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Das bedeutet die begrenzte Impfpflicht für Arbeitnehmer


Trotz Pflicht keine Impfung
Im Regelfall dürfte eine Kündigung folgen

Von Frederike Holewik

10.12.2021Lesedauer: 4 Min.
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Ein Ärzteteam während einer Operation (Symbolbild): Für medizinischen Personal gilt ab März 2022 in Deutschland die Impfpflicht.Vergrößern des Bildes
Ein Ärzteteam während einer Operation (Symbolbild): Für medizinischen Personal gilt ab März 2022 in Deutschland die Impfpflicht. (Quelle: Berkcan Zengin/GocherImagery/imago-images-bilder)

Die Impfpflicht kommt. Zumindest für bestimmte Berufsgruppen. Das haben Bundestag und Bundesrat beschlossen. t-online erklärt, wer betroffen ist und was bei Verstößen droht.

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie ist eine erste begrenzte Impfpflicht für Gesundheitspersonal beschlossene Sache. Nach dem Bundestag hat am Freitag auch der Bundesrat der von SPD, Grünen und FDP vorgelegten Änderung des Infektionsschutzgesetzes zugestimmt.

Das Gesetz sieht vor, dass Mitarbeiter in bestimmten Berufsgruppen befristet ab dem 15. März 2022 bis Jahresende nachweisen müssen, dass sie komplett gegen Corona geimpft sind.

Für wen gilt die Impfpflicht?

Die Impfpflicht gilt zunächst "einrichtungsbezogen", doch das umfasst bereits Beschäftigte in Kliniken und Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen sowie ambulanten Diensten, Arztpraxen und Hebammen. Auch in Geburtshäusern und anderen Praxen wie etwa Physiotherapiepraxen müssen die Mitarbeiter bis Mitte März einen vollen Corona-Impfschutz oder eine Genesung nachweisen.

Ausnahmen sind nur für Menschen vorgesehen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Das bedeutet für bislang Ungeimpfte, dass sie spätestens Anfang Februar zur Erstimpfung müssen. Da bis zur Zweitimpfung mindestens drei Wochen vergehen müssen. Der volle Impfschutz besteht zwei Wochen nach der Zweitimpfung.

Wie werden Verstöße geahndet?

"Der Gesetzesentwurf sieht für eine Impfverweigerung keine Sanktionen vor. Dies unterscheidet ihn deutlich von den Regelungen anderer Länder, etwa Österreich", so Arbeitsrechtler Steffen Pasler.

Eine Person, die keinen Impf- oder Genesenennachweis oder ein ärztliches Attest vorlegen könne, dürfe allerdings nicht in den genannten Einrichtungen beschäftigt werden, so der Anwalt weiter. Auch ein Widerspruch oder eine Anfechtungsklage habe in diesem Fall keine aufschiebende Wirkung.

Kann Ungeimpften gekündigt werden?

"Grundsätzlich ist eine Kündigung möglich. Weigert sich eine Person, sich impfen zu lassen, kann ein Grund für eine personenbedingte Kündigung vorliegen", erklärt Arbeitsrechtler Axel Möller im Gespräch mit t-online. Das könnte auch schnell finanzielle Konsequenzen haben: "Eine ungeimpfte Person aus den entsprechenden Berufsgruppen verliert dann auch den Anspruch auf Vergütung."

Entscheidend ist in jedem Fall, dass es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit für die betroffenen Person gibt. Das könnte sich im Klinik- oder Pflegealltag allerdings schwierig gestalten. "Da das Tätigkeitsverbot jedoch die gesamte Einrichtung erfasst, dürfte aber eine alternative Beschäftigung auf einem infektionsgeschützten Arbeitsplatz ausscheiden. Auch eine Beschäftigung im Homeoffice scheint zweifelhaft", ergänzt Pasler. Dementsprechend würde dann eine Kündigung nur indirekt wegen einer fehlenden Impfung stattfinden.

Droht jetzt eine Kündigungswelle?

Die Impfpflicht für bestimmte Berufe ist umstritten, da unter anderem befürchtet wird, dass Impfunwillige aus Pflegeberufen ausscheiden oder diese gar nicht erst anstreben werden. So warnt etwa die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vor einer Kündigungswelle.

Die Empathie der Beschäftigten in Gesundheitsberufen werde seit Jahren ausgenutzt, kritisierte Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler am Freitag im RBB-Inforadio. Nun würden sie erneut in eine "besondere Verantwortung" genommen. "Deswegen ist es vielleicht für einige der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und sie verlassen diesen wunderbaren Beruf."

Der Deutsche Pflegerat hingegen begrüßt die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Fordert von der Politik aber die Klärung von offenen Fragen bei der konkreten Umsetzung. Mit Blick auf die hohe Zahl von Todesfällen im Zusammenhang mit dem Coronavirus gerade in Pflegeheimen verteidigte auch der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Pflicht: "Das können wir nicht hinnehmen." Zusammen könne man auch die Delta-Welle zurückdrängen und eine Welle mit der neuen Corona-Variante Omikron verhindern. Insgesamt zeigte er sich zuversichtlich, die Pandemie in den Griff zu bekommen.

Wie sieht es in anderen Ländern aus?

In Frankreich, Italien, Großbritannien und Griechenland gibt es bereits eine Impfpflicht für Beschäftigte in Gesundheitsberufen. Dadurch stieg in diesen Ländern auch die sowieso schon hohe Impfquote weiter an. In Polen gilt vom 1. März an eine Impfpflicht für Ärzte, Lehrer und Sicherheitskräfte.

In Österreich soll ab Februar 2022 eine allgemeine Impfpflicht gelten, wie am Donnerstag bekannt gegeben wurde (lesen Sie hier mehr zur Situation in Österreich). Derzeit sind rund 68 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Österreich hat damit neben der Schweiz und Deutschland eine der niedrigsten Impfquoten in Westeuropa.

Gibt es in Deutschland ein Vorbild für die Impfpflicht?

Ja, tatsächlich gilt in Deutschland bereits eine Impfpflicht, allerdings gegen die Masern. Seit März 2020 müssen Beschäftigte in Arztpraxen, Pflegediensten, Flüchtlingsunterkünften und Kliniken nachweisen, dass sie geimpft sind.

Und die Masernimpfpflicht betrifft auch Kinder. Eltern müssen Kindertagesstätten und Schulen belegen, dass ihre Kinder gegen Masern geimpft oder bereits immun ist. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Mai 2020, dass dies rechtssicher ist.

Kommt die allgemeine Impfpflicht?

Bund und Länder haben beschlossen, dass der Bundestag "zeitnah" über eine allgemeine Impfpflicht entscheiden soll. Diese könnte aber erst greifen, wenn auch sichergestellt ist, dass auch für alle zu Impfenden die Möglichkeit dazu besteht. Das soll ab Februar 2022 der Fall sein.

Zustimmung aus der Bevölkerung gäbe es: Im aktuellen ARD-DeutschlandTrend sprachen sich 71 Prozent der Befragten für eine allgemeine Corona-Impfpflicht für Erwachsene aus. 14 Prozentpunkte mehr als im Monat zuvor. Das ZDF-Politbarometer zeichnet ein ähnliches Bild. Hier sprachen sich 68 Prozent für eine Impfpflicht aus. 31 Prozent sind dagegen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Axel Möller
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