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Frühstart-Rente: Kann private Altersvorsorge die Rentenkrise lösen?


Frühstart-Rente
Wende in der Altersvorsorge oder teures Experiment?

Von t-online, llb

Aktualisiert am 21.06.2025 - 16:54 UhrLesedauer: 5 Min.
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Eine Person hebt Geld ab: Die Frühstart-Rente soll die Altersversorgung verbessern. (Quelle: Lobeca/Ralf Homburg/imago-images-bilder)
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Mit der Frühstart-Rente möchte die Bundesregierung eine kleine Revolution in der Altersvorsorge anstoßen. Kann das gelingen? Experten sind skeptisch.

Ein staatlicher Zuschuss soll jungen Menschen schon ab dem Schulalter eine private Altersvorsorge ermöglichen und so langfristig für finanzielle Sicherheit im Alter sorgen. Die Idee klingt vielversprechend – der Weg hin zu einer kapitalmarktorientierten Rentenform, die zukünftigen Generationen helfen soll, ihre Rentenlücke zu schließen.

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Doch stellt sich die Frage, ob dieses Konzept in der Praxis wirklich halten kann, was es verspricht. Kann die Frühstart-Rente in einem System, das dringend eine Lösung für die aktuelle Rentenkrise benötigt, wirklich eine Wende herbeiführen? Experten haben Zweifel und einige Ideen, was jetzt getan werden muss.

Was ist die Frühstart-Rente?

Die Frühstart-Rente ist ein Konzept, das darauf abzielt, Kindern durch staatliche Unterstützung bereits in jungen Jahren eine private Altersvorsorge aufzubauen. Ab dem 6. bis zum 18. Lebensjahr zahlt der Staat für jedes Kind monatlich 10 Euro in ein individuelles Altersvorsorgedepot ein. Dieser Betrag soll über die Jahre hinweg Kapital ansammeln und später als Grundstock für die Altersvorsorge dienen.

Die Idee hinter dieser Frühstart-Rente ist es, die Bürger schon frühzeitig an die Notwendigkeit der privaten Altersvorsorge heranzuführen und das Kapitalmarktsystem zu nutzen, um eine zusätzliche Rente aufzubauen. Der Vorteil dieses Modells liegt darin, dass durch den langen Zeitraum der Einzahlungen und den Zinseszinseffekt ein beachtliches Kapital angespart werden kann, welches dann im Rentenalter zur Verfügung steht.

Einschätzungen von Experten und Kritik

Doch trotz der positiven Zielsetzung stellt sich die Frage, wie nachhaltig dieses Konzept ist. Insbesondere in Bezug auf seine Wirksamkeit zur Lösung der aktuellen Rentenproblematik.

Die zentrale Kritik von Prof. Michael Heuser, wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) lautet: Es sei offenkundig, dass die Frühstart-Rente in den besonders herausfordernden nächsten 30 Jahren keinen Beitrag zur Finanzierung der Rente leisten könne. "Dafür kommt sie Jahrzehnte zu spät."

Heuser verweist darauf, dass die Frühstart-Rente als langfristiges Projekt zwar für nachfolgende Generationen von Vorteil sein mag, aber in der aktuellen Rentenlandschaft keinerlei direkte Lösung für die dringenden Herausforderungen bietet. Er fordert daher eine ehrliche Kommunikation der Politik: "Die Bundesregierung wäre gut beraten, den Bürgern dies so deutlich zu sagen."

Diese kritische Haltung vertritt auch Dr. Helge Lach, Vorsitzender des Deutschen Unternehmensverbandes Vermögensberatung (DUV). Er äußert die Befürchtung, dass die Frühstart-Rente am Kernproblem vorbeigehe und eher als "Alibimaßnahme" fungiere.

Lach hebt hervor, dass es zunächst wichtiger wäre, bestehende Modelle wie die Riester-Rente zu reformieren, bevor neue Programme wie die Frühstart-Rente ins Leben gerufen werden.

Breite Zustimmung zur Frühstart-Rente

Trotz kritischer Stimmen aus der Expertenwelt stößt die Frühstart-Rente in der Bevölkerung auf breite Zustimmung. Eine Umfrage von Insa-Consulere im Auftrag des DIVA und in Kooperation mit dem DUV zeigt, dass 57,6 Prozent der Befragten das Konzept positiv bewerten – und das über alle Alters- und Einkommensklassen hinweg.

Auch unter den Befragten ohne Kinder ist die Zustimmung mit 50,3 Prozent bemerkenswert hoch. Dies macht deutlich, dass die Idee einer staatlich geförderten Altersvorsorge in Form eines Kindervorsorgedepots grundsätzlich auf Zustimmung stößt.

Ein zentraler Punkt der Diskussion zur Frühstart-Rente ist auch die Frage, ob Eltern einen Beitrag zur Altersvorsorge ihrer Kinder leisten sollten. In der Umfrage zeigt sich eine breite Zustimmung zur Idee einer monatlichen Zuzahlung. 78,7 Prozent der Eltern und auch Befragte mit Kinderwunsch befürworten es, wenn die Eltern mindestens 10 Euro monatlich zu den staatlichen 10 Euro beisteuern. Sogar bei Geringverdienern liegt die Zustimmung bei 72,3 Prozent.

Doppelte Einzahlungen lohnen sich

DIVA-Direktor Häuser stimmt dem zu und weist darauf hin, dass die zusätzlichen Zuzahlungen der Eltern das angesparte Kapital erheblich wachsen lassen können – vor allem durch den Zinseszinseffekt. Die monatlichen Einzahlungen würden sich verdoppeln und könnten bis zum Renteneintritt 42.800 Euro betragen.

Heuser hält es sogar für angemessen, wenn die Politik Zuzahlungen für Eltern verpflichtend machen würde. Da auch Kinderlose über ihre Steuern zur Frühstart-Rente beitragen, würde dies zur Steuergerechtigkeit beitragen. Zudem erachtet der Experte es für sinnvoll, das Kindergeld zu nutzen, um die monatlichen Einzahlungen zu erhöhen. "Warum nicht, wenn möglich, sogar um mehr als 10 Euro im Monat aufstocken?", fragt Heuser.

Potenzial von Zuzahlungen durch Verwandte

Ein weiterer vielversprechender Ansatz zur Steigerung des Erfolgs der Frühstart-Rente liegt in den Zuzahlungen von Verwandten. Laut DIVA-Umfrage zeigte sich, dass 70,3 Prozent der befragten Großeltern, Tanten und Onkel bereit wären, monatlich mindestens 10 Euro in das Altersvorsorgedepot ihrer Verwandten beizutragen. Die Bereitschaft zu Einmalzahlungen, etwa anlässlich von Geburtstagsgeschenken, liegt mit 70,0 Prozent ebenfalls auf einem hohen Niveau.

Heuser sieht hierin eine wertvolle Möglichkeit, das Modell zu stärken. Denn gerade in der Kindheit und Jugend wird oft aus Verlegenheit oder aus Freude an der Unterstützung Geld geschenkt – warum also nicht langfristig in die Altersvorsorge investieren? Spätestens hier komme Beratung ins Spiel. Denn es müsse einen Impulsgeber geben, der die Eltern und die Verwandten auf diese Möglichkeiten gezielt anspricht, so Heuser weiter.

Flexible Anlagemöglichkeiten

Geht es um die Anlage des Geldes, spricht sich eine klare Mehrheit der Befragten für Flexibilität aus. Die Umfrage zeigt, dass mehr als die Hälfte der Befragten (56,9 Prozent), sich eine Vielzahl von Anlagemöglichkeiten wünscht. Sie möchten nicht auf eine einzige Form der Geldanlage, wie beispielsweise ein reines Aktiendepot, festgelegt werden, sondern auch die Option haben, in alternative Modelle wie Rentenversicherungen oder Bausparverträge zu investieren.

DUV-Vorsitzender Lach erklärt, dass gerade bei einem langen Anlagehorizont wie dem der Frühstart-Rente fast alles für eine Aktienanlage spreche. Allerdings plädiert er ebenso dafür, dass die Politik bei der Wahl der Anlagemöglichkeiten flexibel bleibe. Seiner Meinung nach lassen sich Geldanlagen für die Altersvorsorge auch in fondsgebundene Rentenversicherungen einbauen. Diese Flexibilität würde nicht nur den Bedürfnissen der Bürger gerecht werden, sondern auch die Akzeptanz und Beteiligung an der Frühstart-Rente erhöhen, glaubt Lach.

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Fazit

Die Frühstart-Rente hat das Potenzial, die Altersvorsorge zu revolutionieren. Doch ihre Zukunft hängt davon ab, wie gut sie die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt und schnell genug Wirkung zeigt. Die Politik muss sicherstellen, nicht ein weiteres teures und wenig renditestarkes Finanzprodukt wie Riester oder Rürup zu schaffen.

Stattdessen braucht es eine schnelle und flexible Lösung, die tatsächlich Rendite erwirtschaftet und nicht nur als Alibimaßnahme dient. Nur dann kann die Frühstart-Rente ihr volles Potenzial entfalten und einen echten Beitrag zur Lösung der Rentenproblematik leisten.

Verwendete Quellen
  • Sonderbefragung "Frühstart-Rente – gut, aber zu spät" vom Deutschen Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) in Frankfurt am Main
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