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Saudi-Arabien: Ölkrise reloaded?


Folgen der Drohnenangriffe
Höhere Ölpreise wirken wie eine Extrasteuer für Deutschland

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

17.09.2019Lesedauer: 3 Min.
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Nach Angriffen auf Raffinerien: So sensibel reagieren der Ölpreis und die Investoren aktuell. (Quelle: reuters)

Die Drohnenangriffe vom Wochenende zeigen, wie erschütternd verletzlich die Ölproduktion am Golf ist. Sollte das Öl teuer bleiben, wäre auch Deutschland betroffen.

Die Märkte reagierten sofort: Kaum hatte Saudi-Arabien bekannt gemacht, dass es seine Ölförderung nach den Drohnenangriffen auf seine wichtigste Ölfabrik im Nordosten des Landes halbieren müsse, ging der Ölpreis um mehr als 20 Prozent nach oben. Über 77 Dollar wurden kurzfristig für ein Barrel Rohöl aus der Region fällig. Einen solchen Anstieg hatte es zuletzt vor 30 Jahren mit Beginn der Kuwait-Krise gegeben.

Erschütternd schlechte Nachricht

Das muss nicht so bleiben. Der Ölmarkt neigt zu überschießenden Reaktionen. Schon am Montagnachmittag ging der Preis wieder zurück. Doch für die Weltwirtschaft ist die überraschende Verwundbarkeit der saudischen Ölwirtschaft eine erschütternd schlechte Nachricht. Wenn schon ein paar Drohnen einer Rebellenarmee einen solchen Schaden anrichten können – was wird dann erst passieren, wenn hier Staaten im offenen Kampf gegeneinander antreten? Steigt der Ölpreis nachhaltig, leiden besonders die Industrie- und Schwellenländer. Sie brauchen den fossilen Rohstoff für ihre Industrieprodukte und immer noch für den Transport.

Noch ist nicht klar, wie stark und anhaltend die Ölindustrie in Saudi-Arabien tatsächlich betroffen ist. Aber die politischen Spannungen in der Region wachsen, der Konflikt zwischen dem Iran und den USA eskaliert. Jemenitische Huthi-Rebellen behaupten, sie allein seien für den Anschlag verantwortlich. Wer ihnen geholfen hat, die Drohnen loszuschicken, und von wo die Flugkörper gestartet sind, weiß noch niemand. Es ist nicht ganz wahrscheinlich, dass die Rebellen sie 1.000 Kilometer über Land geschickt haben könnten, um sie dann präzise ins Ziel zu lenken.

Die US-Regierung hält den Iran für den Drahtzieher der Aktion, der mit den Rebellen verbündet ist. Die Amerikaner glauben nicht, dass die Huthis in der Lage sind, derart komplexe Angriffe ohne Hilfe von außen auszuführen. US-Präsident Donald Trump droht mit einem militärischen Gegenschlag. Diese verbale Kompromisslosigkeit, verbunden mit der tatsächlichen militärischen Zurückhaltung, könnte die arabische Halbinsel weiter destabilisieren und die Ölpreise nach oben treiben.

Wie zuverlässig ist Saudi-Arabien als größter Ölexporteur?

Allerdings gibt es einen gegenläufigen Trend, der zuletzt stärker gewichtet wurde als die politischen Verwerfungen in der Golfregion: die Verlangsamung der Weltwirtschaft und die drohende Rezession. Die bremsen den Ölverbrauch und halten die Preise auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Selbst wenn die saudi-arabische Ölproduktion für Wochen nur halb so hoch sein würde wie üblich, würden die Preise wahrscheinlich nur moderat anziehen. Die Lager in den USA, Europa und China sind so gut gefüllt, dass die Lieferausfälle kurzfristig problemlos kompensiert werden können. Anders sieht es aus, wenn die Reparaturarbeiten Monate dauern würden. Dann würde sich die Frage nach der Zuverlässigkeit Saudi-Arabiens als größter Ölexporteur der Welt stellen.

Der Anschlag traf die staatliche Ölgesellschaft Aramco zur Unzeit. Ausgerechnet in der vergangenen Woche hat der saudi-arabische Kronprinz Mohammed Bin Salman den erfahrensten Ölmanager des Landes gefeuert. Khalid al-Falih, bisher Energieminister und Aufsichtsratsvorsitzender bei Aramco, musste gehen, weil er dem Herrscherhaus zu eigenständig geworden war. Nun wird der Ölsektor von Familienmitgliedern gemanagt, die nach Einschätzung von Ölmarkt-Experten zu wenig Erfahrung und zu wenig Unternehmenskenntnis haben.

Und zu wenig Autorität in der Organisation der ölexportierenden Staaten Opec. Hier hat al-Falih die entscheidende Rolle des Vermittlers gespielt, wenn die widerstreitenden Interessen der verfeindeten arabischen Staaten das Kartell an den Rand des Zusammenbruchs brachten. Wie es hier weitergeht, ist völlig offen.

Hohe Ölpreise könnten auch deutsche Wirtschaft treffen

Deutschland muss keinen Engpass befürchten – es kauft kaum Öl aus Saudi-Arabien. An den Tankstellen stieg der Preis zunächst durchschnittlich nur um einen Cent. Schon am Montagnachmittag standen die Zeichen wieder auf Entwarnung. Doch die Heizölpreise stiegen deutlich. Für 3.000 Liter leichtes Heizöl mussten zu Beginn dieser Woche rund 130 Euro mehr bezahlt werden als noch am Freitag.


Sollte das Öl aus der Golfregion in den kommenden Monaten teuer bleiben, trifft das auch die deutsche Wirtschaft: Denn dauerhaft höhere Ölpreise wirken wie eine Extrasteuer. Sie binden Kaufkraft. Für ein Land, das am Rand der Rezession steht, sind das keine erfreulichen Nachrichten.

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