfrastruktur im Untergrund" getroffen worden. "Jeder Schlag verbessert unsere Situation für die nächsten Phasen", sagte Hagari. Unter dem dicht besiedelten Küstenstreifen verläuft ein weitreichendes Tunnelsystem, in dem auch Geiseln vermutet werden, die die Hamas bei ihrem Großangriff auf Israel entführt hatte. Mehr zu den deutschen Staatsbürgern in Gefangenschaft der Hamas lesen Sie hier.

Hamas setzt Terror gegen Israel fort und hindert Palästinenser wohl an Flucht

Die Hamas hindert indes Zivilisten im Gazastreifen nach israelischer Darstellung weiterhin an der Flucht aus dem besonders unsicheren Norden des Küstengebietes. Die israelische Armee fordere die Bevölkerung aus Sicherheitsgründen zur Flucht in den Süden auf, teilte das Militär am Donnerstag mit. Doch Hamas-Mitglieder würden unter anderem Straßenblockaden aufstellen.

In einem von der Armee veröffentlichten Gespräch berichtet ein Palästinenser zudem von Schüssen auf Zivilisten, die flüchten wollten. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Es sind allerdings laut Armeeangaben schon mindestens rund 700.000 Menschen in den Süden geflohen, die Vereinten Nationen sprechen sogar von 1,4 Millionen Vertriebenen durch die israelischen Luftangriffe.

Terroristen der Hamas hatten am Morgen eigenen Angaben zufolge zudem aus dem Gazastreifen erneut zwei Langstreckenraketen in Richtung Haifa im Norden und Eilat im Süden Israels abgefeuert. Laut Medien explodierte ein Geschoss in der Luft, das andere sei im Süden auf offenes Gelände gefallen. Berichte über Verletzte oder Schäden gab es zunächst nicht.

Auch während der darauffolgenden heftigen Luftangriffe durch die israelische Armee in dem Palästinensergebiet griffen die Hamas weiter mit Raketen an. In der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv heulten wieder die Warnsirenen, hieß es vonseiten der israelischen Regierung. Die Hamas hätten demnach seit Kriegsbeginn rund 8.000 Raketen auf Israel abgefeuert. Das teilte Regierungssprecherin Tal Heinrich am Abend mit.

Iran, seine Milizen und die USA

Die militärische Führung des Irans positionierte sich am Donnerstag außerdem erneut gegen Israel und gab vor, an der Seite der Palästinenser zu stehen. Der iranische Außenminister traf sich zu Gesprächen mit den Hamas und dem Kreml in Moskau. Im Falle einer Bodeninvasion im Gazastreifen stellte das Regime im Iran Israel eine Niederlage in Aussicht. "Lasst es mich Ihnen sagen: So wie der Stab des Mose zum Drachen wurde und die Heimtücke der Pharaonen durchkreuzte, so ist Gaza (...) der Drachen, der die Zionisten verschlingen wird, wenn sie den Boden betreten", zitierte die Nachrichtenagentur Tasnim den Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden (IRGC), Hussein Salami.

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Seit der Islamischen Revolution von 1979 ist Israel Irans erklärter Erzfeind. Teheran hat seit den 1990er Jahren seine politischen und militärischen Beziehungen in der Region ausgebaut, um mit der Unterstützung schiitischer Milizen eine "Achse des Widerstands" gegen Israel zu schaffen. Nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel lobte Irans Staatsführung die Attacke, wies eine direkte Verstrickung jedoch zurück. Mehr dazu lesen Sie hier.

Direkt braucht das Regime Iran jedoch auch gar nicht militärisch aktiv werden: Seit Beginn des Angriffs der Hamas auf Israel beanspruchen pro-iranische Milizen mehr als ein Dutzend Angriffe im Irak und Syrien für sich. Sie trafen nach eigenen Angaben mit Drohnen und Raketen unter anderem vom US-Militär genutzte Stützpunkte. Die USA gelten als enger Verbündeter und Unterstützer Israels.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte zählte sieben Angriffe auf Ziele der US-geführten Koalition zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien. Die US-Denkfabrik Washington Institute kam in einer Zählung auf insgesamt 18 Angriffe, davon 11 im Irak. Auch die pro-iranische Terrororganisation Hisbollah hatte Israel in den vergangenen Tagen attackiert. Im Grenzgebiet kam es am Donnerstag erneut zu einem Zwischenfall. Das israelische Militär habe im Nachbarland eine "Terrorzelle" angegriffen, deren Mitglieder versucht hätten, Raketen auf Ziele in Israel zu feuern, erklärten die Streitkräfte. Überprüfen lassen sich diese Angaben derzeit nicht.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin zeigte sich dennoch besorgt über eine mögliche Eskalation des Krieges. Zu beobachten sei derzeit die "Aussicht auf eine erhebliche Eskalation der Angriffe" auf US-Truppen in der gesamten Region. Ministeriumssprecher Patrick Ryder sagte, diese gehe von "iranischen Stellvertretern und letztlich vom Iran" aus. Doch würde das Regime tatsächlich eine Ausweitung des Krieges riskieren? t-online hat bei Ali Fathollah-Nejad, Politikwissenschaftler für den Nahen und Mittleren Osten und Direktor des Center for Middle East and Global Order (CMEG) nachgefragt. Das Interview lesen Sie hier.

Israelischer Minister kündigt "unabhängige" Untersuchung des 7. Oktober an

Ein israelischer Minister kündigte am Donnerstag außerdem die Bildung einer staatlichen Untersuchungskommission in Bezug auf den Hamas-Terrorangriff am 7. Oktober an. Diese solle nach dem Krieg "die Schuldfrage" auf israelischer Seite klären, sagte Kulturminister Miki Sohar der Internetseite ynet. Die Kommission werde "unabhängig" sein. "Die ganze israelische Bevölkerung wird sich auf sie verlassen können."

Netanjahu hat bisher keine direkte Verantwortung, für das politische und militärische Versagen am 7. Oktober übernommen. Im Gegensatz dazu hatten sich führende Vertreter von Militär und Geheimdienst zu ihrer Verantwortung bekannt. Auch kritisierten sie Netanjahus Handeln. "Anstatt unsere Feinde zu beobachten und uns für einen Krieg zu wappnen, kümmerte sich Netanjahu vor allem um eines: Er versuchte, Israel in eine Diktatur zu verwandeln", sagte etwa Noam Tibon, Ex-Generalmajor der israelischen Armee im Interview mit t-online.

Israels Präsident Izchak Herzog besuchte in der Beduinenstadt Rahat im Süden des Landes indes arabische Familien, deren Angehörige von der Hamas im Gazastreifen als Geiseln gehalten werden. "Dies ist kein Krieg zwischen Juden und Muslimen", sagte er in Bezug auf den Gaza-Krieg nach den Massakern im Auftrag der Hamas am 7. Oktober. "Dies ist ein Krieg zwischen den Menschen, die Licht bringen wollen und den Menschen, die Dunkelheit bringen wollen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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