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EU verliert Millionen durch legale Steuertricks von Blackrock


Fragwürdige Steuermodelle
Wie ein US-Finanzriese der EU Millionen entzieht

Von t-online, llb

20.06.2025 - 13:16 UhrLesedauer: 3 Min.
Blackrock-Gründer und -CEO Larry Fink: Die Steuertricks des Finanzriesen belasten die EU-Kassen erheblich.Vergrößern des Bildes
Blackrock-Gründer und -CEO Larry Fink: Die Steuertricks des Finanzriesen belasten die EU-Kassen erheblich. (Quelle: IMAGO/John Angelillo/imago)
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Der weltweit größte Vermögensverwalter verursacht mit seinen Steuertricks massive Einnahmeverluste in der EU. Welche Mechanismen verbergen sich hinter diesem steuerlichen Vorteil?

Blackrock, der weltweit größte Vermögensverwalter, löst mit seinen Steuerstrategien immer wieder Diskussionen aus. Laut einer exklusiven Studie, die dem ARD-Studio Brüssel und der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt, verursacht das Unternehmen der Europäischen Union jährlich erhebliche Einnahmeverluste in zweistelliger Millionenhöhe.

Besonders kritisch: Blackrock nutzt legale, aber aggressive Steuermodelle, die in einigen Fällen zu deutlich geringeren Steuerbelastungen führen, als sie in den jeweiligen Ländern vorgesehen sind. Diese Steuerpraktiken werfen nicht nur Fragen zur Steuerfairness auf, sondern belasten auch die öffentlichen Haushalte in der EU.

Die Studie, die vom türkischen Volkswirtschaftler Ceyhun Elgin von der Boğaziçi-Universität in Istanbul erstellt wurde, untersucht die Steuerpraktiken von Blackrock in Europa. Elgin erklärt in einem Interview mit ARD und "Süddeutscher Zeitung", dass Blackrock durch ausgeklügelte Steuervermeidungsstrategien in der EU "effektive Steuersätze" erreicht, "die etwa halb so hoch sind wie die gesetzlichen Steuersätze in wichtigen EU-Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Italien".

Laut Schätzungen habe dies von 2017 bis 2023 zu einem Verlust an öffentlichen Einnahmen in der Größenordnung von 500 Millionen bis einer Milliarde Euro geführt. Allein Deutschland verliere durch diese Praktiken jährlich mindestens 50 Millionen Euro.

Zwei Mechanismen zur Steuervermeidung

Blackrock setze laut Studie auf zwei Hauptmechanismen, um die Steuerlast zu senken: Der erste Mechanismus sei das sogenannte Verrechnungspreismodell. Dabei berechne Blackrock seinen Tochtergesellschaften in Ländern mit hohen Steuersätzen, wie etwa Deutschland oder Frankreich, sehr hohe interne Lizenzgebühren für die Nutzung der firmeneigenen Software "Aladdin", die für Investment- und Risikomanagement genutzt wird, erläutert Elgin. Diese hohen Gebühren minderten die steuerpflichtigen Gewinne in den hochbesteuerten Ländern erheblich.

Der zweite Mechanismus sei die Gewinnverlagerung, so Elgin weiter. Blackrock verlagere Einkünfte aus den internen Lizenzgebühren an Tochtergesellschaften in Niedrigsteuerländer wie Irland oder Luxemburg, wo die Steuerlast deutlich niedriger ist.

Solche Tochtergesellschaften sind oft sogenannte "tote Gesellschaften", die hauptsächlich zu steuerlichen Zwecken bestehen, aber wenig oder keine wirtschaftliche Aktivität vor Ort entfalten. Diese Firmen haben oft keine physische Präsenz, keinen aktiven Geschäftsbetrieb und wenig bis keine Mitarbeiter in dem Land, in dem sie registriert sind.

Blackrock weist die Vorwürfe zurück

Auf Anfrage von ARD und "Süddeutscher Zeitung" weist Blackrock die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen erklärte schriftlich, dass die Studie "falsche und irreführende Behauptungen" enthalte, und betonte: "Blackrock zahlt Steuern, gemäß den von den jeweiligen Steuerbehörden festgelegten Steuersätzen."

Das Unternehmen fügte hinzu, dass es sich von unabhängigen Steuerexperten und Rechtsanwälten beraten lasse. "Wir handeln konservativ, um sicherzustellen, dass Blackrock alle gesetzlich vorgeschriebenen Steuern zahlt", hieß es weiter.

Schirdewan fordert Steuerfairness

Martin Schirdewan, Co-Vorsitzender der Linken-Fraktion im Europaparlament, kritisiert schon seit Längerem die Steuerpraktiken von Blackrock scharf. Er erklärte, dass solche Steuervermeidungsstrategien "den öffentlichen Haushalten viel Geld entziehen, das beispielsweise in Bildung oder Gesundheit investiert werden könnte". Schirdewan fordert daher, dass die EU endlich Maßnahmen ergreift, um solche Steuerlücken zu schließen und die Steuerfairness wiederherzustellen.

Im Kontext der Steuerstrategien von Blackrock wird auch die Rolle von Friedrich Merz, Bundeskanzler und Vorsitzender der CDU, thematisiert. Merz war von 2016 bis 2020 Aufsichtsratsvorsitzender von Blackrock Deutschland. Schirdewan sieht hier eine mögliche Belastung für Merz, da dieser sich durch seine Position ein sehr umfangreiches Wissen darüber angeeignet habe, wie Steuervermeidung funktioniere. Schirdewan fordert, dass Merz als Bundeskanzler von diesem Wissen Gebrauch macht und die Steuerschlupflöcher endlich schließt.

Cum-Ex-Geschäfte: Ein weiterer Schatten auf Blackrock

Blackrock geriet bereits in der Vergangenheit wegen dubioser Steuergeschäfte in die öffentliche Kritik. Im November 2018 wurden im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens zu Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäften die Büros des Konzerns in München durchsucht. Bei diesen komplexen Aktiengeschäften rund um den Dividendenstichtag war es möglich, die Kapitalertragsteuer mehrfach erstattet zu bekommen, obwohl sie nur einmal gezahlt worden war.

Der Gesamtschaden durch Cum-Ex- und ähnliche Steuertricks wird europaweit auf rund 150 Milliarden Euro geschätzt. Allein in Deutschland sind durch Cum-Cum-Geschäfte mindestens 28,5 Milliarden Euro Schaden entstanden. Blackrock bestreitet, an diesen Geschäftspraktiken beteiligt gewesen zu sein, wie der Konzern damals mitteilte. Zudem bestätigte ein Sprecher des Unternehmens, uneingeschränkt mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten.

Bis heute wurde der Milliardenbetrug am deutschen Staat mit fragwürdigen Finanzgeschäften allerdings juristisch nicht endgültig aufgearbeitet.

Einheitliche Regeln zur Steuervermeidung

Die Autoren der aktuellen Studie betonen, dass die Nutzung von Steuerschlupflöchern durch große, multinationale Unternehmen wie Blackrock die Steuergerechtigkeit untergrabe und zu enormen Einnahmeverlusten führe. Diese belasten vor allem die Steuerzahler.

Die Studie empfiehlt eine erweiterte Berichtspflicht für große Unternehmen in der EU, die Informationen zu Gewinnen, Umsätzen, Transaktionen und gezahlten Steuern offenlegen müssen.

Zudem ist eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Steuerbehörden erforderlich. Unternehmen, die keine ausreichende Transparenz bieten, sollten von öffentlichen Aufträgen und beratenden Funktionen bei EU-Institutionen ausgeschlossen werden.

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