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Zinsentscheid der Fed: Kommt die Zinswende jetzt auch in Deutschland?


Nach Entscheidung der Fed
Kommt die Zinswende jetzt auch in Deutschland?


17.03.2022Lesedauer: 5 Min.
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EZB-Präsidentin Christine Lagarde: Hebt sie nun auch die Zinsen an?Vergrößern des Bildes
EZB-Präsidentin Christine Lagarde: Hebt sie nun auch die Zinsen an? (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)

Die Zinswende ist eingeläutet, zumindest in den USA. Die Notenbank Fed hebt den Leitzins leicht an, das erste Mal seit 2018. Auch für Sparer in Deutschland könnte sich bald etwas ändern.

Jerome Powell, Chef der US-Zentralbank Fed, musste handeln: Angesichts von acht Prozent Inflation im Februar galt eine Zinswende als ausgemachte Sache. Und so kam es auch.

Die Fed, das US-Pendant zur Europäischen Zentralbank (EZB), hebt den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte an – das erste Mal überhaupt seit mehr als drei Jahren. Und das trotz des Ukraine-Krieges, der die Märkte verunsichert, die Corona-Erholung ausbremsen könnte.

Doch: Was bedeutet das nun genau? Kommt die Zinswende jetzt auch in Deutschland? Und was müssen deutsche Sparer beachten? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zum US-Zinsentscheid.

Warum hebt die Fed die Zinsen an?

Weil die Inflation zuletzt drastisch gestiegen ist. Höhere Preise für Treibstoff, Lebensmittel und Wohnraum hatten die US-Teuerungsrate im Februar mit 7,9 Prozent auf den höchsten Stand seit vier Jahrzehnten steigen lassen. Die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine treiben die Inflation weiter an.

Eine Erhöhung des Leitzinses bremst gemeinhin die Nachfrage. Das wiederum senkt die Inflationsrate, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum, weil es etwa für Firmen teurer wird, sich Kredite zu leihen.

Für die Notenbank ist eine Zinsanpassung deshalb immer ein Balanceakt: Sie will die Zinsen so stark anheben, dass die Inflation ausgebremst wird – ohne dabei gleichzeitig die Konjunktur abzuwürgen.

Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und den weitreichenden Sanktionen gegen Russland. Denn eine zu rasche Leitzinsanhebung könnte sich auch auf die internationalen Handelsströme und damit die wirtschaftliche Erholung der USA von den Pandemiefolgen auswirken.

Experten erwarten weitere Zinserhöhungen der Fed bis zum Jahresende

Der Krieg werde "wahrscheinlich zusätzlichen Aufwärtsdruck auf die Inflation erzeugen" und die Wirtschaft belasten, erklärte die Fed. Deshalb seien "anhaltende Erhöhungen" des Leitzinses "angemessen", heißt es seitens der Notenbank weiter.

An den Märkten für möglich gehalten wird nun, dass es in diesem Jahr insgesamt bis zu sieben Zinserhöhungen der Fed geben könnte, die den Leitzins auf 1,75 Prozent hieven würden – vorausgesetzt, dass die Federal Reserve bei jeder ihrer regulären Sitzungen den Leitzins um jeweils einen Viertelpunkt erhöhen würde.

Wie reagieren die Finanzmärkte auf die Zinswende?

Kaum. Die US-Börsen haben am Mittwoch bis zum Handelsende ihre Gewinne ausgebaut. Die Zinserhöhung der US-Notenbank Fed sorgte indes nur für einen zwischenzeitlichen Stimmungsdämpfer.

Der Leitindex Dow Jones Industrial notierte zum Handelsschuss am Mittwoch mit einem Plus von 1,55 Prozent auf 34.063,10 Punkte praktisch auf seinem Tageshoch.

Gleiches galt für den marktbreiten S&P 500 mit einem Kursgewinn von 2,24 Prozent auf 4.357,86 Punkte und für den technologielastigen Auswahlindex Nasdaq 100 <US6311011026, der sich 3,70 Prozent fester bei 13.956,79 Zählern verabschiedete.

Kommt die Zinswende jetzt auch in Deutschland?

Nein – zumindest nicht sofort. Denn für die Geldpolitik in der Eurozone und damit auch für Deutschland ist die Europäische Zentralbank (EZB) zuständig, deren Präsidentin Christine Lagarde deutlich zögerlicher reagiert als ihr Kollege Jerome Powell.

Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Inflation in der Eurozone mit 5,8 Prozent im Februar noch etwas unter dem US-Niveau lag. Zudem könnten auch die Folgen des Ukraine-Krieges die Eurostaaten empfindlicher treffen als die USA, da man in Europa noch eher an Putins Gas und Öl hängt. Die EZB muss also tendenziell vorsichtiger agieren als die Fed.

Dennoch bereitete auch Lagarde vergangene Woche den Boden für eine Zinswende. Sie will ihre milliardenschweren Anleihekäufe schneller zurückfahren und im Sommer ganz auslaufen lassen, wenn es der Inflationsausblick erlauben sollte, teilte sie mit.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine Zinserhöhung auf dem Fuß folgen muss. Die EZB verschaffte sich in dieser Frage mehr Spielraum und erklärte, die Wende stehe erst "einige Zeit nach dem Ende" der Käufe an. Das könnte "eine Woche oder auch Monate" bedeuten, erläuterte Lagarde vergangenen Donnerstag den Beschluss.

Deshalb dürfte es noch dauern, bis es auch bei uns zu einer Zinsanhebung kommt. Vor dem Krieg gingen manche Experten noch von einer Leitzinsanhebung in diesem Jahr aus. Jetzt scheint vieles eher auf das kommende Jahr hinzudeuten.

EZB wird zunächst Einlagenzins anheben

Grundsätzlich gilt aber: Bevor die Notenbank den Leitzins anrührt, der seit 2016 bei null Prozent liegt, hat die Notenbank ohnehin andere Mittel. Neben den schneller gedrosselten Anleihekäufen ist es wahrscheinlich, dass Lagarde den sogenannten Einlagenzins anpasst, bevor sie den Leitzins antastet.

Gegen Zahlung des Einlagenzinses können Geschäftsbanken über Nacht überschüssiges Geld bei den Notenbanken parken, also kurzfristig anlegen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Der Einlagenzins liegt aktuell bei minus 0,5 Prozent. Das spüren bisweilen auch Sparer, in Form von Negativzinsen bei einigen Banken.

Was bedeutet der Fed-Entscheid für deutsche Sparer?

Zunächst wenig. Denn für Sparer in Deutschland ist es vor allem wichtig, dass die EZB ihre Geldpolitik ändert. Sollte das der Fall sein, können sich Sparer auf steigende Zinsen auf dem Tagesgeld-, Festgeld- und Girokonto einstellen. Lesen Sie hier, welche Alternativen Sie zu Sparzinsen haben.

Wie deutlich sie allerdings tatsächlich anziehen werden, ist noch offen. Ohnehin werden sie sich noch gedulden müssen (siehe oben).

Für Sparer, die ihr Vermögen in US-Staatsanleihen investiert haben, bedeutet die Geldpolitik der Fed derweil wenig Gutes. Denn der Anleihekurs dürfte fallen.

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Der Grund: Bei steigenden Zinsen am Markt gehen auch die Zinsen neu ausgegebener Anleihen nach oben. Anleger möchten ihr Geld dann lieber in neue Anleihen mit dem höheren Zins investieren – und nicht in ältere, die zu einem früheren Zeitpunkt und mit einem geringeren Zins ausgegeben wurden. Mehr dazu lesen Sie hier.

Umgekehrt heißt das: Nun kann der Zeitpunkt gekommen sein, in US-Staatsanleihen zu investieren, weil die Papiere höhere Zinsen abwerfen dürften.

Was heißt das für Anleger an der Börse?

Steigende Zinsen sind für die Börse in der Regel ein schlechtes Omen. Grund dafür ist, dass andere Anlageformen wie etwa Staatsanleihen oder auch Tagesgeldkonten für Großinvestoren und Kleinanleger durch höhere Zinsen wieder attraktiver werden.

Die Folge: Aktien sind nicht länger alternativlos, es fließt tendenziell weniger Geld an die Börse, das die Kurse in die Höhe treibt. Aktuell dürften Anleger neben der Zinswende aber vor allem die Entwicklungen in der Ukraine beschäftigen. Angesichts des russischen Einmarschs fielen die Kurse rasant, die Ölpreise stiegen indes an.

Anleger sollten der Börse nicht abschwören

Für Anleger bedeutet all das jedoch nicht zwangsläufig, dass sie Aktien abschwören sollten, im Gegenteil. Gerade für Menschen, die derzeit noch nicht investiert sind, bieten die kommenden Monate potenziell sogar gute Einstiegschancen, auch wenn das vor dem Hintergrund des brutalen Krieges zynisch klingen mag.

Lesen Sie hier, wie der Aktienkauf auch Anfängern gelingt.

Denn bei fallenden Aktienkursen bekommen Sie, salopp gesagt, mehr Börse für Ihr Geld. Und selbst wenn die Kurse angesichts der Zinswende nicht mehr ganz so rasant steigen wie im vergangenen Jahr – die prozentualen Gewinne werden aller Voraussicht nach immer noch höher sein als die Zinsen, die Sie auf dem Sparbuch bekommen.

Diese Aktien könnten sich besonders lohnen

Besonders günstig dürften angesichts der Zinswende in den kommenden Monaten die sogenannten Tech-Titel werden, Aktien von Firmen wie Google , Amazon , Facebook , Apple , aber auch Papiere kleinerer Unternehmen und Start-ups, die erst seit Kurzem an der Börse gelistet sind.

Bei der Berechnung des Unternehmenswertes führen höhere Zinsen nämlich dazu, dass Gewinne in der Zukunft aus heutiger Perspektive weniger wert sind. Da der erwartete künftige Gewinn bei Technologie-Aktien besonders groß ist, macht sich dieser Effekt bei ihnen besonders bemerkbar.

Umgekehrt ist zu erwarten, dass deshalb viele Großinvestoren ihr Geld von sogenannten Growth-Aktien aus dem Tech-Sektor abziehen und verstärkt in Value-Titel investieren. Gemeint sind damit traditionell Firmen, die einen echten "inneren" Wert haben, etwa weil sie handfeste Waren herstellen und über große Fabriken verfügen.

Mit Blick auf den deutschen Leitindex Dax könnten deshalb Aktien von VW , Mercedes , aber auch BASF oder Henkel von steigenden Zinsen weniger stark getroffen werden als beispielsweise der Lieferdienst Delivery Hero , der wegen seines starken App-Fokus dem IT-Sektor zugeschlagen wird.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters und AFP
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