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Hyaluron und Botox: Die Risiken – Segen oder Fluch fürs Gesicht?


Hyaluronsäure und Botox
Faltenfrei in die Schlauchboot-Falle


Aktualisiert am 07.04.2024Lesedauer: 5 Min.
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Schauspielertochter Cheyenne Ochsenknecht: Sie hatte sich die Lippen aufspritzen lassen.Vergrößern des Bildes
Schauspielertochter Cheyenne Ochsenknecht: Sie hatte sich die Lippen aufspritzen lassen. (Quelle: RAINER UNKEL/imago)

Kampf gegen Falten und für volle Lippen: Sind Botox und Hyaluronsäure Segen oder Fluch? Dr. Yael Adler gibt Antworten, die Ihr Gesicht verändern könnten.

Schon mal eine dicke Lippe riskiert? Die Frage ist weitaus älter als die Gefahr, bei optischen Gesichtskorrekturen einen Fehlschlag zu erleiden: Sie bezeichnet die Möglichkeit, für besonders vorwitzige Sprüche eins auf den Mund zu kriegen.

Schöne, rosarote, volle Lippen können aber auch einen sexuellen Reiz ausstrahlen. Doch oft geht jegliches Maß verloren, wenn für den prallen Kussmund nachgeholfen wird. Das hier zum Einsatz kommende Material ist Hyaluronsäure. In der Schönheitsmedizin mag Hyaluronsäure tiefe Schatten aufhellen, Volumendefekte beheben und dem Gewebe Saft, Spannkraft und weichere Konturen geben. Lippen lassen sich damit sinnlicher formen – durch mehr Volumen, einen lieblichen Lippenschwung, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ober- und Unterlippe, sanft ansteigende Mundwinkel, einen modellierten Amorbogen an der Oberlippe. All das kann entstehen wie ein Kunstwerk, wie eine Skulptur, die man gestaltet.

Yael Adler
(Quelle: Markus Höhn)

Zur Person

Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 praktiziert sie in ihrer eigenen Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.

Gleichwohl setzen Anatomie und Typ des Gesichts natürliche Grenzen bei der Lippenmodulation. Sollte man jedenfalls meinen. Es gibt aber auch jede Menge "Künstler", die mit der Modelliermasse sehr eigenwillig umgehen – und fertig ist das Schlauchboot oder der Entenschnabel im Gesicht. Zudem kann Hyaluronsäure regenerativ im Gewebe wirken. Wenn das eingespritzte Gel nach vielen Monaten abgebaut ist, kann das Gewebe dennoch weiterhin verjüngt bleiben.

Hyaluronsäure nutzt man in der Medizin längst mit Dankbarkeit: gegen trockene Oberhaut, bei schmerzenden Gelenken, Wunden, verkümmerten Zahnfleischpapillen, trockenen Augen, bei eingesunkenen Narben, Volumendefekten am Körper nach Unfällen oder bei Fehlbildungen – überall ist Hyaluronsäure ein bewährtes, hilfreiches und in der Regel gut verträgliches Mittel zur Linderung oder Korrektur.

Natürliche Gewebefüllung des Körpers

Ursprünglich ist sie ein körpereigener Stoff und Teil unserer natürlichen Gewebefüllung. Unser Gewebe enthält eine faserig-glibberige Grundsubstanz, die "extrazelluläre Matrix" genannt wird. Die haben wir überall in unserem Körper, besonders in der Haut, der Gelenkflüssigkeit, im Auge, in den Bandscheiben und im Knorpel.

In dieser Matrix ist Hyaluronsäure ein Wasserspeicher. Ein Gramm bindet sechs Liter Wasser und macht unsere Haut schön saftig und elastisch. Leider sinkt der Hyaluronsäure-Pegel des Körpers im Laufe des Lebens deutlich ab. Die Depots leeren sich, und wenn wir 70 Jahre alt sind, sind maximal noch 20 Prozent der Ausgangsmenge übrig, mitunter auch gar nichts mehr. Wir sind daher im Alter im wahrsten Sinne des Wortes saftloser und damit schrumpeliger. So ist das Leben.

Hyaluronsäure besteht aus besonders großen Molekülen, die – auf die Haut aufgetragen – höchstens in die obersten Hornschichten eindringen. Tiefer geht‘s nicht. Auf der Haut können sie immerhin Feuchtigkeit binden und die Haut aufplustern, allerdings nur für Stunden.

Hyaluronsäure: Teure Mogelpackungen

Will man den Stoff aber dorthin bringen, wo er im Alter zunehmend fehlt, hinab in das zweite Untergeschoss der Tiefgarage, in die Lederhaut, dann schafft man das nur mit Nadeln, die die Oberhaut und die Basalmembran durchdringen können. Teure Hyaluronsäure-Ampullen zum Auftragen auf die Haut, die eine Anti-Aging-Wirkung versprechen, sind Mogelpackungen. Gut für die Kosmetikindustrie, schlecht für Ihren Geldbeutel und ohne nachhaltigen Verjüngungseffekt für Ihre Haut.

Hyaluronsäure wird biotechnologisch mithilfe von Bakterienkulturen produziert und ist von sämtlichen Eiweißen gereinigt, die Allergien auslösen könnten. Die Substanz wird so gut verträglich. Zudem werden die Moleküle technisch miteinander vernetzt, sodass sie sich länger im Gewebe halten. Irgendwann aber hat das Gewebe das Gel verdaut, und man muss nachspritzen. Bis dahin ist es in der Haut, wie gewünscht, ein Wasserspeicher und bringt Elastizität und Saftigkeit.

Risiken bei Behandlungen

Hyaluronsäure hilft auch bei Wundheilung, bei Blutgerinnung, beim Anlocken heilender Zellen und bei der Stimulation frischen Bindegewebes – und genau durch diese Fähigkeit löst es neben der Hautaufpolsterung mit der Zeit eine echte Hautverjüngung aus. Aber auch hier gilt: Nur wer Hyaluronsäure maßvoll einsetzt und das Einspritzen maximal als Feintuning betrachtet, kann Beauty-Unfälle vermeiden. Wenn es doch einmal schiefgegangen ist, kann man im schlimmsten Fall das Hyaluronsäure-Gel mittels eines Enzyms (Hylase), das man zusätzlich spritzt, in nur wenigen Stunden wieder auflösen. Außerdem kann es Nebenwirkungen geben, falls ein Gefäß abgedrückt oder verstopft wird, was zu Absterben des Gewebes und zur Erblindung führen kann. Auch Autoimmunreaktionen und Infektionen sind möglich. Definitiv gehört es in ärztliche Hände.

Hyaluronsäure ist übrigens nicht dasselbe wie Botox, falls Sie das noch nicht wussten.

Botox ist ein Produktname, hinter dem sich der Wirkstoff Botulinumtoxin versteckt. Der klingt nicht so gut, am Ende steht immerhin "…toxin" – also Vorsicht Gift, weshalb Schönheitsärzte den Begriff Botulinum etablieren möchten. Dabei kommt Botox schon seit Längerem zu medizinischen Zwecken zur Anwendung. Nämlich, um starkes Schwitzen zu reduzieren und verkrampfte Muskeln zu entspannen, etwa gegen Schiefhals, Augenmuskelkrämpfe, spastische Lähmungen, hyperaktive Harnblase oder verkrampften Analschließmuskel.

Botoxwunder gegen Falten

In die "ästhetische Medizin" hat das Präparat eher durch Zufall eingeschlagen. In den 1989/90er-Jahren spritzte es eine kanadische Ärztin bei Patienten mit Augenmuskelkrämpfen. Ihr Mann etablierte den Wirkstoff gegen weitere Falten, die sehr unschöne Namen erhalten haben, sodass man diese unbedingt loswerden wollen würde: Sorgenfalten, Zornesfalten, Krähenfüße, Hasenlinien, Plisseefalten, Marionettenfalten, Pflastersteinkinn, Truthahnhals … Es war die Geburtsstunde des Botoxwunders, denn die Muskelspannung ließ nach, aber als epochaler Nebeneffekt verschwanden mit der Zeit auch alle Fältchen rund um die Augen und in allen anderen mimisch aktiven Arealen! Da die Muskeln sich nicht mehr so stark zusammenziehen konnten, knautschte auch die darüberliegende Haut nicht mehr. Seither kommt "Botox gegen Falten" zum Einsatz, millionenfach und milliardenschwer.

Der Arzt spitzt das Botulinumtoxin in den Muskel, der gelähmt oder zumindest geschwächt werden soll. Die Wirkung der entsprechend applizierten Dosis hält etwa fünf Monate an. Bei chronischer Migräne weiß der Mediziner mehr als dreißig Stellen im Kopf-, Nacken- und Schulterbereich, um das erlösende Nervengift zu injizieren. Und auch gegen Depressionen ist Botulinumtoxin sehr beliebt. Denn wenn man nicht mehr grimmig schauen kann, denkt das Gehirn, man habe gute Laune. Das ist ganz ähnlich, als würde man sich zum Lächeln zwingen und schon fühlt man sich ein wenig besser.

Wie bei vielen Präparaten macht auch hier die Dosis das Gift. Beraubt man sich jeglicher Mimik, stört das die Kommunikation, es kommt leichter zu Missverständnissen, gar Antipathien und Empathielosigkeit.

Starre Mimik und Spock-Effekt

Weil Botox seit Jahrzehnten boomt, mehren sich auch Beispiele und die Sensibilität dafür, wo die Anwendung übertrieben und/oder nicht gelungen ist. Bewegen sich nur noch die Augen in den Augenhöhlen und klappt der Mund auf und zu, war es dann doch zu viel. Das Gegenteil von vitaler Mimik. Manchmal ziehen sich die Augenbrauen hoch als Kompensation, wenn die Zornesfalte lahmgelegt ist, was an Mr. Spock von Raumschiff Enterprise erinnert oder an Mephisto. Hier kann man glücklicherweise schnell Gegenpunkte spritzen lassen. Anderenfalls sieht man schräg, ja dauer-erstaunt aus.

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Botulinumtoxin am Lippenrand etwa führt nicht selten dazu, dass das Schürzen der Lippen nicht mehr möglich ist und es zu Lach-, Küss-, Trink-, Ess- oder sogar Sprechstörungen kommen kann. Bis alles wieder normal und das entgleiste Mienenspiel unter Kontrolle ist, können Monate vergehen.

Ob nun Botox oder Hyaluronsäure, sie sind kein Muss, man ist auch ohne solche Maßnahmen schön. Und billig sind sie auch nicht. Wer dennoch darauf Lust hat, sollte es dezent angehen, in kleinen Schritten, um natürlich zu bleiben und nicht grotesk verzerrt.

Welchen Weg Sie auch immer wählen, bleiben Sie anspruchsvoll und kommen Sie gesund durch die Zeit!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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