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Konjunktur 2023: Das würde die Wirtschaft in ihren Grundfesten erschüttern


Aussichten für 2023
Das würde die Wirtschaft in ihren Grundfesten erschüttern

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 28.12.2022Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Containerschiffe im Hamburger Hafen: Unternehmen beklagen Lieferengpässe und Materialmangel.Vergrößern des Bildes
Containerschiffe im Hamburger Hafen (Archiv): Viele Entscheidungen hängen davon ab, was man von der Zukunft erwartet. (Quelle: imago-images-bilder)

Auch das Jahr 2023 wird vermutlich wieder anders ausgehen als gedacht – trotzdem lohnt es sich, über die Wirtschaftsentwicklung nachzudenken.

Eines gleich vorweg: Auch für das gerade zu Ende gehende Jahr habe ich mit meiner Prognose für die Konjunktur gründlich daneben gelegen – wie die meisten Wirtschaftswissenschaftler, Politiker und Journalisten. Denn eigentlich hätte es nach zwei Corona-Jahren endlich ordentlich aufwärtsgehen müssen. Das tat es aber nicht. Russland überfiel im Februar die Ukraine, die Folgen für die Energieversorgung sind allenthalben spürbar, die Konsequenzen für Inflation, Lieferketten und den internationalen Warenaustausch fatal. Statt einer deutlichen Erholung blieb das Jahr mau – und sackte zum Ende hin noch einmal ordentlich durch.

Dennoch ist es richtig, sich auch für 2023 mit den Aussichten für Wirtschaft und Wachstum zu beschäftigen, natürlich immer unter dem Vorbehalt, dass niemand wissen kann, was am Ende wirklich passiert. Doch viele Entscheidungen hängen davon ab, was man von der Zukunft erwartet: Den Job jetzt wechseln oder lieber auf der sicheren Seite bleiben? Gehaltsverhandlungen führen oder die Füße still halten? Sparen oder den Urlaub klarmachen? Die Lebensversicherung auf einen Schlag auszahlen lassen oder die Rente wählen? Gold oder Aktien?

Deshalb ist es gut, sich zum Jahresende Gedanken über die weitere Entwicklung zu machen. Drei Szenarien sollten diskutiert werden: der schlimmste Fall, in dem alles schiefgeht. Die wahrscheinliche Entwicklung, dass es nicht so schlimm kommt, wie es könnte, aber eben auch nicht so gut läuft, wie man sich das erhofft. Und schließlich der beste Fall – dass alles ausnahmsweise mal ideal läuft. Das haben sich nach drei Krisenjahren alle verdient, man darf wenigstens davon träumen.

Erstes Szenario: Wirtschaft in den Grundfesten erschüttert

Der schlimmste Fall. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine eskaliert, er dehnt sich auf einen (nicht erklärten, tatsächlich aber geführten) offenen militärischen Konflikt mit der Nato aus. China nutzt die Gunst der Stunde und besetzt Taiwan. Ein solches Szenario würde die Welt und ihre Wirtschaft in ihren Grundfesten erschüttern. Nicht nur die Kriegsländer würden in eine noch tiefere Wirtschaftskrise rutschen, auch die anderen Länder würden unter den Währungs- und Lieferkettenturbulenzen leiden.

Die Aktienkurse würden rasant fallen, die Energiepreise durch die Decke gehen, auch die für alle anderen Güter, Dienstleistungen und Kredite würden dramatisch steigen. Die Inflation würde vor allem die Armen treffen, besonders betroffen wären die Schwellen- und Entwicklungsländer des globalen Südens. Doch auch in den entwickelten Ländern würde es zu Knappheiten bei strategisch entscheidenden Gütern wie beispielsweise Mikrochips kommen. Dazu müssten die Notenbanken ihre strenge Zinspolitik länger als erwartet durchhalten. Die gute Nachricht ist: Es ist nicht das wahrscheinlichste Szenario.

Zweites Szenario: Lieferketten normalisieren sich

Wahrscheinlicher ist, dass es erst einmal so weitergeht wie jetzt. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine bleibt territorial begrenzt, dauert aber weiter an. China hat so viel mit Corona zu tun (und ist nebenbei beeindruckt, wie tief die sanktionsbedingte Russlandkrise ist), dass es seine Invasionspläne vorerst streicht. Der Westen macht mit dem Energiesparen ernst, die Wirtschaftsleistung kann stabil bleiben oder sogar leicht steigen, ohne dass der Verbrauch von fossilen Energien zunimmt. Erdgas- und Erdölpreise schwanken, sinken aber im Trend.

Die Lieferketten würden sich in diesem Szenario normalisieren, der Welthandel ginge zwar zurück, doch die Unternehmen würden wieder mehr in den USA und Europa investieren. Nach und nach würden sich die Abhängigkeiten Europas von anderen Ländern reduzieren. Die Bedingungen für eine spätere Erholung der Wirtschaft würden geschaffen. Das wäre die Entwicklung, wie sie sich seit dem Herbst dieses Jahres abzeichnet.

Drittes Szenario: Rezession zur Jahresmitte überwunden

Es kann aber auch besser laufen: Im besten Szenario wird der Krieg Russlands gegen die Ukraine ruhiger, oder er wird vielleicht sogar beendet. Die Sanktionen gegen Russland bleiben zwar in Kraft, aber die Weltwirtschaft darum herum schöpft Zuversicht und wächst wieder. Die USA können im drohenden Handelskonflikt mit der Europäischen Union abrüsten. China bekommt die Pandemie nach dem Frühjahr in den Griff, es lässt Taiwan in Ruhe. Die Beziehungen zwischen den beiden neuen politischen Polen der Welt, den USA und China, werden nicht schlechter.

Die weltwirtschaftlichen Beziehungen normalisieren sich nach drei Jahren Pandemie und einem Jahr Krieg wenigstens ein bisschen, die Aktienkurse könnten wieder steigen, die Verbraucher würden zuversichtlicher. Schon zur Jahresmitte könnte die Rezession überwunden werden und, endlich, respektables Wachstum einsetzen. Die energiepolitischen Maßnahmen Deutschlands und der Europäischen Union würden die Inflation in den kommenden kritischen Monaten so weit drücken, dass die Angst vor Geldentwertung sich nach und nach wieder verflüchtigt.

Die Realität steckt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Die schlimmsten Pessimisten haben für 2022 jedenfalls nicht recht behalten. Die neue Normalität lässt sich zwar noch schwerer vorhersagen als die alte – doch bisher gab es nicht nur schlechte Überraschungen.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Ihr neues Buch heißt: Die Kanzlerin. Porträt einer Epoche.

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