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Flüssiges Erdgas: Kann uns ein Umstieg aus russischer Abhängigkeit befreien?


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Umstieg auf Flüssigerdgas
Daran könnte die Abkehr von russischem Gas scheitern

Von Frederike Holewik

Aktualisiert am 22.03.2022Lesedauer: 4 Min.
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Arbeiter an einem Bohrturm für Fracking-Gas in New Mexico (Symbolbild): Bislang gibt es in Deutschland keine Terminals, die Flüssiggas aus den USA annehmen könnten, doch das soll sich im Laufe des Jahres ändern.Vergrößern des Bildes
Arbeiter an einem Bohrturm für Fracking-Gas in New Mexico (Symbolbild): Bislang gibt es in Deutschland keine Terminals, die Flüssiggas aus den USA annehmen könnten, doch das soll sich im Laufe des Jahres ändern. (Quelle: Jim Thompson/imago-images-bilder)

Flüssigerdgas soll die Alternative zum russischen Gas werden. Dafür jettet Wirtschaftsminister Habeck aktuell um die Welt. t-online erklärt, was es mit LNG auf sich hat und wie die Versorgung in Deutschland damit aussehen könnte.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat eine Zeitenwende in der deutschen Energiepolitik ausgelöst. Händeringend wird nun nach Alternativen zu russischen Gasimporten gesucht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verhandelte deshalb zuletzt mit Katar über Flüssiggas-Lieferungen.

t-online erklärt, wie LNG funktioniert, wie es in Deutschland eingesetzt werden könnte und ob es tatsächlich die Abhängigkeit von russischem Gas beenden wird.

Was ist LNG?

LNG ist die Abkürzung für "liquified natural gas", dabei handelt es sich um tiefgekühltes, unter hohem Druck verflüssigtes Erdgas. Das Gas muss dafür auf -161 bis -164 Grad Celsius heruntergekühlt werden.

Da Flüssigerdgas nur ein Sechshundertstel des Volumens von gasförmigem Erdgas hat, kann es statt durch Pipelines mit Tankern oder auch mit Lkw und Zügen transportiert werden.

Gut zu wissen: LNG und LPG sind nicht das gleiche. LNG steht für Flüssigerdgas, während LPG Flüssiggas, also "liquified petroleum gas", meint.

Wie funktioniert es?

Von den Förderstätten wird das Erdgas in eine Verflüssigungsanlage geleitet. Das Erdgas besteht dabei zumeist aus einer Mischung von Methan, Kohlenwasserstoffen, Stickstoff, Kohlendioxid, Wasser und unerwünschten Bestandteilen wie Schwefelverbindungen. Letztere werden vor der Weiterverarbeitung entfernt. Danach liegt der Methangehalt bei 98 Prozent, was LNG zu einem besonders reinen Gas macht.

In mehreren Schritten wird das Gas heruntergekühlt, wodurch es flüssig wird. In dieser Form kann es verladen und ausgeliefert werden, was zumeist Schiffe erledigen. In den Terminals wird das Flüssigerdgas dann in isolierten Lagertanks aufbewahrt.

Woher bekommt Deutschland aktuell Gas?

Bislang bezieht Deutschland sein Gas über Pipelines. Rund 55 Prozent werden dabei aus Russland importiert. Weitere 30 Prozent kauft Deutschland von Norwegen und 12 Prozent von den Niederlanden.

Der große Anteil russischen Gases erklärt, warum ein Embargo hitzig diskutiert wird. Zum einen würde es eine große Einnahmequelle für Russland unterbrechen, zum anderen aber Deutschland vor ein Versorgungsproblem stellen.

Wie einfach oder schwierig dies kurzfristig gelöst werden könnte, ist umstritten. LNG-Lieferungen stellen zwar eine Alternative dar, doch bislang gibt es in Deutschland keine Terminals, die Flüssiggas etwa aus den USA annehmen und weiterverbreiten könnten. In Europa insgesamt sieht die Lage etwas anders aus: 37 Terminals sorgen dafür, dass rund ein Viertel des europäischen Gasbedarfs mit LNG bedient werden kann.

Ist LNG eine Alternative zu russischem Gas?

Aus Kostengründen war es das bisher nicht, denn der Energiebedarf für die oben beschriebene Verflüssigung ist sehr hoch, etwa 10 bis 25 Prozent des Energieinhaltes des Gases.

Das rechnet sich dementsprechend erst ab einem Transportweg von etwa 2.500 Kilometern. Unter dieser Entfernung ist der Transport via Erdgaspipeline energetisch wirtschaftlicher. Deshalb sind die aktuellen Hauptimporteure von LNG mit fast 80 Prozent des weltweiten Volumens asiatische Länder wie Japan, Südkorea und Taiwan. Ein kleinerer Anteil geht auch an Großbritannien, Italien und Belgien.

Durch den russischen Einmarsch in der Ukraine und die darauf erfolgten westlichen Sanktionen gibt es zum einen Forderungen, die Gas-Importe zu stoppen und zudem die Angst, dass Russland den Export seinerseits einstellen könnte. Dadurch wird LNG als Alternative interessant.

Im Jahr 2020 bezog Deutschland über drei Pipelines 56 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland. Um diese Menge auszugleichen, würden etwa 750 Tankerladungen benötigt, die standardmäßig zwischen 125.000 und 147.000 Kubikmeter fassen. Und das obwohl das verflüssigte Gas bereits 600 Mal weniger Volumen hat.

Auf ganz Europa bezogen wären über 4.000 Tankerladungen notwendig. Einige Länder bereiten sich bereits darauf vor: Einer der größten Terminals steht in Rotterdam. Die Kapazitäten werden hier derzeit auf jährlich 13,5 Milliarden Kubikmeter erhöht.

Was plant die Politik?

In Deutschland sollen zwei eigene LNG-Terminals gebaut werden. Einer davon im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel. Der Bau wird vom Bund mit einer halben Milliarde Euro unterstützt. Dadurch hält die KfW 50 Prozent.

Mit weiteren 40 Prozent beteiligt sich der niederländische Gasnetzbetreiber Gasunie, der dem niederländischen Staat gehört, die restlichen 10 Prozent hält der deutsche Energiekonzern RWE. Betreiber wird Gasunie. Der zweite Terminal soll in Wilhelmshaven in Niedersachsen entstehen.

Doch Terminals allein reichen nicht, es muss auch entsprechend LNG dort angeliefert werden. Dafür hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in den vergangenen Wochen Gespräche mit Norwegen und Kanada geführt. Am Wochenende schloss er dann mit Katar, einem der weltweit größten LNG-Exporteure, eine langfristige Energiepartnerschaft. Warum dies umstritten ist, lesen Sie hier.

Er wolle für deutsche Unternehmen Türen öffnen, hatte Habeck zuvor gesagt und einige Wirtschaftsvertreter waren direkt mit vor Ort, darunter die Chefin von Thyssenkrupp sowie die Chefs von Bayer, RWE und Siemens Energy.

Eine kurzfristige Lösung stellen die neuen Terminals aber nicht dar. Es wird mit einer Bauzeit von drei bis vier Jahren gerechnet. Der Bund will sich jedoch um schnellere Genehmigungen kümmern. In Wilhelmshaven wird bereits an einer Übergangslösung gearbeitet, die den Winter 2023 sichern soll: eine sogenannte Floating Storage and Regasification Unit (FSRU). Dabei handelt es sich um einen LNG-Terminal auf einem Schiff. So könnte ein jährliches Volumen von 9 bis 10 Milliarden Kubikmetern geschaffen werden.

Verwendete Quellen
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