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US-Wahl 2020: In der Außenpolitik würde Donald Trump ein Chaos hinterlassen


Außenpolitik nach der US-Wahl
Trump würde ein Chaos hinterlassen

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 02.11.2020Lesedauer: 7 Min.
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G7-Gipfel in Kanada: Die Politik von Donald Trump hat das Vertrauen vieler enger politischer Bündnispartner strapaziert.Vergrößern des Bildes
G7-Gipfel in Kanada: Die Politik von Donald Trump hat das Vertrauen vieler enger politischer Bündnispartner strapaziert. (Quelle: Reuters-bilder)

Donald Trump hat als Präsident die US-Außenpolitik durcheinandergewirbelt. Die Supermacht ist oft isoliert, Trump gilt als unberechenbar. Was würde sich bei der Wahl von Joe Biden ändern? Einige Szenarien.

Die Amtszeit von US-Präsident Donald Trump ist im Zeichen eines zentralen, außenpolitischen Kampfslogans gestartet: America First. Doch knapp vier Jahre später interessiert sich im Wahlkampfendspurt kaum jemand für Außenpolitik. Das ist traditionell bei US-Wahlen so, wird aber durch Corona-Pandemie, eine drohende Wirtschaftskrise und die Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt noch verstärkt.

Trumps Interesse an Außenpolitik war abgesehen von seinem Kampfslogan oft begrenzt, ihm fehlten in den letzten Jahren in internationalen Fragen oft Plan und Strategie – er wollte Geschäftsmann und "Deal-Maker" sein, nicht Diplomat. Besonders in den Beziehungen zu den westlichen Alliierten und Nato-Partnern war seine Politik ein politischer Totalschaden. Mit seiner Twitter-Politik hat Trump den Stil der US-Außenpolitik beschädigt, Zusagen gelten bei internationalen Partnern durch die Sprunghaftigkeit des Präsidenten nicht mehr als verlässlich, seinen ersten Außenminister Rex Tillerson beschimpfte Trump in einem Tweet als "dumm". Die Supermacht ist international in vielen Fragen isoliert, der Vertrauensverlust ist immens.

Sein Kontrahent im Ringen um die Präsidentschaft, Joe Biden, ist dagegen ein Außenpolitiker, als Vizepräsident in der Amtszeit von Präsident Barack Obama hatte er einen starken internationalen Fokus. So werden besonders in der Außenpolitik zentrale Unterschiede zwischen Trump und Biden klar: Unter Trump würde sich die Isolation der USA weiter verstärken, Biden würde die America-First-Politik beenden und mit einer eher traditionellen US-Außenpolitik eine führende Rolle des Landes in der Welt beanspruchen – mit Einschränkungen.

Eine Übersicht der zentralen außenpolitischen Probleme – und wie sich ein Wahlsieg von Trump oder Biden auf diese auswirken würde:

1. Strukturelles Durcheinander

Unter Präsident Trump herrschen im strukturellen Bereich der US-Außenpolitik chaotische Zustände. Nach seiner Amtsübernahme waren über mehrere Monate Hunderte Stellen im Außenministerium nicht besetzt. In vielen Ländern des Nahen Ostens haben die Vereinigten Staaten keinen Botschafter mehr. Internationale Partner finden in einigen Fragen keinen Ansprechpartner.

Welche Szenarien gibt es?

Biden würde die US-Außenpolitik zwar strukturell stärken wollen, mehr als das unter Trump zu erwarten wäre. Das Problem: Durch einen Wechsel von einem republikanischen zu einem demokratischen Präsidenten würden Republikaner das Außenministerium verlassen müssen – Biden müsste also noch mehr Stellen besetzen. Der stark innenpolitische Fokus durch die Pandemie wird die Aufmerksamkeit des künftigen Präsidenten für Außenpolitik zudem binden. Biden kündigte deshalb an, "Reparaturarbeiten" an der US-Außenpolitik vorzunehmen und die internationale Zusammenarbeit zu stärken. Dafür braucht es aber schnell leistungsfähige Strukturen.

2. US-Truppenabzug aus Krisengebieten

Trump sieht den Abzug von Soldaten aus Kriegs- und Krisengebieten als Erfolg seiner Außenpolitik. Es sind aber oft nur Truppenabzüge auf dem Papier, weil sie in der von Trump gewünschten Geschwindigkeit nicht realisierbar waren. So wollte der US-Präsident eigentlich alle Soldaten aus Afghanistan nach Hause holen, am Ende des Jahres wird die Anzahl von 12.000 auf 4.000 reduziert sein. Auch nach Syrien musste die US-Regierung erneut Soldaten schicken, um die Ölquellen im Nordosten des Landes zu schützen.

Welche Szenarien gibt es?

Unter Trump: So schnell wie möglich würden weiter US-Soldaten aus Kriegs- und Krisengebieten abgezogen werden. Damit entspräche Trump auch dem Willen der US-Bevölkerung, die mehrheitlich kriegsmüde ist.

Unter Biden: Auch der Demokrat möchte ein Ende der endlosen Kriege. Damals setzte er sich bei Obama gegen eine Aufstockung der Soldaten in Afghanistan ein – ohne Erfolg. Truppenabzüge sollen laut Biden aber nur schrittweise passieren, wenn es strategisch vertretbar ist.

3. Streit um Militärausgaben

Die USA streiten mit ihren europäischen Partnern schon seit Jahren über das Zwei-Prozent-Ziel der Nato. Die Mitgliedsländer verpflichteten sich, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Deutschland kam im Jahr 2019 aber zum Beispiel nur auf 1,3 Prozent.

Welche Szenarien gibt es?

Unter Trump: Der amtierende US-Präsident würde weiterhin mit großem Druck und Erpressung darauf dringen, dass die Nato-Partner das Zwei-Prozent-Ziel einhalten. Davon verspricht sich die US-Regierung auch ein gutes Geschäft mit dem Verkauf von Rüstungsgütern.

Unter Biden: Auch mit Joe Biden im Weißen Haus würde der Streit weitergehen. Der Demokrat wirbt dafür, dass die Europäer sich sicherheitspolitisch mehr engagieren. Er setzt aber auf freundlichen Druck statt Drohungen. In jedem Fall bleiben die USA in der Frage ein schwieriger Bündnispartner.

4. Härte gegen China

Handelsstreit, Wirtschaftssanktionen, Konflikte im Pazifik, Corona-Pandemie: Die Spannungen zwischen den USA und China wachsen zunehmend, der Streit wird auch in der nächsten Legislaturperiode viel Raum einnehmen. Schon jetzt versuchen sich Trump und Biden im Wahlkampf zu übertrumpfen.

Welche Szenarien gibt es?

Unter Trump: Die amtierende US-Regierung setzt vor allem auf wirtschaftlichen Druck und Sanktionen, mit dem Zugang zum lukrativem US-Markt als Druckmittel. Trump wirbt auch dafür, dass Firmen nicht mehr in China produzieren, sondern zurück in die USA kommen.

Unter Biden: Der Demokrat wird auch Härte gegenüber China demonstrieren wollen. Biden hat sich vorgenommen, das Thema Menschenrechte in China besonders zu fokussieren. Er will außerdem um Rückhalt aus Europa werben, um gemeinsam gegen Peking vorgehen zu können.

5. Trumps Nähe zu Despoten

Nach dem Amtsantritt eines neuen US-Präsidenten gehen seine ersten Reisen für gewöhnlich nach Kanada oder Mexiko. Nicht bei Donald Trump, er besuchte Saudi-Arabien als erstes Land und bekam auf einer Feier vom Königshaus einen Säbel in die Hand gedrückt. Dagegen beleidigt er oft engere Bündnispartner: So nannte er den kanadischen Premier Justin Trudeau "unehrlich und schwach" oder die damalige britische Premierministerin Theresa May "Dummkopf".

Welche Szenarien gibt es?

Unter Trump: Donald Trump würde auch weiterhin einen guten Draht zu Despoten haben. Er steht Politikern wie Viktor Orbán aus Ungarn politisch nah und lobt sie öffentlich. Davon verspricht er sich oft Geschäfte für die US-Wirtschaft.

Unter Biden: Der Herausforderer kritisiert das Vorgehen von Trump scharf und will vor allem das Verhältnis zu den strategischen Alliierten verbessern. Trotzdem werden die USA auch weiterhin große Waffengeschäfte mit Saudi-Arabien abschließen, auch mit Biden im Weißen Haus. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich der Demokrat hierbei für Menschenrechte einsetzen wird.

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6. Atom-Konflikt mit Nordkorea

Donald Trump und Kim Jong Un trafen sich im Jahr 2018 zum ersten Mal, es war ein historischer Moment in den Beziehungen zwischen beiden Ländern. Doch die erhoffte Lösung im Atomstreit blieb bislang aus, es gibt weiterhin Atomwaffen auf der koreanischen Halbinsel.

Welche Szenarien gibt es?

Unter Trump: Der Republikaner betont zwar immer wieder eine gute Beziehung zum Diktator in Nordkorea, aber mehr als Symbolpolitik kann nicht erreicht werden. Nordkorea wird seine Atomwaffen nicht aufgeben, sie sind die Sicherheitsgarantie des Regimes.

Unter Biden: Als Präsident würde Biden sicherlich keine netten Briefe mit Machthaber Kim Jong Un austauschen, wie Trump das in der Vergangenheit tat. Unter ihm würde aber die Nordkorea-Politik der USA ebenso wenig zu einer atomaren Abrüstung führen, auch Biden hätte nicht viele Möglichkeiten.

7. Internationale Abkommen und Verträge

Die USA unter Donald Trump sind aus vielen internationalen Verträgen ausgestiegen. Besonders nach dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen war der Aufschrei vieler Länder groß. Im Atomabkommen mit dem Iran sah der US-Präsident einen schlechten Deal für die USA und mitten in der Corona-Pandemie hat die US-Regierung angekündigt, aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aussteigen zu wollen.

Welche Szenarien gibt es?

Unter Trump: In einer weiteren Amtszeit würde Trump die USA noch stärker aus internationalen Verpflichtungen lösen. Für ihn sind diese Abkommen kein Interessenausgleich zwischen zwei oder mehreren Ländern. Es gilt stattdessen: die USA müssen von einem Deal profitieren.

Unter Biden: Joe Biden verkörpert einen gänzlich anderen politischen Ansatz. Er will die USA umgehend zurück in das Pariser Klimaabkommen führen und hat ambitionierte Ziele zur Einsparung von CO2. Auch aus der WHO würden die Vereinigten Staaten nicht austreten. Das Iran-Abkommen würde er wiederbeleben, aber einen neuen Vertrag verhandeln wollen.

8. Handelsabkommen

Trump sah auch in vielen Handelsabkommen keinen guten Deal für sein Land. TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA wurde nicht weiterverhandelt. Nafta (mit Kanada und Mexiko) hat die US-Regierung neu verhandelt und auch mit China ein bilaterales Abkommen getroffen. Für Trump ist das ein Erfolg, auch wenn dieser meist durch Erpressungen mit der amerikanischen Wirtschaftskraft erkauft wurde.

Welche Szenarien gibt es?

Unter Trump: Der US-Präsident würde auch in einer zweiten Amtszeit auf Protektionismus setzen, um Produktion und Arbeitsplätze zurück in die USA zu holen. Dabei würden auch wieder Sanktionen und Importzölle drohen.

Unter Biden: Biden hält sich beim Thema internationale Handelsabkommen eher bedeckt. Auch der Demokrat setzt sich für eine die Rückkehr von Firmen aus dem Ausland in die USA ein. Er nennt das "Buy America". Unklar ist bislang, ob er TTIP und TPP wiederbeleben würde.

9. USA und Russland

Die Russland-Affäre verfolgte Trump während seiner ganzen Amtszeit. 2018 traf er den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Helsinki. Im Vorfeld blamierte er sich schon mit der Frage, ob Finnland ein Teil von Russland sei. Aber es wurde noch schlimmer: Trump glaubte Putin, dass Russland sich nicht in die US-Wahl eingemischt habe und sprach damit den US-Geheimdiensten sein Misstrauen aus. Allgemein vermied Trump stets scharfe Kritik an Putin, dafür beschloss der Kongress in seiner Amtszeit harte Gesetze und Sanktionen gegen Russland.

Welche Szenarien sind möglich?

Unter Trump: Der Republikaner hofft auf eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland. Berichte über eine russische Einmischung bei der Präsidentschaftswahl lassen ihn diese Bemühungen immer wieder auf Eis legen. Nach einer Wiederwahl könnte er es weiter versuchen.

Unter Biden: Joe Biden steht dagegen für eine härtere Politik gegen Russland. Besonders wenn Senat und Kongress nach der Wahl demokratisch dominiert sein würden, könnten noch schärfere Maßnahmen beschlossen werden, sollte sich eine russische Einmischung in die Wahl bestätigen.

10. Transatlantische Beziehung

Die transatlantischen Beziehungen haben während Donald Trumps Amtszeit Schaden genommen, so kühl war es zwischen der EU und den USA selten. Die Bundesregierung darf keine Wahlempfehlung geben, aber in Berlin hofft man deshalb auf Joe Biden.

Welche Szenarien sind möglich?

Unter Trump: Donald Trump würde auch in einer zweiten Amtszeit zur Belastung für das transatlantische Bündnis werden. Sein Protektionismus und die damit verbundenen Handelsstreitigkeiten könnten eher dazu führen, dass sich die Gräben zwischen EU und den USA noch weiter vertiefen.

Unter Biden: Der Demokrat tritt für einen Neuaufbau des transatlantischen Bündnisses ein und will Vertrauen wiederherstellen. "Wir werden zurück sein. Wir dürfen der Welt und unseren engsten Bündnispartnern nicht den Rücken zudrehen", sagte Biden auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Jahr 2019.

Verwendete Quellen
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