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Aktienrente: Verzockt die Regierung jetzt die Rente?


Aktienrente
Verzockt die Regierung jetzt die Rente?


Aktualisiert am 05.03.2024Lesedauer: 5 Min.
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Bundesfinanzminister Christian Lindner: Von der FDP stammt die Idee zur Aktienrente – allerdings in anderer Form.Vergrößern des Bildes
Bundesfinanzminister Christian Lindner: Von der FDP stammt die Idee zur Aktienrente – allerdings in anderer Form. (Quelle: Markus Schreiber/dpa)

Norwegen und Schweden machen es vor, nun soll auch Deutschland eine Aktienrente bekommen. Doch Kritiker halten das für Zockerei. Stimmt das?

Geld am Kapitalmarkt anlegen und die Renditen nutzen, um die gesetzliche Rente zu stabilisieren – das ist kurz gesagt die Idee des Generationenkapitals, früher Aktienrente genannt. Sie ist Teil des Rentenpakets II, das Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) an diesem Dienstag vorgestellt haben.

Doch das Vorhaben stößt auf teils heftige Kritik. Die Aktienrente sei eine "Casino-Rente", sagt etwa die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht. Vor lauter Planlosigkeit in der Rentenpolitik zocke die Ampel mit der Alterssicherung der Bürger. Was ist dran an den Vorwürfen? Wie riskant ist das Generationenkapital wirklich? Und wie funktioniert es überhaupt?

Was ist das Generationenkapital?

Das Generationenkapital soll dazu dienen, das Rentenniveau und die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung langfristig stabil zu halten. Es soll der Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung des Rentensystems sein, wie es SPD, Grüne und FDP bereits in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt hatten.

Bisher wird die gesetzliche Rente rein nach dem sogenannten Umlageprinzip finanziert. Das heißt: Aus den Einzahlungen der jüngeren Arbeitnehmer in die Rentenversicherung werden die Renten der Älteren bezahlt. Der demografische Wandel setzt dieses System jedoch stark unter Druck.

Langfristig kommen so auf einen Beitragszahler rechnerisch immer mehr Rentenempfänger. Die Aktienrente ist ein Instrument, das rein umlagefinanzierte System zu verlassen. Die Bundesregierung spricht von einem "Paradigmenwechsel".

Video | Das Rentensystem in Deutschland
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Quelle: t-online

Wie funktioniert das Generationenkapital?

Während andere Länder wie Schweden und Norwegen einen Teil der Rentenversicherungsbeiträge in Aktienfonds investieren, soll die Aktienrücklage beim deutschen Modell zunächst mit Haushaltsmitteln aufgebaut werden.

Zunächst nimmt der Bund dafür ein Darlehen in Höhe von zwölf Milliarden Euro auf. Ihm dürfte dabei zugutekommen, dass er für sein Darlehen weniger Zinsen zahlen muss, als die Kapitalmärkte langfristig an Rendite bringen. Die Summe von zwölf Milliarden Euro soll in den Folgejahren um drei Prozent jährlich erhöht werden. Bis Mitte der 2030er-Jahre soll das Generationenkapital ein Volumen von 200 Milliarden Euro erreichen.

Konkret fließen die zwölf Milliarden Euro in einen Fonds, der weltweit gestreut in Aktien investiert. Die Erträge dieses Kapitalstocks sollen dann ab Mitte der 2030er-Jahre dazu beitragen, die gesetzliche Rentenversicherung zu stützen. Die Regierung will dazu eine "Stiftung Generationenkapital" einrichten, die von einem Vorstand und einem Kuratorium geführt wird. Zunächst soll der Atomendlager-Fonds Kenfo die Milliarden verwalten.

Verzockt die Regierung jetzt die Rente?

Nein. Zwar ist es richtig, dass Aktieninvestments immer mit dem Risiko von Kursschwankungen und Kursverlusten verbunden sind, dieses Risiko lässt sich aber abfedern, indem man das Geld langfristig und breit gestreut anlegt. Wer als Privatanleger in ETFs investiert, kennt das Prinzip. Und genau das soll auch bei der Aktienrente passieren. Schon im Koalitionsvertrag hieß es, die Mittel sollten global – und damit eben breit gestreut – angelegt werden. Profis nennen das "Diversifikation" (mehr dazu lesen Sie hier).

"Eine ordentliche Kapitaldeckung ist die einzige Alternative, damit das System nicht gänzlich aus den Fugen gerät", sagte der "Wirtschaftsweise" Martin Werding t-online bereits zum Start der Ampelkoalition. Am Dienstag erneuerte er diese Einschätzung im ZDF-"Morgenmagazin": Das Generationenkapital sei "im Grunde der Weg, mit einer geänderten Altersstruktur langfristig vorzusorgen". Allerdings reichten die Pläne noch nicht aus. Der Ökonom verwies auf die ursprünglichen FDP-Pläne, bei denen auch Beitragsgelder für den Kapitalstock vorgesehen waren (siehe unten).

Auch gab der Experte zu bedenken, dass die Bundesregierung nur mit bis zu zehn Milliarden Euro pro Jahr rechne, die aus den Erträgen am Aktienmarkt aus dem Kapitalstock in die Rentenkasse fließen sollen. Das sei bei einem System mit Ausgaben von 400 Milliarden Euro ein sehr kleiner Beitrag und decke die Renten nur für ungefähr eine Woche ab.

Je mehr Geld allerdings mit der Zeit in den Fonds fließt, desto schwerer wiegen naturgemäß auch mögliche Kursverluste. Die sind so lange kein Problem, wie der Staat sie nicht realisieren, sprich Aktien verkaufen muss, um das Rentensystem mitzufinanzieren. Doch genau dafür ist der Fonds ja gedacht.

In schlechteren Phasen am Kapitalmarkt könnte es also passieren, dass der Bund vorübergehend fehlendes Geld aus Steuermitteln nachschießen muss. Das wäre aber nichts Neues: Schon jetzt funktioniert das Rentensystem nur, weil der Bund jährlich mehr als 110 Milliarden Euro zuschießt. Ohne eine Kapitaldeckung könnte dieser Anteil weiter wachsen.

Wer profitiert vom Generationenkapital?

So wie das Generationenkapital jetzt ausgestaltet ist, wird es keine höheren Renten bringen, sondern lediglich dabei helfen, dass die Rentenbeiträge der Arbeitnehmer nicht völlig aus dem Ruder laufen. Ursprünglich hatte die FDP, von der die Idee zur Aktienrente stammt, damit geworben, dass ihr Modell auch höhere Altersrenten bringen werde. Im Koalitionsvertrag landete dann aber nur ein Kompromiss.

Nach Vorstellung der FDP hätte sich die deutsche Aktienrente stärker am schwedischen Rentenmodell orientiert: Alle Beitragszahler hätten dann zwei Prozentpunkte von den 18,6 Prozent des jetzigen Rentenbeitrags in den Aktienfonds zahlen sollen.

Wäre es so gekommen, hätte das dem Durchschnittsverdiener, der ab 2030 in den Ruhestand geht, nach 40 Jahren Versicherungszeit ein Rentenplus von 48 Euro im Monat gebracht. So zumindest lautet das Ergebnis einer Modellrechnung des "Wirtschaftsweisen" Werding. Bei einem Renteneintritt im Jahr 2060 wären es bereits 457 Euro mehr gewesen – ein Plus von fast 30 Prozent im Vergleich zur reinen Umlage-Altersrente.

Welche Alternativen gibt es zur Aktienrente?

Wer nicht nur stabile Rentenbeiträge haben möchte, sondern tatsächlich auch ein Plus an Rente, sollte selbst aktiv werden – mit einer selbst gemachten Aktienrente. Das funktioniert bequem und einfach über einen ETF-Sparplan auf einen weltweiten Aktienindex wie zum Beispiel den MSCI World. Damit investieren Sie auf einen Schlag in gut 1.500 Unternehmen aus 23 Industrieländern. Schon mit recht überschaubaren Summen lässt sich so ein kleines Vermögen aufbauen. Lesen Sie hier, wie Sie einen ETF-Sparplan aufsetzen.

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Weitere Optionen für die Altersvorsorge sind klassische oder fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen. Ob sich das lohnt, ist aber stark vom Produkt abhängig. Mehr dazu lesen Sie hier.

Für Geringverdiener und Familien kann auch eine Riester-Rente sinnvoll sein. Denn sie profitieren besonders von den staatlichen Zulagen. Ob sich Riestern für Sie lohnt, lesen Sie hier. Allerdings arbeitet die Regierung auch bei dieser staatlichen Altersvorsorge an einer Reform (mehr dazu hier).

Zudem kann Ihr Chef Sie dabei unterstützen, fürs Alter vorzusorgen. Das funktioniert zum Beispiel mit einer Entgeltumwandlung, also einer staatlich geförderten Form der betrieblichen Altersvorsorge. Lesen Sie hier, wie das genau funktioniert.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • tagesspiegel.de: "Wie Lindner die Aktienrente aufstellen will" (Stand: 5.12.2022)
  • finanztip.de: "So soll die Rentenversicherung entlastet werden" (Stand: 15.11.2022)
  • Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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