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Kritik an 3G-Regel in Bus und Bahn: "Die Politik ist feige"


"Die Politik ist feige"

Von Frederike Holewik

Aktualisiert am 17.11.2021Lesedauer: 3 Min.
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Eine Frau steigt in eine U-Bahn (Symbolbild): Die Ampelfraktionen planen eine 3G-Regel für öffentlichen Verkehrsmittel.Vergrößern des Bildes
Eine Frau steigt in eine U-Bahn (Symbolbild): Die Ampelfraktionen planen eine 3G-Regel für öffentlichen Verkehrsmittel. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Die Ampel-Koalitionäre planen eine 3G-Regel für öffentliche Verkehrsmittel. Damit sollen die steigenden Infektionszahlen bekämpft werden. Gewerkschaften und Fahrgastverband sind dagegen.

SPD, Grüne und FDP planen angesichts steigender Infektionszahlen eine 3G-Regel im öffentlichen Personenverkehr. Das würde eine Mitfahrt nur für Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete mit entsprechendem Beleg bedeuten. Die Deutschen haben eine klare Meinung dazu.

Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert dagegen den Vorstoß. "Die Politik ist feige. Sie wälzt die Verantwortung auf Busse und Bahnen ab, um so eine Impfpflicht durch die Hintertür einzuführen", sagte der Bundesvorsitzende, Detlef Neuß, zu t-online.

Wie die Regel konkret umgesetzt werden soll, ist noch unklar. Eine Anfrage an die Deutsche Bahn blieb bislang unbeantwortet.

Wo soll die Regel gelten?

Die 3G-Regel soll sowohl für ÖPNV als auch für Fernverkehr gelten. Betreiber von Bussen und Bahnen halten eine schnelle Einführung aber kaum für möglich. Im öffentlichen Nahverkehr bestehe eine Beförderungspflicht, die nur unter ganz bestimmten Kriterien ausgesetzt werden dürfe, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Oliver Wolff.

Eine Kontrolle von täglich Millionen Passagieren sei zudem unrealistisch. "Gerade im Nahverkehr mit häufigem Fahrgastwechsel und Haltestellen in kurzen Abstände ist dies, wenn überhaupt, nur stichprobenartig umsetzbar." Der VDV vertritt die Unternehmen der Nahverkehrsbranche einschließlich DB Regio.

Neuß von Pro Bahn teilt diese Skepsis: "Wir fragen uns auch, wie die Einhaltung solcher Regeln kontrolliert werden soll. Selbst in Fernzügen ist eine komplette Kontrolle zwischen zwei Bahnhöfen kaum möglich. Im Nahverkehr ist es gänzlich unmöglich." Und er sieht noch eine weitere Gefahr, wenn die Kontrolle den Mitarbeitern der Verkehrsbetriebe zufallen sollte: "Wer möchte da noch Zugbegleiter oder Busfahrer sein?"

Wie soll die Regel kontrolliert werden?

Aus Sicht der Bahn-Gewerkschaft EVG ist eine Kontrolle nur mithilfe der Bundespolizei möglich. "Enge Absprachen mit der Bundespolizei sind eine der Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, um eine mögliche 3G-Regel durchzusetzen", teilte der Vize-Vorsitzende Martin Burkert mit. "Ein zwangsläufig zu erfolgender Ausschluss von der Fahrt muss auch durchgesetzt werden. Hier darf es nicht zu weiteren Belastungen unserer Kolleginnen und Kollegen kommen."

Zudem wären drastische Bußgelder bei Verstößen notwendig. "Abschreckung hilft, unsere Kolleginnen und Kollegen vor unvernünftigen und möglicherweise konfliktbereiten Fahrgästen zu schützen."

Was bringt 3G in Bus und Bahn?

Noch Anfang Oktober hatte die Bundesregierung einer 3G-Regel in Bussen und Bahnen sowie Fernzügen nach einer Prüfung durch mehrere Ministerien eine Absage erteilt. Das Verkehrsministerium hatte erklärt, es sei übereinstimmend festgestellt worden, dass eine solche Auflage "weder rechtlich möglich noch praktikabel" sei.

Bei der Expertenanhörung im Bundestag am Montag hat Virologe Christian Drosten die Erwartungen an die 3G-Regel in öffentlichen Verkehrsmitteln gedämpft. Die Testung als Voraussetzung für den Zugang verhindere keine Infektion von Ungeimpften, sagte der Leiter der Virologie der Berliner Charité.

Man sei jetzt in einer "Hochinzidenz-Zeit" und müsse damit rechnen, dass anwesende Geimpfte je ein "substanzielles Risiko" hätten, unerkannt infiziert zu sein. Das Ziel, Ungeimpfte vor Ansteckung zu schützen, werde somit verfehlt. In stabilen Sozialgruppen, etwa am Arbeitsplatz, könne die 3G-Regel jedoch noch etwas ausrichten, zum Beispiel mit Tests alle zwei Tage.

Neuß von Pro Bahn kritisiert, dass Verkehrsmitteln durch eine solche Regel eine Sonderrolle in der Pandemie zugeschrieben werde: "Der ÖPNV wird durch diese Regelungen in ein schlechtes Licht gerückt. Es wird Panikmache betrieben, denn Studien zeigen, dass die Ansteckungswahrscheinlichkeit in Bus und Bahn nicht höher ist als im Einzelhandel."

Welche rechtliche Grundlage braucht die Regel?

Auch hierbei gibt es einen Unterschied zwischen Nah- und Fernverkehr. Im Nahverkehr muss die 3G-Regel über die Beförderungsbedingungen der einzelnen Verkehrsunternehmen umgesetzt werden.

Diese wurden schon im Zuge der Pandemie insofern angepasst, als dass sie nun Bezug auf die Corona-Schutzverordnungen in den jeweiligen Bundesländern nehmen. Das würde aber bedeuten, dass alle Verordnungen geändert werden müssten. Dass dies noch in diesem Jahr flächendeckend umgesetzt werden kann, gilt als wenig wahrscheinlich.

Die Lage im Fernverkehr (IC, ICE) der Deutschen Bahn oder auch von Flixtrain liegt etwas anders. Hier ist die – gleichlautende – Beförderungspflicht im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) verankert. Das ist ein Bundesgesetz und müsste entsprechend angepasst werden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Detlef Neuß
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa-AFX und Reuters
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