Zölle ab 1. Juni? Trump-Drohung lässt Dax abrutschen

Am 1. Juni könnten die USA 50-Prozent-Zölle auf Waren aus der EU erheben. Die europäischen Börsen reagierten umgehend auf die Drohung aus Washington.
Nach einem ereignisarmen Freitagvormittag ist der deutsche Aktienmarkt am Nachmittag nach neuen Zolldrohungen von US-Präsident Donald Trump deutlich ins Minus gerutscht. Trump stellte Strafzölle in Höhe von 50 Prozent auf Produkte aus der Europäischen Union in Aussicht. Diese sollten am 1. Juni in Kraft treten, schrieb der Republikaner auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social. Die EU-Kommission lehnte eine Stellungnahme zunächst ab.
Der Dax sackte daraufhin auf den tiefsten Stand seit zwei Wochen ab und notierte zuletzt 2,5 Prozent im Minus bei 23.404 Punkten. Damit deutet sich für den Leitindex ein Wochenverlust von anderthalb Prozent an. Der MDax verlor am Freitagnachmittag 2,1 Prozent auf 29.411 Zähler. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 2,7 Prozent abwärts.
Diese Aktien verloren in Frankfurt am meisten
Marktexperte Andreas Lipkow sprach von einer eiskalten Dusche vor dem Wochenende. Die USA wollten offenbar im Zuge der Zollverhandlungen mit der EU den Druck noch einmal deutlich erhöhen und die Verhandlungsdynamik beschleunigen.
Vor allem Banken-, Auto- und Technologiewerte gerieten nach der Trump-Drohung unter Verkaufsdruck. So waren die Aktien der Deutschen Bank mit einem Verlust von 5,4 Prozent ganz unten im Dax zu finden. Commerzbank-Papiere büßten 3,5 Prozent ein. Die Anteilsscheine von BMW, Mercedes-Benz, Porsche AG und Volkswagen verbuchten Abschläge zwischen 2,7 und 4,6 Prozent. Die Titel von Infineon und Jenoptik verloren 3,6 beziehungsweise 3,2 Prozent.t einem Dividendenabschlag gehandelt.
Der Euro baute seine früheren Gewinne von bis zu 0,8 Prozent zum Teil wieder ab und pendelt sich bei einem Plus von 0,3 Prozent auf 1,1314 Dollar ein. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fiel indes im Gegenzug zum steigenden Kurs auf 2,564 nach zuvor 2,630 Prozent.
Trump droht mit Zöllen – Goldpreis steigt
Der Goldpreis legte nach der Nachricht aus Washington weiter zu. Schon zuvor war der Preis des in Krisenzeiten als "sicherer Hafen" angesehenen Edelmetalls wegen Sorgen über die hohe US-Verschuldung kräftig gestiegen. Nach Trumps Zoll-Ankündigung ging die Notierung für eine Feinunze (31,1 Gramm) im Nachmittagshandel an der Börse in London auf 3.355 US-Dollar hoch. Das waren etwa 60 US-Dollar mehr als am Vortag. Im Verlauf der Handelswoche ist der Goldpreis mittlerweile etwa 150 Dollar gestiegen.
Der Goldpreis nähert sich damit wieder dem Rekordhoch, das Mitte April bei 3.500 US-Dollar erreicht worden war. Im Mai war Gold zwischenzeitlich bis auf 3.120 US-Dollar zurückgefallen, konnte sich aber zuletzt deutlich erholen. In den vergangenen zwölf Monaten zog der Kurs um mehr als 40 Prozent an.
Polens Handelsminister sieht Trump-Drohung gelassen
Polens Handelsminister Michal Baranowski spielte die Drohung von US-Präsident Trump herunter, ab Juni 50-prozentige Zölle auf europäische Waren erheben zu können. "Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten verhandeln. Manche verhandeln hinter verschlossenen Türen, andere eher vor laufenden Kameras", sagt Baranowski, dessen Land derzeit die rotierende Präsidentschaft der EU innehat.
"Die Tatsache, dass wir einige wichtige Aussagen in der Öffentlichkeit sehen, bedeutet nicht, dass sie sich in Maßnahmen der US-Regierung niederschlagen werden", fügte Baranowski hinzu. Bisher gebe es ein klares Signal, auch auf politischer Ebene, dass die USA und die EU beschlossen hätten, sich mit gegenseitigen Zöllen zurückzuhalten. "Wir haben bis Anfang Juli Zeit, Verhandlungen zu führen, und nach meinem besten Wissen kommen diese Verhandlungen voran", so Baranowski.
Der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, sagte zu der Ankündigung Trumps: "Dies ist eine erhebliche Eskalation der Handelsspannungen. Die EU müsste reagieren, und das würde der US-Wirtschaft und der europäischen Wirtschaft deutlich schaden", so Schmieding. "Aber Trump ist sehr unberechenbar, und ich würde nicht darauf wetten, dass es so weit kommt."
- Nachrichtenagenturen Reuters und dpa