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Russland: Putin gibt Kartoffelknappheit zu – Belarussische Reserven leer


Lebensmittelkrise in Russland
Jetzt bedient sich Putin an Lukaschenkos Reserven


Aktualisiert am 30.05.2025 - 18:22 UhrLesedauer: 4 Min.
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Kremlchef Wladimir Putin spricht bei einem Treffen in Minsk mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko (Archivbild): Russland hat die Kartoffelreserven des Nachbarn aufgekauft. (Quelle: IMAGO/Gavriil Grigorov/imago)
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Die Lebensmittelpreise in Russland explodieren, angeführt von Kartoffeln. Die Erdäpfel sind knapp, muss selbst Kremlchef Putin zugeben. Sein Handlungsspielraum ist begrenzt.

Russlands Wirtschaft steckt in Schwierigkeiten. Die Inflation liegt jenseits der zehn Prozent, die Einnahmen gehen zurück und die Konjunktur ist eingebrochen. Bisher spielt Kremlchef Wladimir Putin die Situation in öffentlichen Mitteilungen meist herunter, wiegt die Russen in Sicherheit. Doch nun wird ein Problem offensichtlich, das selbst Putin nicht schönreden kann: "Wir haben nicht genug Kartoffeln", erklärte der russische Präsident am Dienstag auf einer im Fernsehen übertragenen Sitzung der Organisation "Russland – Land der Möglichkeiten".

Normalerweise können sich Staaten in solchen Krisen mit Lebensmittelimporten behelfen. Doch angesichts des weitgehenden Abbruchs wirtschaftlicher Beziehungen mit dem Westen und weniger verbliebener Freunde stößt Russland dabei schnell an seine Grenzen. Selbst der landwirtschaftlich geprägte Nachbar Belarus, der auf den Kartoffelanbau spezialisiert ist, kann nicht mehr aushelfen – denn Russland hat die belarussischen Erdäpfel-Reserven bereits aufgekauft, wie Putin selbst erklärte.

"Historischer Höchststand" bei Preisen auf dem Kartoffelmarkt

Allein seit Jahresbeginn sind die Preise für Kartoffeln in Russland laut offiziellen Angaben von Anfang Mai um 52 Prozent gestiegen. Die russische Tageszeitung "Kommersant" sprach angesichts dessen von einem "historischen Höchststand". Demnach sind die Großhandelspreise sogar um mehr als das Vierfache und die Preise im Einzelhandel um etwa das Dreifache im Vorjahresvergleich gestiegen: Ende April habe der Kilopreis im Supermarkt bei rund 85 Rubel gelegen, umgerechnet etwa 95 Cent.

Für die Bevölkerung in Russland sind solche Zahlen verheerend. Kartoffeln zählen dort zu den Grundnahrungsmitteln, sind Bestandteil vieler traditioneller Gerichte. Auch Wodka wird auf Grundlage von Kartoffeln produziert. Die gestiegenen Preise bei Kartoffeln sind derweil nur die Spitze des Eisbergs: Auch andere Grundnahrungsmittel wie Kohl (plus 49 Prozent), Rote Bete (plus 40 Prozent) und Zwiebeln (plus 34 Prozent) sind seit Jahresbeginn deutlich teurer geworden.

Video | Russland: Wichtige Fabrik im Flammen
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Quelle: t-online

Die Gründe für Russlands Kartoffelkrise

Die Gründe für die russische Kartoffelkrise sind derweil vielschichtig, im Kern jedoch wohl hausgemacht:

  • Rekordernte in 2023: Nach den hohen Ernteerträgen und dadurch gesunkenen Marktpreisen haben viele Bauern ihre Anbauflächen für Kartoffeln reduziert.
  • Ernteeinbruch durch Wetterbedingungen: Im vergangenen Jahr brach die Ernte dann um zwölf Prozent ein, weil es Frühjahrsfröste und starke Regenfälle gab.
  • Fehlende Importe von Pflanzkartoffeln und Saatgut: Seit Januar 2024 hat der Kreml diese Importe aus "unfreundlichen Staaten" (etwa die gesamte EU) um gut 93 Prozent reduziert. Schon seit 2023 dürfen überhaupt keine Pflanzkartoffeln aus den Niederlanden eingeführt werden, die zuvor Hauptexporteur für Russland waren.
  • Eigenanbau stark zurückgegangen: Laut der Nachrichtenagentur Reuters führen manche Beobachter die Knappheit darauf zurück, dass nur noch wenige Russen ihre privaten Flächen für den Kartoffelanbau nutzen. Noch in Sowjetzeiten sei das ein wichtiges Mittel gegen Lebensmittelknappheit gewesen.

Russland kauft die belarussischen Kartoffelreserven auf

Um kurzfristig Abhilfe zu schaffen, kurbelte Russland die Importe aus Ägypten und Belarus an. Doch nun schlägt auch der belarussische Nachbar Alarm, da die Reserven aufgebraucht sind. Bereits monatelang hatten sich Belarussen in Medien und sozialen Netzwerken über knappe oder "minderwertige" Kartoffeln auf den Märkten beschwert. Auch dort stiegen die Preise für Kartoffeln und andere Grundnahrungsmittel deutlich – sogar auf staatliches Geheiß. Denoch will der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko Russland weiter unter die Arme greifen.

Lukaschenko hat angesichts des massiven Defizits den verstärkten Anbau von Kartoffeln gefordert. "Wir müssen so viel anbauen, dass es für uns und für Russland reicht", sagte Lukaschenko der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge bei einer Besprechung mit regionalen Funktionären in Minsk am Mittwoch. "Wir müssen unseren Brüdern, den Russen, helfen", sagte er. Und wenn Belarus etwas könne, dann sei es der Kartoffelanbau. Dies sei auch wirtschaftlich lukrativ.

Lukaschenko selbst begründete die Kartoffel-Knappheit mit den landwirtschaftlichen Problemen in Russland. Der große Nachbar habe zuletzt die Reserven von Belarus aufgekauft, bestätigte er Putins Aussagen. Das dürfte auch daran liegen, dass belarussische Produzenten wegen höherer Gewinne lieber nach Russland exportieren, als für staatlich festgelegte, deutlich niedrigere Preise auf dem heimischen Markt zu verkaufen.

Belarus hebt Importverbot für EU-Lebensmittel auf

Moskau und Minsk sind durch den Wirtschafts- und Verteidigungspakt Russisch-Belarussische Union stark miteinander verflochten. Die Kartoffel gilt auch als Symbol der Herrschaft Lukaschenkos, der einst Direktor eines staatlichen Landwirtschaftsbetriebs (Sowchose) war. Im größtenteils planwirtschaftlich geführten Staat im Osten Europas sind aber zuletzt Versorgungsmängel aufgetreten.

Belarus ist nun zu einem entscheidenden Schritt gezwungen: In dieser Woche hob die Regierung sogar das Einfuhrverbot für Obst und Gemüse aus der EU auf. Das Embargo hatte Minsk im Dezember 2021 als Antwort auf westliche Sanktionen verhängt – kurz vor Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine waren die Beziehungen zum Westen bereits stark angespannt. Russland hat bereits seit 2014 Lebensmittelimporte aus der EU ausgesetzt.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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