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Jamaika: Sondierungsgespräche beginnen – "inhaltlich meilenweit entfernt"


Verhandlungen begonnen
Jamaika ist noch "meilenweit entfernt"

t-online, Jonas Schaible

Aktualisiert am 18.10.2017Lesedauer: 5 Min.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner (l) und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter.Vergrößern des BildesDer FDP-Vorsitzende Christian Lindner (l) und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. (Quelle: Wolfgang Kumm/dpa-bilder)
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von Jonas Schaible

Wie laufen die Sondierungsgespräche ab?

Am Mittwoch trifft sich die Union getrennt mit FDP und Grünen. Am Donnerstag wollen dann Grüne und FDP miteinander sprechen, ohne die Union. Zunächst geht es darum, sich kennenzulernen und den weiteren Verlauf zu klären. Das ist der eigentliche Sinn von Sondierungsgesprächen. Am Freitag sollen erstmals alle Sondierungsteams gemeinsam beraten. In dieser großen Runde könnte es dann auch schon um Inhalte gehen, heißt es.

Während bei CDU, CSU und FDP nur der Parteivorstand zustimmen muss, lassen die Grünen nach den Sondierungen einen Parteitag entscheiden, ob sie Koalitionsverhandlungen aufnehmen sollen. Anders als sonst müssen zentrale Fragen deshalb wohl schon vor den eigentlichen Koalitionsverhandlungen geklärt sein.

Wie viele Gespräche bis dahin nötig sind und wann Koalitionsverhandlungen beginnen könnten, ist derzeit noch unklar. Alle Seiten betonen, dass sich die Verhandlungen lange hinziehen können, die Sondierungen über Wochen, Koalitionsverhandlungen womöglich bis ins neue Jahr. Und dass unklar sei, ob sich eine Koalition finden wird.

Die alte Regierung bleibt geschäftsführend im Amt. Unabhängig davon wird sich am 24. Oktober der neue deutsche Bundestags konstituieren.

Können sich die Parteien einigen?

Die Parteien seien "inhaltlich meilenweit" entfernt, sagte der CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Der Grüne Spitzenkandidat Cem Özdemir sagte, er werde “keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, bei dem ich nicht halbwegs sicher bin, dass er für vier Jahre tragen kann." Und Wolfgang Kubicki, der für die FDP sondiert, sagte, er sehe die Chance auf ein Bündnis bei 50 Prozent.

Vieles davon dürfte aber Verhandlungstaktik sein: Je mehr man sich ziert, umso teurer kann man sich Zustimmung abkaufen lassen. Andererseits waren die Grünen zuletzt immer wieder Hauptziel der Attacken von CSU und FDP - und umgekehrt.

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Dennoch sagte Angela Merkel: "Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, ja unsere Pflicht, daraus eine Regierung zu bilden und vernünftige Politik für die Bürger und unser Land zu gestalten. Ich halte das für möglich." Allgemein bemüht sich die CDU in diesen Tagen merklich um Ruhe; vor allem die CSU weist immer wieder darauf hin, wie uneinig sich die Parteien in vielem seien.

Allerdings: Eine Alternative gibt es wohl nicht, seit die SPD die große Koalition ausgeschlossen hat. Und Neuwahlen will derzeit niemand.

Welche Streitpunkte gibt es?

Offiziell halten sich die Parteien zurück. Alle gehen mit ihren Wahlprogrammen in die Gespräche, die Grünen und die FDP außerdem mit jeweils einem 10-Punkte-Papier. Aber schon seit der Wahl stechen Politiker einzelne Themen durch, festigen Positionen, platzieren Forderungen.

Einwanderung: Das größte Streitthema der vergangenen Wochen ist die Zuwanderung: also Asyl, Flucht, Familiennachzug, Arbeitsmigration.

Die CSU hat immer wieder betont, sie werde nur eine Koalition eingehen, die Zuwanderung beschränkt. Grundlage dürfte der Unions-Kompromiss sein - den die CSU als Obergrenze verkauft und die CDU als Wahrung des Asylrechts. Davon können beide im Kern kaum abrücken. Dazu haben sie zu klar Stellung bezogen. Da weder das Wort "Obergrenze" auftaucht noch tatsächlich eine unveränderliche Grenze beschlossen wurde, kann der Kompromiss wohl Gesprächsgrundlage sein.

Verhandelbar könnten Teile des Kompromisses sein: Die Grünen kritisieren vor allem drei Punkte. Laut Unions-Plan sollen erstens künftig alle Asylbewerber in Zentren untergebracht werden, bis ihr Antrag geprüft wurde. Zweitens sollen laut Union Flüchtlinge, die kein Asyl bekommen, sondern den so genannten subsidiären Schutz, ihre Familien auch künftig nicht nach Deutschland holen dürfen. Drittens sollen Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden - ein entsprechender Gesetzentwurf scheiterte bereits im Frühjahr im Bundesrat an Grünen und Linken.

Zudem fordern FDP und Grüne ein umfassendes Einwanderungsgesetz - die Union möchte nur ein "Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz". So steht es im Kompromisspapier von CDU und CSU.

Verkehr: Die Grünen sind mit der Forderung angetreten, ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos zuzulassen. Also keine Benziner und keine Diesel mehr. Ähnliche Ziele haben mittlerweile auch Frankreich und Großbritannien ausgegeben. Vor allem die CSU hat damit Probleme - in Bayern sitzen mit BMW und Audi gleich zwei große Autohersteller. Auch die FDP ist gegen eine gesetzliche Regelung. Angela Merkel sagte vor einiger Zeit, die Forderung sei prinzipiell richtig, aber sie wolle keine Jahreszahl für den Ausstieg aus dem Verbrenner nennen.

Landwirtschaft: Im Bund ist Agrarpolitik bislang nicht allzu stark diskutiert worden - die Landtagswahl in Niedersachsen zeigt aber, dass das Konfliktpotenzial groß ist: Der Grüne Agrarminister Christian Meyer ist bei Bauern, aber auch in CDU und FDP nicht sehr beliebt. Er streitet für mehr Tierschutz und gegen Massentierhaltung - das fordern die Grünen auch im Bund. Über die kommenden 20 Jahre soll die industrielle Massentierhaltung abgeschafft werden. Mit der Union wird das so nicht zu machen sein. Außerdem machen sich die Grünen für ein Verbot des Unkrautvernichters Glyphosat stark. Die Kanzlerin hat sich dagegen ausgesprochen.

Steuern: Die Grünen hätten gerne eine Vermögenssteuer, die Union und FDP kategorisch ablehnen. Ähnlich sieht es beim Spitzensteuersatz aus: Die Grünen sind für eine Erhöhung, Union und FDP sind dagegen. Überhaupt möchte die FDP die Steuern gar nicht erhöhen - das vertritt auch die Mehrheit in der Union. Zusätzlich will die FDP den Solidaritätszuschlag abschaffen - "ohne dass den Menschen das Geld an anderer Stelle wieder aus der Tasche gezogen wird", wie FDP-Chef Christian Lindner sagte. Damit hat er die CSU auf seiner Seite. Dagegen wollen die Grünen einen Teil der jährlich etwa 17 Milliarden Euro, die der Soli bringt, durch andere Abgaben ersetzen.

Rüstung: Die Union war im Wahlkampf dafür, die Ausgaben für Verteidigung nach und nach auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. So ist es innerhalb der NATO abgesprochen. Derzeit sind es nur etwa 1,2 Prozent. Die FDP hat drei Prozent gefordert - aber für Rüstung, Diplomatie und Entwicklungshilfe zusammen. Die Grünen sind gegen mehr Geld für die Armee, sie wollen das Geld lieber für Entwicklungshilfe ausgeben.

Mütter-Rente: Die Mütter-Rente war neben der Maut eines der zentralen Projekte der CSU in der vergangenen Wahlperiode. Jetzt fordert die Partei eine Erhöhung um rund sieben Milliarden Euro. Die CDU ist dagegen. Auch die FDP widerspricht. Die stellvertretende Parteivorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte dazu: "Das ist in der Größenordnung aber nicht zu finanzieren."

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Wird schon über Ministerien geredet?

Allzu vernehmbar wird noch nicht über mögliche Ministerien gestritten. Erst einmal müssen sich die Parteien überhaupt einigen. Aber vor allem zwei große Ressorts sind in der Diskussion.

Außenministerium: Traditionell besetzen verschiedene Parteien Kanzleramt und Auswärtiges Amt. Die Grünen scheinen es auf das Außenministerium abgesehen zu haben. FDP-Chef Lindner wiederum hat schon im Wahlkampf immer wieder angedeutet, dass die FDP keine Ansprüche darauf erhebt.

Finanzministerium: Umkämpft ist vor allem das Finanzministerium. Der bisherige Minister Wolfgang Schäuble hat seinen Posten schon geräumt. Kommissarisch führt momentan Kanzleramtschef Peter Altmaier die Geschäfte. Volker Kauder, der Vorsitzende der Unions-Fraktion, sagte kürzlich, er wünsche sich wieder einen CDU-Minister. FDP-Chef Lindner widersprach: "Ein Grüner, ein CSU- oder ein FDP-Finanzminister - alles wäre besser, als das Kanzleramt und das Finanzministerium weiterhin in CDU-Hand zu halten, denn so wird durchregiert", sagte er der FAZ. Die FDP hat selbst großes Interesse an dem Ministerium.

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