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Swift-Ausschluss: So könnte Russland die Sanktionen umgehen | Drei Wege


Swift-Ausschluss
Experten: So könnte Russland die Sanktionen umgehen


Aktualisiert am 28.02.2022Lesedauer: 4 Min.
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Logo der "Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication": Kryptowährungen könnten Putin helfen, Sanktionen zu vermeiden.Vergrößern des Bildes
Logo der "Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication": Kryptowährungen könnten Putin helfen, Sanktionen zu vermeiden. (Quelle: Andre M.Chang/imago-images-bilder)

Die EU, die USA, Großbritannien und Japan haben mehrere russische Banken vom Swift-Netzwerk getrennt und die Zentralbank sanktioniert. Doch reicht das? Russland könnte die Sanktionen umgehen.

Ein Ausschluss Russlands vom internationalen Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift muss nach Einschätzung von Experten mittel- und langfristig nicht zu einer kompletten finanziellen Isolation führen. Denn Russland hat mit Sanktionen aus dem Westen gerechnet und sich entsprechend vorbereitet. Es gibt gleich mehrere Möglichkeiten, auf die Russland ausweichen könnte, um die Schlagkraft der Sanktionen zu senken.

Russlands eigenes Swift-System: Das SPFS

Seitdem hat Russland vorgesorgt und ein eigenes Zahlungsnetzwerk mit seinen Anrainerstaaten aufgebaut: SPFS, ein System, das zwar nicht ganz so ausgeklügelt wie Swift funktioniert, aber nach einem sehr ähnlichen Prinzip.

Ein Ausschluss aus dem Swift-System würde für die russische Wirtschaft also eine gewisse Disruption bedeuten, aber keinen Stillstand. An das System sind bereits 400 russische Banken angeschlossen. Und auch umliegende Länder wie Belarus, Venezuela, Iran und die Türkei hatten in der Vergangenheit Interesse bekundet, das System zu nutzen.

"Der Ausschluss Russlands von Swift ist natürlich eine unangenehme Sache, aber sie ist nicht dramatisch oder tödlich", sagte der Vorsitzende des Finanzmarkt-Ausschusses im russischen Parlament, Anatoli Aksakow. Internationale Geldüberweisungen habe es auch vor Swift gegeben.

Zudem gibt es auch noch die chinesische Swift-Alternative: CIPS. Im vergangenen Jahr hat China die Summen, die durch das Netzwerk täglich transferiert werden, auf 50 Millionen Dollar verdoppelt. Das sind zwar deutlich weniger als die 400 Milliarden Dollar, die täglich über Swift die Seite wechseln, zeigt aber deutlich das Potenzial.

Und China wirbt bereits seit Jahren dafür, unabhängiger vom Swift-System zu werden. Ein Ausschluss Russlands aus dem Netzwerk könnte diesen Bewegungen neuen Antrieb verleihen.

China als Partner

Vor dem Einmarsch in die Ukraine hat Putin Partner gesucht. Besonders mit China hat Russland in den vergangenen Monaten die Beziehungen verstärkt, etwa durch einen langfristigen Vertrag zur Gasversorgung oder auch vertiefte Handelsbeziehungen, etwa beim Weizenexport.

Vor den Olympischen Spielen zeigten beide Staatsmänner öffentlichkeitswirksam ihren Schulterschluss. Für China ist Putins Vorhaben ebenfalls interessant: Das Land sieht Taiwan als Bestandteil Chinas, die internationale Gemeinschaft widerspricht der Haltung Chinas und betont Taiwans Unabhängigkeit. China dürfte Putins Vorgehen daher genau beobachten.

Es könnte Putin etwa durch indirekte Zahlungsabwicklungen über China helfen oder bei der Versorgung mit Hightechprodukten. Während der Konflikt sich verschärfte, hat sich China allerdings öffentlich zurückgezogen. Im UN-Sicherheitsrat enthielt sich das Land bei der Abstimmung zur Resolution, die Russland aufforderte, die Ukraine zu verlassen.

Umso mehr der Westen Russland auf dem internationalen Parkett isoliert, desto mehr Abstand dürfte auch China suchen. Die Geschäfte mit der westlichen Welt dürfte das Land nicht riskieren wollen.

Kryptowährungen

Auch mit Kryptowährungen könnte Putin die Sanktionen umgehen. Russland könne auf klassische Kryptowährungen ausweichen oder versuchen, das Land an die neue chinesische Digitalwährung e-Yuan (eCNY) anzudocken, sagt Philipp Sandner, Wirtschaftswissenschaftler an der Frankfurt School of Finance & Management und einer der führenden Experten im Bereich der Digitalwährungen.

"Kurzfristig sind die Ausweichmöglichkeiten in Richtung Krypto-Assets wie Bitcoin und Ethereum sowie e-Yuan noch eher theoretischer Natur", sagte Sandner. "Unternehmen sind weder in Russland noch anderswo auf der Welt in der Lage, Bitcoins zu halten, zu versenden oder zu empfangen." Mittelfristig könnte dies aber ganz anders aussehen. "In einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten kann man schon viel bewegen. Man wird das aber nicht in wenigen Tagen umsetzen können."

Ross S. Delston, ein Experte für die Einhaltung von Anti-Geldwäsche-Vorschriften, glaubt, dass Russland sich bereits seit längerer Zeit auf die Finanzsanktionen vorbereitet hat. "Wenn die Russen beschließen – und ich bin mir sicher, dass sie das bereits tun –, keine andere Währung als Kryptowährungen zu verwenden, können sie praktisch alle Sanktionen umgehen", sagte er im US-Fernsehsender CNN.

Zu erwarten ist, dass in erster Linie russische Milliardäre und Oligarchen auf Krypto-Assets umsteigen werden, um etwaige Finanzblockaden zu umgehen, sagt auch Krypto-Experte Timo Emden. "Kurzfristig bieten Bitcoin und Co durchaus ein geeignetes Vehikel, um Vermögenswerte zu parken und damit vor Sanktionen zu schützen", so Emden.

Schwierigkeiten beim e-Yuan

Höhere Hürden sieht Sandner bei einem Ausweichen auf die chinesische Digitalwährung, die zu den Olympischen Winterspielen in China eingeführt wurde: "Beim digitalen e-Yuan ging es bislang nur um den Zahlungsverkehr im Inland. Eine Anbindung von Menschen und Firmen aus dem Ausland stand bislang dort nicht im Fokus."

Laut Emden könnte Russland sogar die Bemühungen intensivieren, eine eigene Digitalwährung zu erstellen. "Nicht ohne Grund hat Wladimir Putin in jüngster Zeit Toleranz gegenüber Bitcoin und Co signalisiert", so der Experte.

Die Vereinigten Staaten und Europa dürften in Zukunft ihre Regulierungsbestreben in Bezug auf Bitcoin und Co weiter verstärken. "Sollte es Russland gelingen, mithilfe von Krypto-Assets trotz eines möglichen Swift-Ausschlusses an der Realwirtschaft zu partizipieren, droht ein globaler Regulierungsschock", sagt Emden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Statement von Philipp Sandner
  • Austausch mit Timo Emden
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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