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CDU-General Ziemiak warnt vor SPD-Kanzler: "Deutsche sollen für andere blechen"


"Deutsche sollen durch ihre Steuern für andere Länder blechen"


Aktualisiert am 09.09.2021Lesedauer: 8 Min.
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Paul Ziemiak: Der CDU-Generalsekretär warnt vor einem SPD-Bundeskanzler.Vergrößern des Bildes
Paul Ziemiak: Der CDU-Generalsekretär warnt vor einem SPD-Bundeskanzler. (Quelle: Michael Hübner für t-online)

Olaf Scholz könnte der nächste Bundeskanzler werden. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak warnt deshalb im Interview: Mit den Plänen der SPD drohe es "Europa zu zerreißen".

Paul Ziemiak hatte an diesem Montag Geburtstag, 36 Jahre alt wurde er, doch gefeiert hat er nicht. Ein Bier in einer politischen Runde habe er getrunken, das war's, erzählt er.

Ziemiak hat keine Zeit zum Feiern. Er kämpft in diesen Tagen darum, dass die Union das Kanzleramt irgendwie halten kann, der Rückhalt seiner Partei in der Bevölkerung bröckelt immer weiter. Ein Gespräch über die Relevanz von Umfragen, eine Belastungsprobe für Europa und Versuchskaninchen:

t-online: Herr Ziemiak, die Union rutscht in den Umfragen immer weiter ab, zuletzt waren es bei "Forsa" gerade mal noch 19 Prozent – der schlechteste Wert, der jemals auf Bundesebene für die Union ermittelt wurde. Wenn das so weitergeht, ist bis zur Wahl nicht mehr viel von der CDU übrig.

Paul Ziemiak: Wir kämpfen weiter, und ich glaube an den Wahlerfolg der Union, denn Deutschland braucht eine Regierung, die für eine starke Wirtschaft, für Stabilität und Aufbruch nach der Krise steht. Die Steuererhöhungspläne von SPD und Grünen würden das zarte Pflänzchen Aufschwung abwürgen. Ich bin überzeugt, dass wir am Wahltag eine starke Union erleben werden.

Eine starke Union bedeutet für Sie also 19 Prozent?

Nein, wir drehen den Trend, und die Werte werden steigen. Im Übrigen wollen wir keine Umfragen gewinnen, sondern am 26. September stärkste Kraft werden.

Aber Sie wollen doch nicht ernsthaft abstreiten, dass es zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl ziemlich schlecht für Ihre Partei aussieht.

Eine Regierung aus SPD, Grünen und Linken würde den gerade beginnenden Aufschwung nach der Krise in unserem Land abwürgen. Deshalb kämpfen wir mit aller Kraft um jede Stimme im Land. Und ja, wir haben noch viel mehr Potenzial.

Was ist das Problem der Union?

Dass dieser Wahlkampf sich längere Zeit mit Nebensächlichkeiten beschäftigt hat: Erst wurde über Nebeneinkünfte und vermasselte Quellenangaben in einem Buch von Frau Baerbock diskutiert, dann über einen falschen Lacher von Armin Laschet. Worüber wir zu wenig reden, ist die Richtungsentscheidung in der Sache. Unsere grundsätzlichen politischen Ausrichtungen insbesondere bei der Wirtschafts- und Finanzpolitik und der Inneren Sicherheit sind völlig anders als die der Grünen und der SPD. Das werden wir noch stärker betonen.

Genau das gelingt Ihrer Partei offenkundig nicht. Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hat soeben eingeräumt: "Die inhaltlichen Unterschiede zwischen uns und den anderen Parteien sind bisher noch nicht richtig deutlich geworden." Warum hat Ihr Kanzlerkandidat Armin Laschet diese Profilschärfung in den vergangenen Wochen versäumt?

Die Diagnose von Volker Bouffier stimmt, aber wie sehr sich das gerade ändert, ist doch offensichtlich. Armin Laschet hat nicht nur diese Woche im Bundestag seinen klaren Plan für Deutschland dargelegt: mit Mut und ohne Verbote in die Zukunft zu steuern, die nur unter seiner Führung eine gute für unser Land wird. Ebenso stark war er im Triell bei RTL am vorletzten Sonntag.

Das Triell hat laut einer Blitzumfrage Olaf Scholz gewonnen.

Was denken Sie denn, wer gewonnen hat?

Für uns gab es keinen klaren Sieger.

Sehen Sie. Das bestätigt meine Zurückhaltung bei der Kommentierung von Umfragen. Armin Laschet positioniert sich klar und steht für einen klaren Kurs der Mitte. Das merkt jeder, der ihn in den vergangenen Tagen und Wochen beobachtet hat. Wenn unsere inhaltlichen Ziele bisher nicht deutlich genug bei den Menschen ankamen, dann werben wir dafür nun umso konsequenter. Olaf Scholz macht zwar die Raute, aber Politik wie seine Parteichefin Saskia Esken. Die Bundeskanzlerin hat sich ja mehr als deutlich geäußert, was sie davon hält.

Schmerzt es Sie, dass er die Union ausmanövriert, indem er sich als Merkels Erbe inszeniert?

Das hat ja keine Substanz. Im Triell bei RTL hat Herr Scholz behauptet, die SPD unterstütze die Anschaffung bewaffneter Drohnen zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten. Das ist ein übles Täuschungsmanöver und einfach falsch. Fakt ist, Vertrag und Haushaltsvorlage für die sofort verfügbare und bewaffnete Drohne "HeronTP" liegen seit Monaten entscheidungsreif auf dem Schreibtisch von Herrn Scholz. Aber der Vizekanzler blockiert. Das ist ein verheerendes Signal der SPD an die Soldatinnen und Soldaten.

Inwiefern?

Die Soldaten so im Stich zu lassen, hätte es unter Helmut Schmidt nicht gegeben. Und am Dienstag, als Herr Scholz im Bundestag am Rednerpult stand, wurde er gefragt, ob er eine Zwischenfrage aus dem Plenum zulässt. Wissen Sie, was er gemacht hat?

Er hat zu den SPD-Abgeordneten geschaut.

Nicht einfach zu den Abgeordneten, sondern zu Saskia Esken! Die hat den Kopf geschüttelt, also hat Herr Scholz brav erklärt, dass er die Zwischenfrage nicht zulässt. Dieser Mann ist abhängig Beschäftigter einer linken Parteiführung!

Trotzdem ist er der Kandidat, dem die Deutschen gegenwärtig am ehesten das Kanzleramt zutrauen. Was macht die SPD richtig, was der CDU nicht gelingt?

Die Wahrheit ist, die SPD verschweigt ihre Ziele, wo sie mit Deutschland hinsteuern will. Und das ist extrem gefährlich für unser Land.

Welche Ziele der SPD sind denn Ihrer Ansicht nach gefährlich?

In ihrem Wahlprogramm planen die Sozialdemokraten eine Schulden- und Transferunion in Europa. Deutsche Steuerzahler, Rentner und Sparer sollen also künftig für die Schulden anderer Staaten haften. Und es kommt noch schlimmer: Herr Scholz und die SPD wollen künftig sogar eine Sozialunion schaffen! Das bedeutet, dass deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch ihre Steuern und Sozialabgaben im Prinzip für Sozialleistungen in anderen Ländern blechen sollen. Europa wird dann mit deutschem Geld überschwemmt.

Meinen Sie das ernst?

Selbstverständlich. Wer in Rumänien, Bulgarien oder in einem anderen Land der EU arbeitslos ist, für den zahlt dann der arbeitende Elektroingenieur aus Wuppertal oder die Krankenschwester in Chemnitz. Das ist die Zukunftsvision der SPD für Europa.

Der erste Schritt zu einer gemeinsamen Schuldenhaftung ist doch in der Corona-Krise längst gemacht worden – von der Kanzlerin aus Ihrer Partei.

Das wollen Sie doch jetzt nicht allen Ernstes gleichsetzen! Wir haben in der Pandemie – in einer Ausnahmesituation – den von der Krise besonders hart getroffenen Staaten einmalig und befristet unter die Arme gegriffen. Das ist europäische Solidarität, die aber niemals ein Einstieg in eine dauerhafte Schuldenunion sein darf. Herrn Scholz schwebt vor, dass man jetzt mit unserem sorgsam erwirtschafteten Geld für ganz Europa haftet. Eine Schuldenunion wird es mit der CDU nicht geben. Punkt.

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In erster Linie geht es doch darum, dass die Bundesrepublik ihre gute Kreditwürdigkeit an den Finanzmärkten einsetzt. Ihre Worte klingen so, als stünde Deutschland schon wieder am Abgrund.

Das wird sehr schnell konkret, das können Sie mir glauben. Die letzte Finanzkrise ist ja noch nicht allzu lange her.

Olaf Scholz hat für seine Ideen zu einer stärkeren finanzpolitischen Kooperation Verbündete in ganz Europa. Der französische Präsident Macron unterstützt ihn, auch Länder wie Italien oder Spanien signalisieren Sympathie.

Ja, ja, machen Sie nur weiter mit Ihrer Liste! Italien, Frankreich, Griechenland, Bulgarien, Rumänien – natürlich finden die alle solche Scholz-Pläne super! Die profitieren schließlich davon! Das wären schlechte Staatschefs, wenn die das Geld aus Deutschland ablehnen würden. Aber fragen Sie mal die Staaten, die solche irrwitzigen Pläne, bei denen es Geld regnet, bezahlen sollen. Wie beispielsweise die Benelux-Länder oder Österreich, fragen Sie die mal! Da hält sich die Begeisterung in sehr engen Grenzen. Wenn Olaf Scholz in die Lage käme, so etwas umzusetzen, dann zerreißt es Europa.

Die Corona-Krise hat viele Staaten an den Rand der Pleite getrieben. Was passiert, wenn es in einer künftigen Krise – etwa einer weiteren Pandemie, dem Klimawandel oder einem digitalen Angriff – wieder zu einer vergleichbaren Ausnahmesituation kommt? Stellt sich die CDU dann hin und sagt: Seht mal zu, wie ihr das allein regelt?

Europäische Solidarität ist wichtig, das ist ganz klar. Und in der Not hilft man sich. Das haben wir doch gerade bewiesen. Aber einfach so zu sagen: "Wir können es ja" und das Geld der Deutschen einfach in andere Länder zu überweisen, das halte ich für falsch. Die Menschen in Südeuropa sind ja nicht weniger fleißig und innovativ als anderswo. Aber in der Vergangenheit waren in diesen Ländern häufig Politiker, die so gedacht haben, wie es die SPD in Deutschland tut. Wenn Sie so wollen, gab es mehrere italienische, griechische und spanische Olaf Scholze. Das sind Politiker, die finden, Schulden zu machen sei eine prima Sache. Und Italien, Spanien und Griechenland stehen immer noch an der Grenze zum Staatsbankrott.

Wir halten also fest: Eine neuerliche Koalition mit der SPD von Olaf Scholz fänden Sie keine so gute Idee.

Ich finde nicht nur die Ziele von Herrn Scholz verwerflich, ich finde auch seinen Tonfall bisweilen daneben. Dass er Millionen Deutsche als "Versuchskaninchen" bei der Impfung gegen Corona bezeichnet, ist wirklich gefährlich für die Akzeptanz der Impfung.

Nehmen wir trotzdem mal an, Olaf Scholz gewinnt die Wahl. Schließen Sie aus, dass die Union dann als Juniorpartnerin in eine Koalition unter Führung der SPD geht?

Diese Wenn-dann-Fragen finde ich immer recht mühsam.

Also schließen Sie es nicht aus.

Wir wollen die Regierung anführen und den Kanzler stellen, weil nur so garantiert ist, dass eine Politik für wirtschaftliche Dynamik und sichere Arbeitsplätze gemacht wird.

Diese Standpunkte der Union bleiben an vielen Stellen im Parteiprogramm aber unklar. Ist das Absicht?

Ich bitte Sie, wir sind sehr konkret. Nur drei Beispiele: Steuerentlastungen für Familien, insbesondere Alleinerziehende, härtere Strafen für Polizistenprügler, Digitalministerium.

Bei der Frage, wann Deutschland die komplette Stromversorgung aus den erneuerbaren Energien bestreiten soll, erklären die Grünen: bis 2035. Die FDP sagt: bis 2050. Die SPD sagt: bis spätestens 2040. Die Union findet nur, das solle so schnell wie möglich passieren.

Ja, wir sind – anders als die anderen – realistisch und ehrlich. Was soll denn daran verwerflich sein?

Die Formulierung wirkt so, als würden Sie mal schauen, wie Sie das vielleicht hinbekommen.

Nein, wir haben da genaue Pläne. Beispielsweise haben wir im Regierungsprogramm ein Sonnenpaket zum Ausbau der Photovoltaik vorgeschlagen, und wir wollen Planfeststellungsverfahren stark beschleunigen. Gegenwärtig dauert es Jahre, eine Offshore-Windkraftanlage zu konzipieren. Das muss viel schneller gehen, und das wird es mit uns.

Warum ist das dann unter 16 Jahren unionsgeführter Bundesregierung nicht gegangen?

Wir hatten ja im Bund keine absolute Mehrheit, sondern waren stets an unseren jeweiligen Koalitionspartner gebunden. Aber Sie haben einen Punkt, bei der Frage von schnellerem Planen und Umsetzen waren alle Parteien insgesamt zu langsam. Wir machen das jetzt anders.

Und jetzt kommt endlich mal ein CDU-Kanzler, sozusagen als Abwechslung zu 16 Jahren Angela Merkel?

Das ist jetzt nicht Ihr Ernst. Dass wir alle beim Klimaschutz aufholen müssen, ist selbstverständlich. Aber schauen Sie mal: Vor 16 Jahren hat die Union die Führung der Bundesregierung übernommen, da galt Deutschland als der 'kranke Mann Europas'. Damals hatten 5,2 Millionen Menschen keine Jobs, heute haben wir Rekordbeschäftigung! Wir werden nicht mehr nur um unsere Autos beneidet, sondern um unsere Politik und den hohen Lebensstandard – in der ganzen Welt! Das ist der Verdienst hart arbeitender Menschen und der guten Politik der Union. Und so haben wir jetzt auch vor, die Energiewende voranzutreiben, damit Deutschland nicht nur klimaneutral wird, sondern gleichzeitig ein wirtschaftsstarkes Industrieland mit gut bezahlten und sicheren Arbeitsplätzen bleibt.

Der Bau von Windrädern, die Umstellung auf energiesparende Heizungen und E-Autos dürfte allerdings den Widerstand vieler Leute auslösen. Wie wollen Sie die Bürger überzeugen, ohne dass sie sich abgehängt fühlen?

Mit Anreizen! Wenn sich Bürger beispielsweise ohne finanzielles Risiko eine Solaranlage auf dem Dach installieren lassen können, weil sich das für sie lohnt, dann kommen wir weiter beim Ausbau. Dazu braucht es keine Verbote. Wir müssen die Bürger mit dem "Du musst"-Duktus der Grünen in Ruhe lassen und stattdessen gezielte Anreize schaffen. Nur so klappt die Energiewende, ohne dass wir den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährden.

Herr Ziemiak, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Paul Ziemiak in Berlin
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